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Die Maggan-Kopie

Die Maggan-Kopie

Titel: Die Maggan-Kopie
Autoren: Jacqueline Montemurri
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Leben so oft entbehren müssen, dass sie jeden Moment mit ihm genoss. Auch er g e noss die Momente mit seiner Tochter mehr, als die mit seinen beiden Söhnen. Maggan war eine verwan d te Seele.
    Die Klettertour sollte der Höhepunkt ihrer kurzen Sommerferien werden. Doch dann kam dieser Überhang und der Karabiner ist plötzlich gebrochen. Maggan fiel. Wie tief, wusste sie nicht. Doch sie hatte das Gefühl, dass es eine Ewigkeit dauerte, bis sie irgendwo aufschlug. In diesem Augenblick ve r stand sie nicht, wieso Menschen immer daran dachten, dass es jetzt zu Ende ist, wenn sie dem Tod nahe waren. Sie konnte das in diesem Moment nicht denken. Selts a merweise beobachtete sie einfach nur die Felswand, wie sie an ihr vorbeisauste und ihr fielen Kanten und Risse auf, die wie Gesichter aussahen, die sie anzugrinsen schienen. Als sie dann endlich aufschlug, war es einfach vorbei. Schwarz. Keine Schme r zen. Kein Licht, das sie magisch anzog. Kein Engelsgesang. Nichts. Nur Schwärze und Stille.
    Dann erinnerte sie sich erst wieder an die neon-orangefarbenen Overalls der Rettungssanitäter im Helikopter. Ihr Vater hatte sie schon seit ihrer Kin d heit mit zu seinen Klettertouren genommen. Maggan fand es immer spannend, ihm zuzusehen. Als sie zwölf war, wollte sie es dann wissen und hatte auch damit angefa n gen, zum Leidwesen ihrer Mutter. Sie stand immer Todesängste aus, wenn Maggan und ihr Vater auf eine Tour gingen. Es war wie eine Sucht. Die Felsen konnten nicht steil und nicht hoch genug sein.
    Doch als Maggan auf dieser Trage durch die zahlreichen Pendeltüren der Notaufnahme geschoben wurde und Ärzte und Schwestern wie emsige Bi e nen um sie surrten, dachte sie, dass das alles absoluter Wahnsinn war. Wie konnte ein norm a ler Mensch nur so ein Risiko eingehen? Das Leben war doch viel zu kostbar. Es kam ihr vor wie ein Albtraum. Maggan dachte, sie würde jeden Moment erw a chen und auf irgendeinem Gipfel hocken und die verdammte schöne Aussicht geni e ßen.
    Manchmal hatte sie das Gefühl wegzuschweben, auf einen Abhang zu. Sie sah dann beim Hinunterfallen ein weites Tal, das von einem Fluss durc h schnitten wurde, der das Schmelzwasser des Gletschers über ihr durch einen gewaltigen milchigen Wasserfall nach unten beförderte. Die Hänge waren bis auf eine Höhe von vielleicht fünfzig Metern mit Birken bewachsen. Lila Glockenblumen blühten auf kargen Fel s vorsprüngen. Die Felsen waren oben vom Eis der letzten Eiszeit glatt geschliffen und mit Flechten b e wachsen, deren Farben von leuchtendem Gelb über Orange bis Braun variierten. Ein buntes Schac h brettmuster der Natur.
    Plötzlich wandelte sich das Bild und sie fiel in einen wabernden Nebel. Es waren Wolken, die über e i nem kalten blauen Meer dahinflogen und an einem steilen Felsabhang empor gesogen wurden. Sie fiel durch die Wolkendecke und erblickte das dunkelblaue Meer unter sich. Am Horizont glitzerte etwas Weißes: Eisberge. Dann kam die harte, schwarzblaue Oberfl ä che des Wassers auf sie zu. Totenstille. Doch kurz bevor sie aufschlug, hörte sie eine Stimme, die etwas schrie. Maggan öffnete die Augen und sah in das Gesicht irgende i nes Arztes, der „Sie ist wieder da!“ rief.
    Sie wurde durch endlose Flure geschoben. Die Wände waren weiß und an den Seiten in Höhe der Tr a ge hatten sie bunte Streifen. Sobald sie eine Tür in der Farbe eines Streifens durchfahren hatten, endete dieser. Manche Türen öffneten sich automatisch vor der rasenden, durcheinander schreienden Horde, die sich um sie gesammelt hatte. Maggan konnte kein System darin erke n nen, wer wem etwas zurief und wer dann etwas machte. Sie k a men schließlich in einen Raum mit tausend erschreckenden Geräten. Maggan hatte das Gefühl im Inneren eines Computers zu sein. Bei diesem Gedanken hätte sie am liebsten laut losgelacht, doch ihre Gedanken und ihr Körper schienen zwei g e trennte Welten zu sein.
    Irgendwann bekam sie mit, dass ihr Vater auftauchte und den Ärzten Befehle entgegen bellte. Sie schoben ihn aus dem Raum und sperrten ihn aus. Doch b e vor sich die Tür vor seiner Nase schloss, rief er noch:
    „K2! Sie ist eine K2-Patientin!“ Der zuständige Arzt hielt abrupt inne und hinderte die Pendeltür mit einem aggressiven Handkantenschlag am Schließen. Schweißperlen l a gen auf seiner Stirn.
    „Was?“, rief er erregt.
    „Sie ist eine K2-Patientin“, brüllte ihr Vater noch einmal.
    „Der Code?“, fragte der Arzt hastig.
    „K-Delta X2“, antwortete Rune
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