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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
Autoren: Marissa Meyer
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Unerwünscht. Verrückt.
    Mit klopfendem Herzen verbannte sie diese Gedanken. Der Mann roch nach Ärger. Seinen Lebensunterhalt verdiente er durchs Kämpfen – oder vielleicht machte er es auch nur zum Zeitvertreib. Sie war sich nicht sicher, was sie schlimmer fand.
    Im Hinausgehen deutete der Kämpfer eine Verbeugung an, die man als Entschuldigung werten konnte. Als er an ihr vorbeistrich, fand Scarlet, dass er trotz seiner offenkundigen Brutalität nicht bedrohlicher wirkte als ein verprügelter Hund.

3
    Scarlet zerrte die Kiste mit den Kartoffeln vom untersten Regalbrett und ließ sie mit einem dumpfen Krachen auf den Boden fallen, bevor sie die Tomaten daraufstellte. Dann waren die Zwiebeln und Pastinaken an der Reihe. Sie würde zweimal zum Schiff gehen müssen, und das nervte sie mehr als alles andere. So viel zum Thema gelungener Abgang.
    Sie wuchtete zwei Kisten hoch.
    »Was machst du denn da?«, fragte Gilles von der Tür her, ein Geschirrtuch über der Schulter.
    »Ich nehme das Zeug wieder mit.«
    Seufzend lehnte sich Gilles an die Wand. »Scar, das vorhin, das war doch nicht so gemeint.«
    »Ach, nicht? Und wie hast du es dann gemeint?«
    »Hör mal, ich mag Michelle – und dich auch. Ja, ihr habt happige Preise und könnt einen ganz schön quälen mit eurem verrückten …« Er hob abwehrend die Hände, als Scarlet wieder wütend wurde. »Hey, du bist gerade auf meinen Tresen geklettert und hast die Leute aufgewiegelt, also sag nicht, dass nichts dran ist.«
    Sie verzog das Gesicht.
    »Aber es stimmt schon, deine Grand-mère führt ihren Hof gut und eure Tomaten sind in jeder Saison die besten, die man in Frankreich kriegen kann. Deswegen will ich ja auch, dass ihr mich weiter beliefert.«
    Die glänzenden roten Tomaten in Scarlets Kiste rollten von einer Seite zur anderen.
    »Nun stell sie doch zurück, Scar. Ich hab den Lieferschein schon abgezeichnet.«
    Er ging wieder, bevor Scarlet noch einen Wutanfall bekommen konnte.
    Sie blies sich eine rote Locke aus dem Gesicht, setzte das Gemüse ab und gab der Kartoffelkiste einen Tritt, so dass sie wieder im Regal verschwand. In der Küche lachten sich die Köche über das Drama im Gastraum halb tot. Was gerade geschehen war, hörte sich jetzt schon ganz anders an. Angeblich hatte der Kämpfer auf Rolands Kopf eine Flasche zerbrochen, ihn bewusstlos geschlagen und einen Stuhl zertrümmert. Dasselbe hätte er auch mit Gilles gemacht, wenn Emilie ihn nicht mit ihrem süßen Lächeln beschwichtigt hätte.
    Da ihr sowieso egal war, was sie sich erzählten, wischte sich Scarlet die Hände an ihrer Jeans ab und marschierte durch die Küche zum Scanner neben der Hintertür. Eisiges Schweigen. Gilles ließ sich nicht blicken, aus dem Gastraum hörte sie nur Emilies Lachen. Scarlet hoffte, dass sie sich die gehässigen Blicke der Köche nur einbildete. Wie schnell würden sich die Gerüchte wohl in der Stadt herumsprechen?
    Scarlet Benoit hat das Cyborg-Mädchen, diese Lunarierin, verteidigt! Jetzt hat sie endgültig den Verstand verloren, genau wie ihre …
    Sie hielt das Handgelenk vor den uralten Scanner und kontrollierte gewohnheitsmäßig den Lieferschein, der auf dem Screen erschien, nur um sicherzugehen, dass Gilles nicht wie so oft einen Posten ausgelassen hatte. Aber er hatte lediglich drei Univs für die zermanschten Tomaten abgezogen. 687 U AUF KONTO GEMÜSE UND OBST VOM HOF BENOIT ÜBERWIESEN .
    Sie ging durch die Hintertür hinaus, ohne sich zu verabschieden.
    Auch wenn die Wärme des sonnigen Nachmittags noch in der Luft lag, war die schattige Gasse kühl im Vergleich zur stickigen Küche. Scarlet sortierte die Kisten im Heck des Schiffs. Sie war spät dran und würde noch lange brauchen, bis sie zu Hause ankam. Dabei musste sie am nächsten Morgen sehr früh aufstehen, um zur Polizeistation nach Toulouse zu fahren, sonst würde ein weiterer Tag vorübergehen, ohne dass etwas unternommen wurde, um ihre Großmutter wiederzufinden.
    Zwei Wochen. Zwei geschlagene Wochen war ihre Grand-mère jetzt schon allein auf sich gestellt. Hilflos. Vergessen. Oder vielleicht sogar … tot, vielleicht lag sie erschlagen in irgendeinem matschigen Graben. Aber warum? Warum bloß?
    Tränen schossen ihr in die Augen, doch sie schlug die Luke zu, ging um das Schiff herum – und blieb wie angewurzelt stehen.
    Dort stand der Kämpfer lässig an die Hauswand gelehnt und beobachtete sie.
    Sie wischte ihre Tränen weg und starrte ihn an. War das eine Drohgebärde? Er
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