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Die Maggan-Kopie

Die Maggan-Kopie

Titel: Die Maggan-Kopie
Autoren: Jacqueline Montemurri
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Breitengrad 66 – nördlicher Polarkreis. Vor zirka fünfzehn Jahren wu r den alle Menschen, die oberhalb dieses Breitengrades lebten evakuiert und unterhalb des Polarkreises angesiedelt. Es gab zahlreiche Aufstände dagegen. Besonders die Samen – im Volksmund Lappen oder Lappländer genannt – hatten ve r sucht mit allen Mitteln das Gebiet nicht räumen zu müssen. Denn sie waren von den Weiten dieses Landes abhängig, um ihre traditionelle Rentierzucht zu betre i ben.
    Es kam zu militärischen Auseinandersetzungen, denen sie letzten Endes unte r lagen. Schließlich waren sie ein friedliches Volk auf dessen Boden es nie zuvor m i litärische Organisationen gab. Sie hatten nie eine eigene Armee oder etwas Ähnliches. Sie beteiligten sich auch nicht an Kriegen, doch dieses Mal trieb die Verzweiflung sie zur Waffe. Es ging ums nackte Überleben. Die R e gierung sah das natürlich anders. Die Evakuierung war ja zu ihrem eigenen Wohl, denn die Krebsrate und im Besonderen die Hautkrebsrate, waren in diesen Gebieten ins Unermessliche gestiegen. Doch nun lebten die meisten von ihnen in den Randzonen der großen Städte, waren dem Alkohol verfallen und ihrer Existenzgrundlage beraubt. Obwohl sie am wenigsten zur Entstehung des Ozonlochs beigetr a gen hatten, mussten sie doch am meisten daru n ter leiden.
    In den nördlichen Gefilden Amerikas erging es den Inuit nicht anders. Dort gab es bis vor fünf Jahren noch bewaffneten Wide r stand.
    Bis Maggan achtzehn war, zogen sie viel in der Welt umher. Zum Glück wurde überall Englisch gesprochen und Maggan musste sich bei ihren dauernden Wohnsitzwechseln nicht mit verschiedenen Spr a chen herumplagen. Aus der Schule wusste sie, dass es noch zur Zeit ihrer Geburt Hunderte von kleinen Sta a ten auf der Welt gab. Jeder hatte seine eigene Sprache, manchmal auch mehrere. Erst als sich Europa zusammenschloss, kamen nach und nach die anderen fünf Allianzen zustande. Schließlich wurde Englisch zur Weltspr a che.
    Mit sieben war Maggan im Süden der afrikanischen Allianz. Ihre Familie hielt sich in der Gegend des ehemaligen Südafrikas auf. Dort erinnerte sie sich beso n ders an die Elefanten. Sie kamen immer ganz nah an den Zaun, der die Naturrefugiumszone begrenzte. Ihre dicken grauen, zerfurchten Rüssel strec k ten sich ihnen entgegen und bettelten um Erdnüsse. In diesen Refugien wurde es einigen Wildarten e r laubt, relativ frei zu leben.
    Sie hatten auch einmal, auf Drängen ihrer Mutter, an einer Fotosafari teilgenommen. In einem zebragestreiften Kleinbus wurden sie bei brütender Hi t ze durch die Savanne gefahren. Doch das einzige, was ihrer Mutter vor die Linse lief, war ein Warzenschwein und eine kleine Gruppe Löwen, die träge auf einem Felsen vor sich hin döste. Aber Moskitos gab es zur Gen ü ge. All die chemischen Mittel zum Sprühen und Eincremen halfen nichts. Sie wurden alle furchtbar ze r stochen.
    Ihre schönsten und zugleich traurigsten Erinnerungen hatte Maggan an die nordamerikanische Allianz. Sie wohnten drei Jahre dort. Als sie vierzehn war, verliebte sie sich in einen Jungen. Er hieß Kenny, Kenneth McGillis. Er sah sehr gut aus, war schlank und athletisch und eine Klasse über ihr. Es waren alle r dings nicht so sehr seine blassblauen Augen und die blonden Haare, die sie anzogen, sondern seine Art und Weise, wie er die Welt sah, faszinierte sie. Er hatte e t was Exotisches, Anachronistisches an sich.
    Kennys Onkel hatte eine Ranch in den Rocky Mountains und in dem Jahr, als Maggan fünfzehn wu r de, verbrachten sie den ganzen Sommer dort, waren fast nur mit Rucksack und Zelt in den Bergen unte r wegs. Es war die schönste Zeit in ihrem Leben. Maggan erinnerte sich noch sehr gut an die Nächte am Lagerfeuer, als er ihr Geschichten erzählte; Geschichten über Wölfe und B ä ren, die einst hier lebten und über Baumriesen, die es längst nicht mehr gab. Dabei strich er sich immer mit den Fingern durch das Haar. Maggan liebte das. In ihm war so etwas Ursprüngliches, etwas Wildes. Eigentlich passte er nicht in diese hochtechnologisierte Zeit. Die Berge und Wälder waren seine wirkliche Heimat.
    „Ich habe Angst vor dem Tag, an dem es diese Wälder nicht mehr gibt“, sagte er. „Aber ich werde es zu verhindern wissen. All diese schlaffen Ök o freaks in der Vergangenheit, die mit ihren Demonstrationen und Babyrobbenbesprühaktionen meinten, die Welt zu retten, haben eindeutig versagt. Diese Fehler we r de ich nicht begehen! Du musst kämpfen, um Erfolg
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