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Die Macht der Drei

Titel: Die Macht der Drei
Autoren: Hans Dominik
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geleiten.
    »Edward F. Glossin, medicinae doctor« stand auf dem Kärtchen, das der Diener dem Polizeipräsidenten MacMorland auf den Schreibtisch legte. Der Träger des Namens mußte ein Mann von Bedeutung sein. Kaum hatte der Präsident einen Blick auf die Karte geworfen, als er sich erhob, aus der Tür eilte und den Angemeldeten in sein Privatkabinett geleitete.
    »Womit kann ich Ihnen dienen, Herr Doktor?«
    »Haben Sie Bericht aus Sing-Sing?«
    »Nur, was der Funk und die Zeitungen melden.«
    »Bieten Sie alles auf, um der Entflohenen habhaft zu werden. Wenn die Polizeiflieger nicht ausreichen, fordern Sie Armeeflieger an! Ihre Vollmacht langt doch für die Anforderung?«
    »Jawohl, Herr Doktor.«
    »Die Flüchtigen müssen vor Einbruch der Dunkelheit gefaßt sein. Das Staatsinteresse erfordert es. Sie haften dafür.«
    »Ich tue, was ich kann.« Der Polizeichef war durch den ungewöhnlich barschen Ton des Besuchers verletzt, und dies Gefühl klang aus seiner Antwort heraus.
    Dr. Glossin runzelte die Stirn. Antworten, die nach Widerspruch und Verklausulierungen klangen, waren nicht nach seinem Geschmack.
    »Hoffentlich entspricht Ihr Können unseren Erwartungen. Sonst… müßte man sich nach einem Mann umsehen, der noch mehr kann. Lassen Sie nach Sing-Sing telefonieren! Professor Curtis soll hierherkommen, Ihnen in meiner Gegenwart Bericht über die Vorgänge erstatten.«
    Der Polizeipräsident ergriff den Apparat und ließ die Verbindung herstellen.
    »Wann kann Curtis hier sein?«
    »In fünfzehn Minuten.«
    Dr. Glossin strich sich über die hohe Stirn und durch das volle, kaum von einem grauen Faden durchzogene dunkle Haupthaar, das glatt nach hinten gestrichen war.
    »Ich möchte bis dahin allein bleiben. Könnte ich…«
    »Sehr wohl, Herr Doktor. Wenn ich bitten darf…« Mac Morland öffnete die Tür zu einem kleinen Kabinett und ließ Dr. Glossin eintreten.
    »Danke, Herr Polizeipräsident… Daß ich es nicht vergesse! 200.000 Dollar Belohnung dem, der die Flüchtlinge zurückbringt. Lebendig oder tot!«
    »200.000…?« Mac Morland trat erstaunt einen Schritt zurück.
    »200.000, Herr Präsident! Genau, wie ich sagte. Anschläge mit der Belohnung in allen Städten und stündliche Durchsage über alle Fernseh- und Rundfunkstationen!«
    Der Polizeipräsident zog sich zurück. Kaum hatte sich die Tür geschlossen, als plötzlich alle Straffheit aus den Zügen Dr. Glossins wich und einem erregten, sorgenden Ausdruck Platz machte. Mit einem leichten Stöhnen ließ er sich in einen Sessel fallen und bedeckte mit der Rechten die Augen, während die Linke nervös über das narbige Leder der Lehne glitt. Wie unter einem inneren Zwange kamen abgerissene Worte halb geflüstert und stoßweise von seinen Lippen.
    »Stehen die Toten wieder auf? Bursfelds Sohn! Kein Zweifel daran… Wer rettete ihn…? Wer war dieser Williams? Der Vater selbst…? Nur der besäße die Macht, ihn zu retten. Doch er konnte es nicht sein… Aber wer wüßte sonst noch um die geheimnisvolle Macht? Ah, Jane…! Sie könnte es offenbaren. Der Versuch muß gemacht werden. Unmöglich, jetzt noch nach Trenton zu fahren. Ich muß bis zum Abend warten. Ein unerträglicher Gedanke. Acht Stunden in Ungewißheit…«
    Nervös fuhr Glossin empor und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    »Ruhe, Ruhe! Noch zehn Minuten für mich.«
    Einem kleinen Glasröhrchen entnahm er sorgfältig abgezählt zwei winzige weiße Pillen und verschluckte sie. Beinahe augenblicklich wich die nervöse Spannung aus seinen gequälten Zügen und machte einer friedlichen Ruhe Platz. Seine Gedanken wanderten rückwärts. Bilder aus einer ein Menschenalter zurückliegenden Vergangenheit zogen plastisch an seinem Geiste vorüber… Die großen Bauten damals in Iran. Ein kleines Landhaus am Ausläufer der Berge… Eine blonde Frau in weißem Kleide mit einem spielenden Knaben im Arm… Wie lange, wie unendlich lange war das her, daß er Gerhard Bursfeld, den ehemaligen deutschen Ingenieuroffizier, für die iranischen Unternehmungen gewonnen hatte.
    Gerhard Bursfeld war dem Rufe zu solcher Arbeit gern gefolgt. Mit ihm kamen sein junger Sohn und sein blondes Weib. Ein glückliches Leben begann. Bis Gerhard Bursfeld die große gefährliche Erfindung machte. Bis Edward Glossin, in Liebe zu der blonden Frau entbrannt, den Freund und seine Erfindung an die Regierung verriet… Gerhard Bursfeld verschwand hinter Kerkermauern. Sein Weib entfloh mit dem dreijährigen Knaben; ihre
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