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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero
Autoren: Andy NcNab
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alten Mann sicherheitshalber erschießen oder einfach die Beine in die Hand nehmen sollte. Die Hunde nahmen ihm die Entscheidung ab, denn sie liefen schnurstracks vorbei, ohne hochzublicken. Der Rest der Prozession folgte anstandslos hinterdrein. Chris konnte es nicht fassen. Er war ihnen so nahe, daß er sie fast hätte berühren können. Er konnte es sich nur so erklären, daß die Hunde den Geruch der Ziegen in der Nase hatten – oder den von dem schmutzigen Kaftan des alten Knaben.
    Aber sie würden wohl vor Anbruch der Dämmerung denselben Wegzurückkommen, daher stand für Chris fest, daß er weitermußte. Er schlich ein Wadi entlang, wobei 529
    er sich jedesmal auf den Boden werfen mußte, wenn ein Fahrzeug vorbeikam – was häufig passierte. Die Gegend sah jetzt anders aus; nicht mehr üppige, künstlich bewässerte Felder, sondern Wadis und kleine Hügel, die mit Dornenbüschen bewachsen waren. Es war nicht leicht, voranzukommen. Nach zirka zehn Kilometern entdeckte er eine große Bodensenke, in der er den Rest des Tages verbrachte.
    Chris hatte seinen Schlammwasservorrat
    aufgebraucht, und sein Körper litt stark unter der Austrocknung. Er wußte allerdings, daß er sich vom Euphrat fernhalten mußte, da sich offenbar in jeder Hütte ein Hund befand. Er würde einfach weitergehen müssen, in der Hoffnung, bald irgendwo an anderer Stelle auf Wasser zu stoßen.
    Bei Sonnenuntergang stand er auf und ging mehrere Stunden nach Westen. Einmal heulte vor ihm eine Luftalarmsirene los, und durch das Nachtsichtgerät konnte er eine Geschützstellung mit mehreren
    Luftabwehrgeschützen ausmachen; außerdem entdeckte er Funkantennen und Wachposten. Er umging den
    Stützpunkt und kam zu einem kleinen Bach, der über weiße Steine floß. Sofort öffnete er seine Wasserflasche und füllte sie rasch auf. Dann ging er gleich weiter.
    Immer häufiger sah er Feindaktivitäten, und
    schließlich gelangte er zu einer Straßenkreuzung, die genau zwischen einer Straßensperre und einer
    Luftabwehrstellung lag. Es war kurz vor Sonnenaufgang, und daher kroch er in einen Abflußkanal unter der Straße. Der Kanal war als Müllkippe benutzt worden, 530
    und es stank unerträglich.
    Chris’ Füße waren inzwischen in einem fürchterlichen Zustand, doch er hatte nichts, um sie zu behandeln. Zum Trost streckte er sich auf dem Abfall aus und nahm einen großen Schluck aus einer der Flaschen.
    Als seine Lippen mit der Flüssigkeit in Berührung kamen, brannten sie wie der Teufel und bekamen Blasen.
    Fast hätte er vor Schmerzen aufgeschrien. Die
    Geschützstellung mußte in unmittelbarer Nähe einer Chemiefabrik oder von etwas Ähnlichem gelegen haben, und in den Bach waren die Abwässer geflossen. Chris war in einer ausweglosen Lage. Er hatte nichts, womit er sich den brennenden Mund ausspülen konnte, und seine Flaschen waren jetzt nicht mehr zu gebrauchen. Eine Weile dachte er, er würde sterben.
    Während er so dalag, machte Christ eine
    Bestandsaufnahme. Er hatte seit zwei Tagen kein Wasser mehr, und er mußte sich dringend den Mund verarzten lassen. Einige Wunden an seinen Händen hatten sich infiziert, und der Zustand seiner Füße war so schlimm, daß er sie kaum noch belasten konnte. Er wußte, ihm blieb nicht mehr viel Zeit.
    Sobald es Nacht wurde, brach er auf. Der Himmel war dunkel bewölkt, was bedeutete, daß er vielleicht unbemerkt an dem Fahrzeugkontrollpunkt vorbeikommen konnte. Tatsächlich fand er eine Stelle, die nicht einzusehen war, und wankte an der Straßenkontrolle vorbei, weil seine Füße ihm qualvolle Schmerzen bereiteten. Er stolperte, so gut er konnte, etwa eine Stunde lang weiter, als es plötzlich am Himmel aufblitzte.
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    Er dachte, er hätte eine automatische Leuchtkugel ausgelöst, und warf sich zu Boden. Dann hörte er Explosionen. Er blickte sich um und sah, daß in der Gegend, wo die Chemiefabrik lag, ein Luftangriff stattfand.
    Er wußte, daß er nicht mehr weit von der Grenze sein konnte, und hielt nach den Doppeltürmen auf erhöhtem Gelände Ausschau. In der Ferne sah er eine Stadt, hell erleuchtet, und gleich darauf entdeckte er
    Stacheldrahtrollen. Lag die Stadt nun in Syrien oder auf irakischer Seite, und war der Stacheldraht eine falsche Grenze?
    Eine Patrouille fuhr in Jeeps vorbei. Er sah darin einen Hinweis, daß dort die Grenze war, und er beschloß, es zu versuchen. Er fand eine Stelle, wo der Draht an Pfählen befestigt war, und begann zu klettern. Er riß sich die Arme und Beine
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