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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge
Autoren: Petra Hammesfahr
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kommen doch gar nicht an das Geld ran», sagte sie.
    «Wir nicht, Hardenberg wohl, schätze ich. Und nach seiner Erfahrung mit Zurkeulen kann ich ihn bestimmt überzeugen, was für ihn das Beste ist.»
    Sie war ihm dankbar, dass er sie – wenn auch nur für ein paar Minuten – auf andere Gedanken brachte als die an den Mann im Keller. «Warum hast du Wolfgang die Briefe nicht gegeben oder den Laptop?»
    Dieter lachte leise und unterbrach sie damit. «Die Briefe sind längst Asche, der Rest auch. Und was den Laptop angeht, den hätte niemand freiwillig aus der Hand gegeben, es sei denn, an einen Komplizen. Ich wollte nicht in den Verdacht geraten, gemeinsame Sache mit dir gemacht zu haben, wenn du aufgeflogen wärst.»
    Dass diese Gefahr jetzt noch bestand, Dieter wollte es nicht ausschließen, sah das Risiko nun jedoch als etwas geringer, nachdem sie sogar Jacques bewältigt hatte. Aber um welchen Preis!
    Es tat so entsetzlich weh, sich vorzustellen, was Michael jetzt empfinden musste. Eine halbe Stunde ließ sie noch verstreichen, ehe sie sich hinunterwagte. Zwei Meter vom Rand des Pools entfernt blieb sie stehen. Er drosch in der Mitte des Beckens mit weit ausholenden Bewegungen auf das Wasserein, war mit zwei Zügen am Rand, als er sie zu Gesicht bekam, und keuchte: «Ich glaub das nicht. Das glaube ich einfach nicht.»
    Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sich noch einmal entschuldigen, ihm versichern, dass sie ihn liebte. Nadia hätte das vermutlich getan, aber sie war nicht Nadia. Sie wusste, wie sehr es schmerzte, wenn man sich verraten und betrogen fühlte – auch wenn man keine Bilderbuchehe geführt hatte. Dann schmerzte es vielleicht noch mehr, weil man plötzlich einsehen musste, man hatte sich an eine Illusion geklammert.
    Er stemmte sich hoch und sagte: «Ich muss etwas essen. Fahren wir zu Demetros.»
    «Nein, lass uns hier bleiben», bat sie. «Ich koche uns etwas.»
    «Spar dir die Mühe. Ich muss hier raus, ehe ich durchdrehe.»
    Vielleicht hatte er Recht. Unter anderen Menschen musste man sich notgedrungen beherrschen. Und vielleicht, wenn er mit etwas Abstand nachdachte   … Nach einem kurzen Moment des Zögerns nickte sie. Zusammen mit ihm ging sie wieder nach oben. Auf der Treppe fragte er: «Wo ist das Geld? Darf ich es sehen?»
    Es sprach nichts dagegen, ihn einen Blick in den Koffer werfen zu lassen. Er verlor kein Wort darüber, dass der Koffer neben dem Tresor stand, statt darin. Nachdem er sekundenlang auf die sauber gebündelten Scheine gestarrt hatte, wollte er wissen, ob es ihr sehr schwer fiele, diesen Koffer Zurkeulen zu überlassen.
    «Nein», sagte sie.
    Er lachte verächtlich, ging ins Ankleidezimmer und schlüpfte in Hemd und Hose. Für sie brachte er die Nerzjacke mit. Getankt hatte er nicht. Und da der Alfa noch auf der Straßestand, nahmen sie den. Er fuhr, und kaum dass er die Landstraße erreicht hatte, fragte er: «Von wem ist das Kind?»
    «Von dir», beteuerte sie. «Wirklich, das musst du mir glauben.»
    Vermutlich hatte Jacques das anders dargestellt. Michael nickte kurz mit zusammengepressten Kiefern und wollte wissen: «Weiß Alina, dass du schwanger bist?» Und als sie den Kopf schüttelte, meinte er: «Dann solltest du es ihr so schnell wie möglich sagen. Vielleicht lässt wenigstens sie sich versöhnen mit der Aussicht, Großmutter zu werden.»
    Ihr Hirn war mit einem Schlag wie leer gefegt. Nichtwissen verrät sich von selbst! Dieter hatte es vorhergesagt. Michael war so ruhig, viel ruhiger, als er hätte sein dürfen. Alles, was er nach seiner Erkenntnis empfunden haben musste, schien er im Pool ersäuft zu haben. Aber er wusste jetzt, dass sie nicht Nadia war, daran gab es keinen Zweifel. Seine Stimme klang monoton und verursachte ihr erbärmliche Angst.
    Was er zuerst aufzählte, waren Lappalien. Alles hätte sich irgendwie erklären lassen, hatte das in den meisten Fällen auch bereits getan. Dass sie Schwierigkeiten im Pool gehabt hatte – wo sie doch mit dem Kopf angeschlagen war, als er sie hineinstieß. Dass sie in Paris kaum ein Wort auf Englisch und gar kein Französisch gesprochen hatte – wo Pamela doch unbedingt deutsch sprechen wollte. Dass sie den Bügel mit der Jacke nicht vom Garderobenhaken genommen hatte – aus Angst um sein Leben und das von Andrea. Ramon hätte bestimmt nicht lange gefackelt, wenn ein Streifenwagen vorgefahren wäre. Dass sie den Geldkoffer nicht in den Tresor gelegt hatte – das lohnte doch nicht, weil
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