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Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen
Autoren: Willy Seidel
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Zeug. – Ist etwas Schnaps da?«
    »Ja . . . Herr Brecht war so gütig, mir ein wenig Vorrat zu stiften. O Gott, wenn ich das von meinem Gehalt berappen sollte . . .« plauderte sie und holte eine würfelförmige kleine Flasche mit bunten Gläschen heran.
    »So, von Ihnen stammt das?«
    »Jawohl – ich war so gütig«, sagte Herr Brecht und paffte stark und zufrieden. »Ich hoffe, die Qualität konveniert Ihnen. – Ihr Wohl!« Er bediente sich selbst und hob schnalzend und liebenswürdig das Glas. – Zinkeisen tat ihm Bescheid; er tat ihm sogar noch öfter Bescheid. Dieses Gesicht von leichter Portweinfarbe schien ihn zu faszinieren. Es sah fast aus, als ob der Hausherr sogar zu einer kleinen Unterhaltung nicht übel aufgelegt sei.
    »Apropos, Herr Brecht,« meinte er und strich sich die Kinnstoppeln, »Sie ließen da vorhin, als ich Sie . . . als ich ein wenig unerwartet . . .«
    »Stets erwartet! Jederzeit mit Vergnügen erwartet!«
    ». . . Bitte unterbrechen Sie mich nicht: – ich sagte unerwartet – mich einstellte, – Sie ließen also etwas fallen von heruntergekommenem Aussehen . . .«
    » Ich? – – Ich dachte ja gar nicht daran. – Mir fiel auf, Sie seien etwas schlanker geworden. – Die Hitze sicher. – Auch ich würde abnehmen vermutlich bei Hitze. – Lediglich Ihr Gewicht, das war's, Zinkeisen, woran ich dachte. – Müssen Ihren Schneider umlernen lassen.«
    »So, so. – Nun, Sie haben jedenfalls Ihr Format behalten. Wenn nicht noch erweitert.«
    »Das ist möglich. – Ich habe ja auch meine Devisen.«
    Zinkeisen blickte ihn mit leicht blutgeränderten Augen an. »Immer noch munter beim Hamstern?«
    »Auch das. – Und eine von meinen Devisen heißt: ›Bleib im Lande und nähre dich redlich.‹ – Feine Devise, was? Hält prächtig ihren Kurs.« – Er lachte schallend und schlug sich auf die wie stets von gestreifter Hose zum Platzen eng umsponnenen Schenkel. Die Goldkette auf seinem Bauch klirrte leise.
    Seine Heiterkeit klang ein wenig einsam, denn sie wurde nicht geteilt.
    In Zinkeisen krümmte sich ein Mensch, der herabgeglitten am Fuß einer glatten Mauer lag mit einer Stirnbeule und leichter Verblödung. – Mit gewaltiger Anstrengung hob er sich innerlich empor, beschmutzt, wie er sich vorkam, und mit unaussprechlichen exotischen Makeln behaftet. So kam die Geste, die er vorhatte, zu schwach heraus, wie bei einem Bühnenberserker, der eine Keule aus Pappe schwingt; mit ächzender Anstrengung wirbelt er sie durch die Luft, doch beim Aufprall gibt es nur ein hohles Tönchen . . . Er starrt diesen selbstzufriedenen Mann an, der mit seinen Goldplomben und seinem widerstandsfähigen Körper da vor ihm saß, in feines schwarzes Tuch gekleidet, ein Bild prosperierenden Schiebertums, wie es runder kaum vorstellbar war; ein egoistischer Baisse-Kondottiere, dessen Wohlsein stets wie ein Korken nach oben schoß, der Oberfläche des europäischen Sumpfes zu . . . Und er wagte nichts. Wagte nicht, ihm seine Meinung zu sagen. Krümmte sich, steilte sich auf und – erlahmte.
    »Sehen Sie, Zinkeisen,« fuhr dies »Orakel im Cut« nun fort, »es wäre vielleicht nun doch gescheiter gewesen, Sie hätten Ihren Posten hier behalten. Nicht ob das mich viel anginge. Aber man sieht doch, wie ein Mensch sich verrennt, und spürt ein menschliches Rühren. – Ihre kleine Frau und ich haben uns gut miteinander eingearbeitet. – Was, kleine Frau?« Er zwinkerte nach Mathilde hinüber, die blaß dasaß und an ihrer Unterlippe nagte. – »Prächtig ausgekommen sind wir miteinander, das kann ich wohl sagen . . . Sie hat das bessere Teil erwählt. Sie ist auf ihrem Posten geblieben. – – – Aber es ist spät, meine Herrschaften . . .« Und er zog eine gewaltige goldene Remontoiruhr heraus und ließ sie zirpen . . . »Und ich will Ihre Wiedersehensfeier nicht stören!« – Lächelnd sich erhebend, bot er zwei biedere Drücke seiner großen warmen Pranken, dann ließ er sich – oh, er war nicht heikel und gab auch nicht vor, noch jung genug zu sein – von seiner Sekretärin in den leichten rehfarbenem Sommerüberzieher helfen.
    »Ich muß Herrn Brecht«, sagte Mathilde nach einer etwas ratlosen Pause, »unten aus der Haustür lassen, Edmund. – Einen Augenblick!«
    »Laß das, Mathilde«, sprach Zinkeisen dozierend und wie aus einer Erstarrung erwachend. »Bemüh' dich nicht. Schließlich ist das jetzt meine Sache.«
    »Galant!« rief Brecht lustig. »Galant! So lob' ich
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