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Die Macht der Disziplin

Die Macht der Disziplin

Titel: Die Macht der Disziplin
Autoren: Roy Baumeister
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Energie. Erinnern Sie sich an die Studenten aus dem ersten Kapitel, die während der Prüfungsphase keine frischen Socken mehr anzogen, ihre Haare nicht mehr wuschen, kein Geschirr mehr spülten und sich nur noch von Fastfood ernährten? Sie hielten das vermutlich für eine sinnvolle Maßnahme, um Kräfte für ihre Prüfungen zu sparen. Aber ihre Mitbewohner, die ihre stinkenden Socken ertragen und ihnen den Dreck hinterherräumen mussten, sahen das wahrscheinlich anders, und die Diskussionen waren vermutlich für alle kräftezehrend. Langfristig raubt Ihnen die Schlamperei Energie und beschädigt Ihre Beziehungen.
    Vergessen Sie das Bild der hungernden Künstler, die Wunder vollbrachten, indem sie rund um die Uhr in heruntergekommenen Dachkammern schufteten. Ihre Disziplin ist dann am effektivsten, wenn Sie sich um Ihre körperlichen Bedürfnisse kümmern, sich gesund ernähren und ausreichend schlafen. Sie dürfen sich ruhig einen leckeren Nachtisch gönnen, aber stellen Sie sicher, dass Sie regelmäßig gesunde Nahrung zu sich nehmen, um Ihrem Gehirn ausreichend Energie zuzuführen. Schlaf ist vermutlich noch wichtiger als Essen: Je mehr sich Wissenschaftler mit dem Schlafentzug beschäftigen, umso mehr unangenehme Nebenwirkungen entdecken sie. Eine große Tasse Kaffee am Morgen ist kein Ersatz für ausreichenden Schlaf. Die alte Weisheit, dass am nächsten Morgen alles anders aussieht, hat nichts mit der Sonne zu tun, sondern mit Ihrem erholsamen Nachtschlaf: Nur ein ausgeruhter Wille ist ein starker Wille.
    Sie können Ihre Willenskraft ganz einfach stärken, wenn Sie ein wenig davon auf die altmodische Tugend der Ordnung verwenden. Wie wir im siebten Kapitel gesehen haben, reagieren wir undiszplinierter, wenn wir einen unaufgeräumten Schreibtisch oder eine chaotische Internetseite sehen. Sie meinen vielleicht, dass es doch egal sei, ob Ihr Bett gemacht und Ihr Schreibtisch aufgeräumt ist, doch die Signale aus Ihrer Umwelt wirken sich in subtiler Weise auf Ihr Gehirn und Ihr Verhalten aus, und ein aufgeräumter Schreibtisch und eine gut organisierte Internetseite helfen Ihnen, mit weniger Aufwand Ihre Disziplin zu wahren. Ordnung wirkt ansteckend.
    Achten Sie auch auf andere Signale, die Ihr Verhalten beeinflussen können. Schlechte Angewohnheiten werden durch Routine verstärkt: die Bäckerei auf dem Weg zur Arbeit, die Zigarettenpause zur Kaffeezeit, das Bier nach der Arbeit, der nächtliche Eisbecher im Fernsehsessel. Wenn Sie Ihre Routinen ändern, fällt es Ihnen leichter, diese Gewohnheiten abzulegen. Wählen Sie einen anderen Weg zur Arbeit. Schieben Sie zur Kaffeezeit einen kurzen Spaziergang ein. Gehen Sie nach der Arbeit ins Fitnessstudio. Essen Sie Eis nur am Esstisch, machen Sie in den Werbepausen lieber ein paar gymnastische Übungen. Benutzen Sie zum Arbeiten einen anderen Computer als zum Internetsurfen. Wenn Sie eine fest verwurzelte Angewohnheit wie das Rauchen ablegen wollen, fangen Sie in den Ferien damit an, wenn Sie weit weg sind von den Menschen und Orten, die Sie mit dem Glimmstängel assoziieren.
    Wann Sie ruhig aufschieben dürfen
    Aufschieben ist ein Laster, aber manchmal kann es durchaus positiv sein. Im vorigen Kapitel haben wir gesehen, dass wir einem Genuss widerstehen können, wenn wir ihn auf später verschieben. Diese Strategie ist wirkungsvoller als ein generelles Verbot. Dieser Trick funktioniert nicht nur mit Süßigkeiten, sondern auch, wenn eine FernsehsendungSie daran hindert, an den Schreibtisch zurückzugehen: Nehmen Sie sie einfach auf und sehen Sie sie später zu Ende. Wenn Sie die Arbeit abgeschlossen haben und nicht mehr aufschieben müssen, haben Sie vermutlich keine Lust mehr, sie zu Ende zu sehen. Im Falle eines Lasters ist aufgeschoben oft aufgehoben.
    Eine etwas zweifelhaftere Form des positiven Aufschiebens beschrieb Robert Benchley, ein von Abgabeterminen geplagter Autor der Zeitschrift
The New Yorker.
(Seine Kollegin Dorothy Parker 201 gab dem Chefredakteur der Zeitschrift die beste Ausrede der Geschichte, als sie einen Artikel zu spät ablieferte: »Jemand hat gerade den Bleistift benutzt.«) In einem Aufsatz erklärte Benchley, wie er die Disziplin aufbrachte, einen wissenschaftlichen Artikel über tropische Fische zu lesen, ein Bücherregal zu bauen, die Bücher auf besagtem Regal zu ordnen und den Brief eines Freundes zu beantworten, der seit gefühlten zwanzig Jahren auf seinem Schreibtisch lag. Es war ganz einfach. Er musste nur seine To-do-Liste für
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