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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers
Autoren: Markus Heitz
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befördern, falls er sich als Lügner erweisen sollte.
    »Danke vielmals.« Skelton trat über die Schwelle und schritt ins Foyer des berühmten Hotels, dessen Gästezimmer bereits seit Jahren mit fließendem warmem und kaltem Wasser sowie Elektrizität ausgestattet waren. Das Foyer zeigte mit seiner Pracht, dass das Adlon ein Gesamtprodukt von Kunst, Technik, Handwerk und viel, viel Vermögen war.
    Pagen in den klassischen Uniformen eilten unauffällig umher, schleppten Gepäck, Tabletts mit Essen und Getränken oder hielten Nachrichten und Briefe für die Gäste in den Händen. Auf dem Weg zur Rezeption erhaschte Skelton einen Blick ins Restaurant, wo Kellner in schicken Fracks noch schickere Damen und Herren bedienten, deren Garderoben einen Querschnitt durch die aktuelle Mode zeigten. In der hinteren Ecke des Foyers befand sich eine kleine Sitzecke, in der Skelton berühmte Gesichter zu erkennen glaubte, die sich halb hinter Zeitungen verbargen und ihren Kaffee genossen. War das nicht Henry Ford, der amerikanische Millionär und Hersteller Tausender Fließbandautomobile? Und der Mann daneben erinnerte ihn an einen Schauspieler, den er auf einem Filmplakat gesehen hatte: Hans Albers.
    »Guten Tag, mein Herr«, wurde er gegrüßt.
    Skelton hatte trotz des vielen Umherschauens weder einen Pagen noch einen Gast angerempelt und, ohne es zu bemerken, den Empfang erreicht.
    »Einen wunderschönen guten Tag«, sagte er zu dem gestandenen Mann hinter dem Tresen, dessen Anzug teurer war als alles, was er am Leib trug und sonst noch an Habseligkeiten sein Eigen nennen durfte. Auf dem goldenen Namensschild des Concierge stand Harmstorf zu lesen. »Wäre es möglich, Knjaz Zadornov zu melden, dass ihn Mister Onslow Skelton von Hamsbridge & Coopers Insurance zu sprechen wünscht? Wir haben eine Verabredung.« Er zückte eine Karte und reichte sie dem Mann.
    »Sicher, Sir. Einen Moment, bitte.« Harmstorf deutete eine Verbeugung an und langte gleichzeitig nach dem Hörer des Telefons.
    Die Bewegung sah routiniert aus, und Harmstorf schaffte es sogar, während des gesamten Gesprächs beflissen zu lächeln. Der Brite verstand kein Wort der kurzen Unterhaltung, es klang nach Russisch.
    Um eine Anstellung im Adlon zu erhalten, war es wahrscheinlich notwendig, zumindest Englisch, Französisch und Russisch sprechen zu können, vielleicht noch Italienisch; vermutlich beherrschten die meisten Diplomaten weniger Fremdsprachen als der Concierge.
    »Der Fürst lässt bitten, Mister Skelton.« Harmstorf legte auf, reckte das Kinn und vollführte eine kleine Geste.
    Wie aus dem Nichts stand ein Page, keine vierzehn Jahre alt, neben dem Tresen. Der Aufpasser, der bislang nicht von Skeltons Seite gewichen war, stapfte indessen zurück zum Eingang. »Bring den Gentleman zu Fürst Zadornov.« Und zu Skelton gewandt: »Folgen Sie dem Pagen, Sir. Er wird Sie sicher führen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag, Sir.« Er verneigte sich leicht.
    »Ihnen auch.«
    Mit dem Fahrstuhl ging es nach oben. Sie teilten sich die Kabine mit einer Dame in einem weißen Kleid, das unzählige Federn und Spitzen besaß. Ihr Hut passte gerade so in Höhe und Breite hinein, und auf ihrem Arm hockte etwas, das ein Hund sein sollte, aber viel zu klein geraten war. Neben ihr stand ihr Diener, der eine braune Papiertüte hielt. Skelton schätzte sie auf fünfzig Jahre; das Geschmeide um ihren Hals, um die Handgelenke und an ihren Ohren funkelte angeberisch.
    »Ich muss es einfach wissen«, wandte sie sich plötzlich an ihn. »Gehen Sie auch zur Seance von Madame Sàtra, mein Lieber?«
    Skelton sah sie verwundert an. Der Name des berühmten, außergewöhnlichen französischen Mediums stand tatsächlich auf seiner Liste von möglichen Helfern bei seiner Suche, aber er hatte nicht gewusst, dass sie sich in Berlin aufhielt. »Nein, Madame. Ich bedauere.«
    »Sie sehen nicht nur aus wie ein Brite, Sie klingen auch wie ein Brite. Ach, wie schade, dass Sie nicht dabei sind. Ich bin so aufgeregt und hätte gern ein wenig geplaudert, um mich abzulenken.« Der Lift hielt an, Skelton verließ die Kabine, und die Dame folgte ihnen. »Wie schön, wir haben den gleichen Weg! Da ich Sie schon angesprochen habe: Was halten Sie von Seancen? Ich hoffe, dass ich Kontakt zu meinem verstorbenen Gatten aufnehmen kann, um ihn zu fragen, wo er die Nummer für den Safe aufbewahrt hat. Und natürlich, wie es ihm im Jenseits ergeht«, fügte sie rasch hinzu, um nicht zu gierig zu
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