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Die Lust des Bösen

Die Lust des Bösen

Titel: Die Lust des Bösen
Autoren: Cassandra Negra
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Sie eine Frage oder ein Anliegen haben. Meine Tür steht immer für Sie offen«, versicherte er und ließ sie allein zurück.
    Ein wenig skeptisch beobachtete sie ihren neuen Kollegen, der sich inzwischen selbstgefällig vor ihr aufgebaut hatte und sie angrinste.
    Ob sie denn ernsthaft glaube, dass sie ihn mit solchen spitzen Bemerkungen treffen oder gar außer Gefecht setzen könne? Da müsste sie schon früher aufstehen, murmelte er vor sich hin.
    Na prima, sinnierte die junge Profilerin, da hatte sie wirklich Glück, einen so ausgesprochen netten und zuvorkommenden Kollegen bekommen zu haben.
    Aber was soll’s, sie würden schon miteinander auskommen. Im Grunde seines Herzens schien er gar nicht so bärbeißig zu sein, wie er auftrat. Ziemlich sicher war das alles nur eine Mauer, die er um sich herum aufgebaut hatte, damit man ihm nur ja nicht zu nahe kam.
    Wie oft er wohl schon verletzt worden sei, wollte sie wissen, und als sie seinen erstaunten, ängstlichen Blick sah, wusste sie, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. In manchen Dingen war sie zwar noch ein Welpe, aber sie verfügte über ein gesundes Gespür für die emotionale Verfassung ihrer Mitmenschen.
    Hofmann war es sichtlich unangenehm, dass er so schnell durchschaut worden war. Kaum einer seiner Kollegen hatte bisher an seiner bissigen, rauen Fassade gerüttelt, die er sich so mühsam über all die Jahre zugelegt hatte. Und er dachte nicht im Traum daran, sie für ein dahergelaufenes Küken zu opfern. Auf keinen Fall würde er sich von ihrem ganzen Psychogehabe einlullen lassen, da konnte sie lange warten. Außerdem hatten diese Psycho-Docs doch selbst einen an der Waffel! Er musste schmunzeln. Meist wurden sie nicht einmal mit ihren eigenen Problemen fertig, wollten aber anderen Menschen helfen. Wie absurd das alles war, einfach lächerlich, dachte er verächtlich. Nein, er mochte Psychologen nicht – und schon gar keine weiblichen. Vielleicht waren sie ihm aber auch einfach nur suspekt, und er hatte Angst davor, enttarnt zu werden.
    Vor nichts fürchtete er sich so sehr wie davor, sich mit sich selbst auseinandersetzen zu müssen – mit seinen Gedanken, Gefühlen, mit seinen Leidenschaften und Bedürfnissen. Lange schon hatte er resigniert und beschlossen, nichts mehr an sich heranzulassen. Er hatte jegliches unangenehme Gefühl entschlossen verdrängt, ja, er war ein Meister darin. Und bis jetzt hatte es ihm auch gutgetan. Was war schon schlimm daran, einige Dinge einfach wegzuschließen? Er wollte doch nur seine Seele schützen, und das hatte bisher ganz gut funktioniert. Warum sollte er das ändern?
    Zeit seines Lebens war er Polizist mit Leib und Seele gewesen. Jetzt stand er kurz vor seiner Pensionierung. Jeder andere an seiner Stelle hätte sich gefreut, endlich Zeit für Dinge zu haben, die man schon immer mal tun wollte und wieder und wieder verschoben hatte, weil es Wichtigeres gab, das getan werden musste. Aber Hofmann war da anders. Er hatte im Leben gelernt, sich nie zu viele Gedanken über die Zukunft zu machen. Oft genug hatte er erlebt, wie schnell Menschenleben zu Ende gehen und damit auch hochfliegende Zukunftspläne zunichte gemacht sein konnten.
    Lea hatte ihn die ganze Zeit über genau beobachtet. Sie spürte, dass etwas in ihm arbeitete, und war sich sicher, dass er Zeit brauchte. Vielleicht würde er irgendwann mit ihr darüber sprechen. Aber jetzt wollte sie ihn nicht quälen, nicht weiter insistieren oder ihn gar mit seinen Problemen konfrontieren. Er hatte ihre kleine Anspielung sehr wohl verstanden, da war sie sich sicher. Und wenn er irgendwann so weit war, sich seinem Trauma zu stellen, würde sie für ihn da sein. Bis dahin aber musste sie seine Bissigkeiten, seine Sticheleien und seine manchmal deftigen Bemerkungen einfach ignorieren, so gut es eben ging.
    »Wie wäre es mit einem Kaffee?«, fragte sie schließlich nach einer Weile.
    Einen Moment lang schaute sie der Kommissar etwas verdutzt an, und dann kam ein Lächeln auf seine Lippen.
    »Sie sind ganz schön raffiniert, liebe Kollegin!«
    Auch sie musste jetzt lachen.
    »Aber da wäre noch eine Kleinigkeit«, ergänzte sie. »Wenn Sie mir verraten könnten, wo ich die Kaffeemaschine finde …?«
    »Na, mit Vergnügen«, bemerkte er und feixte süffisant und siegessicher, »liebe Kollegin, folgen Sie mir.«
    D ie Bilder aus seinem Traum suchten Wenger immer wieder heim. Was um alles in der Welt bedeuteten sie? Und was hatte es mit diesem Bunker auf sich?
    Ihm
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