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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)
Autoren: Marissa Meyer
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jetzt …« Sie unterbrach sich und drückte auf einen Knopf in der Ecke. Eine schimmernde weiße Platte hob sich und das Urinal glitt aus der Wand. Sie durchsuchte die Vertiefung dahinter.
    Thorne rückte von dem weggeworfenen Kabel ab, verdrängte das Bild, wie sie die Abdeckung in ihrem Kopf geöffnet hatte, und gab sich wieder als vollkommener Gentleman. Er versuchte es mit Small Talk, während sie arbeitete, fragte, warum sie hier sei, und machte ihr Komplimente für die handwerkliche Perfektion ihrer Metallgliedmaßen. Sie schenkte ihm keine Beachtung und langsam fragte er sich, ob er durch die Abschirmung von der weiblichen Bevölkerung womöglich seinen Charme verloren hatte.
    Aber das kam ihm unwahrscheinlich vor.
    Ein paar Minuten später fand das Mädchen offensichtlich, wonach es gesucht hatte, und das nervtötende Bohren und Schrauben setzte wieder ein.
    »Als man dich eingesperrt hat«, rief Thorne, »hat man sich da keine Gedanken darüber gemacht, dass das Gefängnis Sicherheitslücken haben könnte?«
    »Da hatte es noch keine. Die Hand ist eine Neuerwerbung.« Sie starrte in die Ecke der Zelle, als wollte sie durch die Wand hindurchsehen.
    Vielleicht hatte sie den Röntgenblick. Damit wüsste er allerdings auch etwas anzufangen.
    »Lass mich raten«, sagte Thorne. »Einbruch?«
    Nachdem sie lange schweigend den Zugmechanismus des Urinals untersucht hatte, rümpfte das Mädchen die Nase. »Zwei Anklagen wegen Hochverrats, wenn du es genau wissen willst. Dazu Widerstand gegen die Staatsgewalt sowie rechtswidriger Einsatz von Bioelektrizität. Ach so, illegale Einwanderung, aber das ist ja nun wirklich überzogen.«
    Er warf einen schnellen Blick auf ihren Hinterkopf, dann fragte er sie: »Wie alt bist du?«
    »Sechzehn.«
    Der Schraubenzieher auf ihrem Finger drehte sich wieder. Thorne wartete darauf, dass das Knirschen nachließ. »Und wie heißt du?«
    »Cinder«, sagte sie und es wurde wieder laut.
    Nachdem der Krach vorbei war, stellte er sich vor. »Ich bin Kapitän Carswell Thorne. Aber die meisten nennen mich …«
    Lautes Knirschen.
    »Thorne. Oder Kapitän. Oder Kapitän Thorne.«
    Ohne zu reagieren, stocherte sie weiter in dem Loch in der Wand herum. Es sah so aus, als versuchte sie an einer Schraube zu drehen, die sich nicht lockern wollte, denn kurz darauf setzte sie sich frustriert auf den Boden.
    »Du scheinst einen Komplizen zu brauchen«, meinte Thorne und strich seinen Overall glatt. »Und du hast Glück, denn ich bin ein kriminelles Superhirn.«
    Sie warf ihm einen wütenden Blick zu. »Hau ab!«
    »Leichter gesagt als getan.«
    Seufzend kratzte sie die weißen Plastikteile vom Schraubenzieher.
    »Was hast du vor, wenn du draußen bist?«
    Sie wandte sich wieder der Wand zu. Das knirschende Geräusch dauerte eine Weile an, dann machte sie eine Pause und massierte sich den Nacken, der verspannt zu sein schien. »Am schnellsten aus der Stadt hinaus geht es nach Norden.«
    »Ach, meine kleine, naive Gefangene. Glaubst du denn nicht, dass die genau das erwarten?«
    Sie stieß den Schraubenzieher in die Nische. »Hör auf, mich abzulenken.«
    »Ich hab doch nur gemeint, dass wir uns vielleicht gegenseitig helfen könnten.«
    »Lass mich in Ruhe.«
    »Ich habe ein Schiff.«
    Sie warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Ein Raumschiff.«
    »Ein Raumschiff«, sagte sie gedehnt.
    »Das bringt uns in zwei Minuten in die Umlaufbahn. Und es steht direkt vor der Stadt. Wir können es leicht erreichen. Und, was meinst du?«
    »Ich meine, wenn du nicht aufhörst zu quatschen und mich arbeiten lässt, kommen wir keinen Meter weit.«
    »Ein Punkt für dich«, sagte Thorne und hob die Hände. »Denk einfach mal darüber nach in deinem hübschen Köpfchen.«
    Irritiert arbeitete sie weiter.
    »Da fällt mir ein, dass es auf dem Weg mal einen ausgezeichneten Dim-Sum-Imbiss gab. Die Teigtaschen mit Hackfleisch waren zum Umfallen gut. Saftig und lecker.« Er schnipste mit dem Finger, allein bei dem Gedanken daran lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
    Gequält massierte Cinder sich den Nacken.
    »Vielleicht könnten wir kurz da vorbeischauen und uns was mitnehmen. Ich brauche mal wieder was Richtiges nach dem faden Mist, den sie hier als Essen bezeichnen.« Er leckte sich die Lippen, aber als er wieder zu dem Mädchen sah, war ihr Gesicht schmerzverzerrt und Schweißtropfen standen ihr auf der Stirn.
    »Was hast du?«, fragte er und streckte die Hand nach ihr aus. »Soll ich dir den Nacken
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