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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
Autoren: Marissa Meyer
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    Scarlet steuerte gerade die Gasse hinter dem Gasthaus Rieux an, als ihr Portscreen auf dem Beifahrersitz summte und eine Computerstimme meldete: »Tele für Mademoiselle Scarlet Benoit von der Dienststelle für Vermisste Personen.«
    Ihr Herz machte einen Satz. Kurz bevor das Raumschiff gegen die Steinmauer knallte, riss sie das Steuer zur Seite, machte eine Vollbremsung und kam abrupt zum Stehen. Dann stellte sie den Motor ab und angelte sich den Portscreen. Das Display warf blassblaues Licht auf die Armaturen im Cockpit.
    Sie hatten etwas gefunden.
    Die Polizei in Toulouse war auf eine Spur gestoßen.
    »Tele annehmen!«, schrie sie, wobei sie den Port fast zerquetschte.
    Sie hatte auf einen Vidlink von dem Kommissar gehofft, der den Fall ihrer Großmutter Michelle bearbeitete, erhielt aber nur einen Einstellungsbescheid.
    28. Aug. 126 D.Z.
    Re: Aktenzeichen Nr. AIG00155819 vom 11.08.126 D.E.
    Hiermit informieren wir Scarlet Benoit, wohnhaft in Rieux, Europäische Föderation, dass die Ermittlungen im Fall der vermissten Person/en Michelle Benoit aus Rieux, Europäische Föderation, auf Grund der unzureichenden Beweislage hinsichtlich des Vorliegens einer Gewalttat bzw. einer anderen ungeklärten Gesetzesübertretung mit Wirkung zum 28.08.126, 15:42 Uhr, eingestellt worden sind. Es wird davon ausgegangen, dass die Person/en ihre/n Wohnort/e aus freiem Willen und/oder infolge eines Suizides verlassen hat/haben.
    Der Fall gilt hiermit als abgeschlossen.
    Wir danken Ihnen für das Vertrauen in unsere Ermittlungsleistungen.
    Der Tele folgte eine Belehrung für die Piloten von Lieferschiffen mit dem Hinweis, die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten und die Gurte erst zu lösen, wenn die Maschine ausgestellt war.
    Scarlet starrte auf den Schirm, bis ihr die Buchstaben vor den Augen verschwammen und der Boden des Schiffs zu schwanken schien. Sie hielt den Portscreen so fest, dass die Plastikabdeckung knirschte.
    »Ihr Idioten«, fauchte sie in das leere Lieferschiff.
    Der Fall gilt hiermit als abgeschlossen.
    Die Worte blickten ihr schadenfroh entgegen.
    Sie stieß einen heiseren Schrei aus und donnerte den Port gegen das Armaturenbrett. Sollte er doch in seine Einzelteile zerschmettert durchs Schiff fliegen. Aber nach drei kräftigen Schlägen flackerte der Screen nicht einmal. »Was für Hohlköpfe!« Sie schmiss den Port in den Fußraum, ließ sich zurückfallen und drehte eine lockige Haarsträhne um den Finger.
    Plötzlich schnitt ihr der Gurt in die Brust, sie bekam kaum noch Luft. Sie öffnete ihn, trat von innen gegen die Fahrertür und wäre fast in die dunkle Gasse gefallen. Aus dem Wirtshaus drang der Geruch von ranzigem Fett und Whiskey. Der Gestank und ihre Wut verschlugen ihr fast den Atem.
    Sie würde zur Polizei gehen. Jetzt war es dafür zu spät – dann also morgen früh. Ganz früh. Sie würde ruhig bleiben, ihre Argumente vorbringen und ihnen erklären, warum sie sich irrten. Sie würde sie dazu bringen, den Fall wieder aufzunehmen.
    Scarlet zog ihr Handgelenk über den Scanner neben der Frachtluke des Schiffs und stemmte sie gegen den hydraulischen Widerstand auf.
    Sie würde dem Kommissar klarmachen, dass er weitersuchen musste. Sie würde ihn zwingen, ihr zuzuhören. Dann würde er verstehen, dass ihre Großmutter weder aus freien Stücken gegangen war noch sich das Leben genommen hatte.
    Ein paar Plastikkisten mit Gartengemüse stapelten sich hinten im Schiff, aber Scarlet nahm sie kaum wahr. Sie war weit weg, in Toulouse, und legte sich zurecht, was sie morgen sagen würde. Nahm all ihre Überredungskraft, all ihre Argumentationskünste zusammen.
    Irgendetwas war ihrer Grand-mère zugestoßen, irgendetwas Schlimmes, und wenn die Polizei nicht weitersuchte, musste Scarlet die Sache gerichtlich klären lassen, damit keiner dieser schwachsinnigen Kommissare je wieder ermitteln durfte und …
    Sie schnappte sich zwei Tomaten, drehte sich auf dem Absatz um und klatschte sie mit voller Wucht gegen die Mauer. Die Tomaten platzten auf, Saft und Kerne spritzten auf ein paar Mülltüten.
    Das tat gut. Scarlet nahm noch eine und stellte sich vor, wie die Tomate im selbstgefälligen Gesicht des Beamten zerplatzte, der zu bezweifeln wagte, dass ihre Großmutter nie und nimmer so einfach verschwinden …
    Eine Tür schwang auf, als die vierte Tomate dran glauben musste. Scarlet wollte sich gerade die nächste schnappen und erstarrte mitten in der Bewegung – der Gastwirt hatte sich in der Tür
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