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Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen
Autoren: Willy Seidel
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mir's! Gibt so wenig Männer, die ihre Frauen kavaliermäßig behandeln . . . Tjüs, Frau Zinkeisen . . .«
    »Adieu, Herr Brecht«, sagte Mathilde schwankend. »Und soll ich morgen zur gewohnten Zeit ins Büro kommen?«
    »Selbstverständlich. – Es gibt immer mehr Nullen zu schreiben! Immer mehr!« hörte man die schallende Stimme vom Gang, und Zinkeisen folgte dem Buchhalter schleppenden Schrittes und mit den Schlüsseln rasselnd.

Es wird dramatisch
    Sie saß noch ganz erschöpft und hastig atmend eine Weile im Stuhl. Nun war dieser Koffer wieder da: er lag etwa an derselben Stelle wie vor Monaten, und die Hotelmarken leuchteten giftig daran. Wie sie diesen Koffer haßte! Einige Kreidestriche und Zettelchen von Zollbehörden waren jetzt noch hinzugekommen, abgewetzt und kohlebeschmiert sah er aus, aber er war zurückgekommen wie etwas, das sich aufdrängte; das ihnen beiden eine dauernde Last zu schleppen gab . . .
    Sie stand auf und gab dem Koffer einen kräftigen Fußtritt. Dann lief sie durch den Gang vor die Etagentür und spähte über das Treppengeländer. Aus der Tiefe des schwarzen, muffig riechenden Schachtes drang verworrener Lärm von Stimmen. Die Stimmen zerschlugen ihr Echo zu einem hohlzerklirrenden Gedröhn. Auf einmal gab es einen einzelnen Ruf; kurze Stille; und dann den Krach der zuschlagenden Haustür.
    Ihr Herz pochte rasend. Bleiern tönten mächtige Gongschläge durchs Treppenhaus . . . Nein, es war ihr eigenes Blut, das gongte . . . Vom Kopf bis in die Fußzehen . . . Wie wenn ein Paradeschritt durch sausende Stille halle . . . Plötzlich ward's deutlicher und verdichtete sich zu einem wirklichen Geräusch; zu Schritten, die eilends die Treppe hinaufknarrten. Edmund kam zurück.
    Sie floh ins Zimmer und setzte sich wieder.
    Er kam herein. Sein Haar war zerzaust und seine eine Gesichtshälfte krebsrot. Eine Stelle am Jochbein blutete. Offenbar war seine Wange mit der rechten Pranke Herrn Brechts und dem daran befindlichen anderthalbkarätigen Brillantring in Berührung gekommen. Sie schrie auf. »Ihr habt euch geprügelt, Edmund? Mein Gott!«
    Er sah sie stumpf an, als höre er nichts. Dann war er in zwei Sprüngen beim Koffer und schloß ihn emsig auf. Seine wühlenden Hände schleuderten den ganzen Inhalt heraus. Sie sah ihm mit aufgerissenen Augen zu, bis sie ein Ding in seiner Hand bemerkte . . . Ein Ding aus bläulichem Stahl, handlich, nicht allzu groß . . . Sie warf sich auf ihn; er stieß sie zurück. »Laß mich«, keuchte er. »Ich muß den Kerl . . . Laß mich hinaus . . .« Sie umklammerte ihn wieder; so taumelten sie umschlungen der Tür zu. Es gelang ihr, den Fuß rechtzeitig an die Tür zu bringen; diese fiel zu. Sie faßte ihm mit der Hand ins Gesicht, in die Augen; um sie abzuwehren, konnte er die seine nicht freibekommen und die Klinke fassen . . . Sie wußte nicht, woher ihr die plötzliche Gewandtheit kam.
    Auf einmal befand sich die Waffe in ihrer Hand. Aufkreischend riß sie sich von ihm los und schlüpfte ins Schlafzimmer. Er, noch halb geblendet, taumelte ihr nach, doch konnte er nicht mehr hindern, daß sie den Revolver aus dem Fenster schleuderte. Das Ding landete drunten hinter Mauern im Nachbarhof, das wußte sie; es würde ihn einige Mühe kosten, es wiederzubekommen, und selbst wenn er darauf drang, war es eine Frage längerer Zeit; indessen war alles gerettet. – »Ha!« brüllte er. »Das sollst du büßen, du Aas! Ich kenne deine Gründe schon, warum ich ihm nicht an den Leib soll . . . Ich kenne sie . . .«
    »Gar nichts kennst du«, sagte sie mit zerbrochener Stimme aus dem Dunkel des Schlafzimmers hervor. »Dankbar kannst du mir sein. Das kannst du.«
    Sein Keuchen wurde ruhiger.
    »Auch noch dankbar?«
    »Jawohl. – Setze dich aufs Sofa. – Eher komme ich nicht. – Du bist wohl vollkommen verrückt? – Schmachtest wohl nach dem Zuchthaus, wie?«
    »So.– Ich sitze. – Komm nur raus; ich tue dir nichts.« –
    Vorsichtig erschien sie und ließ sich wieder auf der anderen Seite des Tisches nieder. Als sie ihn ansah, mit seiner Schramme unter dem Auge, übermannte sie auf einmal ein großer Jammer. Sie legte den Kopf auf die Arme und schluchzte. »Ach Edmund . . . Edmund . . . Was für ein Wiedersehen! – – Und ich . . . sollte . . . dir nicht in die . . . Speichen fallen . . .«
    Diese schluchzende Fassungslosigkeit machte ihn im Handumdrehen wieder zum Herrn der Situation. Ihr
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