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Die Macht der Drei

Titel: Die Macht der Drei
Autoren: Hans Dominik
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Spur war verloren. Und Edward Glossin war der betrogene Betrüger; denn die Russen hatten Bursfeld sein Geheimnis nicht zu entlocken vermocht, er war kurze Zeit nach seiner Gefangennahme gestorben. Wie das bei diesem System üblich war, nahm man aber Glossin die Sache übel, und er ging leer aus.
    Die Züge des Träumers nahmen wieder die frühere Spannung an. Der Klang einer elektrischen Glocke ertönte. Der Doktor erhob sich und ging, straff aufgerichtet, in das Kabinett des Polizeichefs.
    Kurz begrüßte er den Ankömmling Professor Curtis aus Sing-Sing und fragte: »Wie ist es möglich gewesen, daß die Apparatur versagte?«
    Stockend und nervös gab der Professor seinen Bericht.
    »Uns allen ganz unbegreiflich! Auf 5 Uhr 30 Minuten war die Elektrokution des Raubmörders Woodburne angesetzt. Sie ging glatt vonstatten. Um 5 Uhr 40 Minuten lag der Delinquent bereits auf dem Seziertisch. Die Maschine wurde stillgesetzt und um 5 Uhr 55 Minuten wieder angelassen. Punkt 6 Uhr brachte man den zweiten Delinquenten und schnallte ihn auf den Stuhl. Er trug den vorschriftsmäßigen Hinrichtungsanzug mit dem Schlitz im rechten Beinkleid. Die Elektrode wurde ihm um den Oberschenkel gelegt. Zwei Minuten nach sechs senkte sich die Kupferhaube auf seinen Kopf. Im Hinrichtungsraum stand der Gefängnisinspektor mit den zwölf vom Gesetz vorgeschriebenen Zeugen. Der Elektriker des Gefängnisses hatte seinen Platz an der Schalttafel, den Augen des Delinquenten verborgen. 6 Uhr 3 Minuten schlug er auf einen Wink des Sheriffs den Schalthebel ein… Ich will gleich bemerken, daß dies die letzte zuverlässige Zeitangabe aus Sing-Sing ist. Um 6 Uhr 3 Minuten sind alle Uhren in der Anstalt mit magnetisierten Eisenteilen stehengeblieben. Die weiteren Zeitangaben in den Meldungen stammen vom New-Yorker Telegrafenamt…«
    Dr. Glossin wippte nervös mit einem Fuß. Der Professor fuhr fort:
    »In dem Augenblick, in dem der Elektriker den Strom auf den Delinquenten schaltete, blieb die Dynamomaschine, wie von einer Riesenfaust gepackt, plötzlich stehen und hielt gleichzeitig auch die mit ihr gekuppelte Dampfturbine fest. Mit ungeheurer Gewalt strömte der Frischdampf aus dem Kessel gegen die stillstehenden Turbinenschaufeln. Es war höchste Zeit, daß der Maschinenwärter zusprang und den Dampf abstellte.
    Währenddessen saß der Delinquent ruhig auf dem Stuhl und zeigte keine Spur einer Stromwirkung. Erst später ist mir das eigenartige Verhalten des Verurteilten wieder in die Erinnerung gekommen. Er schien mit dem Leben abgeschlossen zu haben, aber sobald er in den Hinrichtungsraum geführt wurde, kehrte eine leise Röte in seine bis dahin todblassen Züge zurück. Als die Maschine das erste Mal versagte, glaubte ich die Spur eines befriedigten Lächelns auf seinen Zügen zu bemerken. Gerade so, als ob er diesen für uns alle so überraschenden Zwischenfall erwartet habe.
    Als die Maschine zum zweitenmal angelassen wurde, verstärkte sich diese rätselhafte Heiterkeit. Er verfolgte unsere Arbeiten, als ob sich bei dem ganzen für ihn nur um ein wissenschaftliches Experiment handle.
    Beim drittenmal kam das Unglück. Die Maschinisten hatten die Turbine auf höchste Tourenzahl gebracht. Sie lief mit dreitausend Umdrehungen, und die elektrische Spannung stand fünfzig Prozent über der vorgeschriebenen Höhe. Es gab einen Ruck. Die Achse zwischen Dynamo und Turbine zerbrach. Die Turbine, plötzlich ohne Last, ging durch. Ihre Schaufelräder zerrissen unter der ins Ungeheure gesteigerten Zentrifugalkraft. Der Kesselfrischdampf quirlte und jagte die Trümmer unter greulichem Schleifen und Kreischen durch die Abdampfleitung in den Kondensator. Als der Dampf abgestellt war, fühlten wir alle, daß wir haarscharf am Tode vorbeigegangen waren…«
    Der Polizeichef flüsterte ein paar Worte mit dem Doktor. Dann fragte er den Professor: »Haben Sie eine wissenschaftliche Erklärung für die Vorgänge?«
    »Nein, Sir! Jede Erklärung, die sich beweisen ließe, fehlt. Höchstens eine Vermutung. Die Magnetisierung sämtlicher Uhren deutet darauf hin, daß in den kritischen Minuten ein elektromagnetischer Wirbelsturm von unerhörter Heftigkeit durch die Räume von Sing-Sing gegangen ist. Es müssen äußerst starke elektromagnetische Felder im freien Raum aufgetreten sein. Sonst wäre es nicht zu erklären, daß sogar die einzelnen Windungen der großen Stahlfelder in der Zentraluhr vollständig magnetisch zusammengebacken sind. Ein fürchterliches
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