Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
war. Stoppeln standen ihm im Gesicht, mit dem Rasieren nahm es der Fürst wohl nicht allzu genau; die schwarzen Koteletten reichten bis an den Unterkiefer. Skelton musste an das Selbstbildnis von Dürer denken, nur dass dieser Mann wie dessen jüngerer, verwegenerer und attraktiverer Bruder aussah. Sein Hemd war aus der nachtfarbenen Stoffhose gerutscht, die Füße waren nackt. Es war offensichtlich, was sich kurz vor seinem Eintreffen in der Suite abgespielt hatte.
    »Möchten Sie einen Absinth, Mister Skelton?« Zadornov richtete sich auf, eine Hand hielt das Mundstück einer Wasserpfeife, der Schlauch führte hinter den Diwan. »Oder lieber etwas von meiner Pfeife, deren Inhalt nicht unbedingt harmlos zu nennen ist? Sind Sie Haschisch gewohnt?«
    »Nein, vielen Dank, Durchlaucht«, lehnte Skelton rasch ab und sah in die faszinierend blauen Augen des Fürsten. Bei einer Frau hätte man sie betörend genannt, mal erschienen sie heller, mal dunkler, und sie zogen die Blicke regelrecht an. Es fiel ihm schwer, sich von ihnen zu lösen und nicht zu unverschämt zu starren. »Ich brauche einen klaren Verstand, Durchlaucht.«
    Zadornov nickte grinsend, sog am Mundstück und hüllte den Kopf in Nebel. »Was immer Sie wünschen, Mister Skelton, rufen Sie einen Kellner und lassen Sie sich etwas bringen. Wasser und Tee stehen auf dem Tisch. Machen Sie es sich bequem.«
    Während Skelton sich setzte, die Tasche neben sich platzierte und etwas von dem Wasser in ein Glas goss, stellte Zadornov die Füße auf den Boden und legte das Mundstück zur Seite. Sein wildhübsches Antlitz tauchte aus dem Tabaknebel auf. Er goss sich ebenfalls etwas zu trinken ein; die klare Flüssigkeit aus seiner Flasche verbreitete den charakteristisch schwachen Geruch von Wodka.
    Skelton verfolgte, wie der Russe ein paar Rosinen aus einem Kristallschälchen nahm, sie in den Mund steckte, kaute und gleich darauf den Alkohol trank. Es schien zu stimmen, was man sich über ihn berichtete: Die Momente, in denen man ihn nicht unter Drogen erlebte, waren spärlich gesät.
    Zadornov richtete die Augen auf ihn. »So, Mister Skelton von Hamsbridge & Coopers Insurance aus London. Erzählen Sie mir, womit ich Ihnen und Ihrem Unternehmen helfen kann.«
    »Es verhält sich so, dass ich ohne Billigung meiner Vorgesetzten bei Ihnen vorspreche, Durchlaucht. Würden sie erfahren, dass ich mich bei Ihnen befinde, hätte dies wohl eine Rüge, wenn nicht sogar meine sofortige Entlassung zur Folge. Ich bitte Durchlaucht daher um Diskretion.« Skelton nahm sein Glas und nippte daran.
    »Die ist Ihnen sicher, Mister Skelton. Wenn Sie mir endlich Ihr Anliegen schildern? Ich erwarte in einer Stunde den nächsten B e such«, lächelte er süffisant.
    Auch das Gerücht stimmte offenbar: Zadornov hatte viele Frauenbekanntschaften. »Sie haben von dem Überfall auf das kunsthistorische Museum in London gehört, wie ich annehmen darf?«
    Zadornov überlegte. »Vage. Ich bin mir nicht sicher. Fassen Sie es kurz für mich zusammen, seien Sie so freundlich.«
    »Es gab einen Einbruch, die Diebe hatten es auf mehrere Kunstschätze aus der Abteilung Drachenjagdwerkzeuge und Kleinodien abgesehen. Sie wurden von den Wärtern gestellt, wie man anhand der Spuren annimmt, doch dann…«
    »Richtig!« Zadornovs Augen zogen sich zusammen. »Es fällt mir wieder ein. Man fand nur Leichen, es gab keinen einzigen Überlebenden. Der Wert der gestohlenen Gegenstände beläuft sich auf 21,1 Millionen Britische Pfund, las ich?«
    »Es stimmt leider nicht ganz, Durchlaucht. Die Summe hat sich auf 34,4 Millionen erhöht.« Skelton leerte sein Wasser und bediente sich am Samowar, goss sich zuerst tiefschwarze Brühe aus dem kleineren Kännchen obenauf in die Tasse und verdünnte den Sud mit kochendem Wasser aus dem bauchigen Kessel. »Und Hamsbridge & Coopers müssten diese ungeheure Summe bezahlen, wenn wir die Gegenstände nicht wiederbeschaffen können.« Er beugte sich zur Seite, öffnete die Tasche und nahm einen Katalog hervor, in dem die entwendeten Gegenstände abgebildet waren, überwiegend als Zeichnung, aber auch als Fotografien. »Das sind sie, Durchlaucht.« Er schob das Büchlein über den Tisch.
    »Aha.« Zadornov richtete sich ebenfalls einen Tee, rührte unglaublich viel Zucker hinein und gab Sahne hinzu.
    »Ich vermute, Ihr Unternehmen hat keine Ahnung, wo sich die Beute befindet.«
    »Wie gesagt, die eintreffenden Polizisten fanden nichts als die Leichen der Diebe und Museumswärter,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher