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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin
Autoren: Iny Lorentz
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konnte Caterina erkennen, dass auf Biancas Gesicht ein seltsamer Ausdruck lag, in dem sich heimliches Vergnügen mit ängstlicher Erwartung paarte. Doch die Freundin blieb stumm, bis sich die Tür hinter der Dienerin geschlossen hatte.
    Dann blickte sie Caterina tadelnd an. »Der Herzog erwartet dein Erscheinen und dein Großvater ebenfalls!«
    »Ich habe keinen Großvater!« Es klang so trotzig, dass Bianca sich Malle herbeiwünschte, die ihrer Herrin gewiss den Kopf zurechtgesetzt hätte. Sie fühlte sich hilflos angesichts Caterinas heftig aufflammenden Temperaments.
    »Du musst mit mir kommen! Der Marchese ist nicht nur dein Großvater, sondern auch vor Gott und der Welt dein Vormund. Er hat das Recht, über dich zu bestimmen, dich zu verheiraten oder …«
    Caterina fuhr wütend auf. »Ich bin meine eigene Herrin und niemand hat über mich zu bestimmen!«
    »So magst du es sehen, doch die Welt sieht es anders. Du bist eine Frau und daher der Obhut deiner männlichen Verwandten anheim gegeben.« In ihrer Kindheit hatte Bianca gelernt, ihren Großvater als jemand anzusehen, der gleich hinter Gott kam, und daher verstand sie die Haltung ihrer Freundin nicht. In diesem Augenblick haderte sie mit ihrem einstigen Liebhaber, weil dieser seine Tochter so wild hatte aufwachsen lassen, denn unter seiner Aufsicht wäre Caterina wohl fügsamer und vernünftiger geworden. Doch gleich darauf bat sie ihre Freundin im Stillen um Verzeihung. Caterina war wunderbar, mutig und mit einem scharfen Verstand gesegnet. Außerdem konnte sie es ihr wirklich nicht verdenken, dass sie sich gegen einen Großvater sträubte, der sich bis jetzt geweigert hatte, ihre Existenz zur Kenntnis zu nehmen. Brauch und Gesetz gaben ihm jedoch jedes Recht, über sie zu verfügen.
    »Es tut mir ja so leid für dich, meine Liebe, doch es geht nicht anders. Es ist nicht nur der Wille des Marchese, mit dir zu sprechen, sondern auch der des Herzogs. Er hat ausdrücklich verlangt, dass du zu ihm kommst. Bedenke, du bist eine Condottiera in seinen Diensten und musst ihm gehorchen.«
    Dieser aus Ratlosigkeit geborene Appell zeigte den erhofften Erfolg. Caterina erhob sich, strich ihr Gewand glatt und setzte eine hochmütige Miene auf. »Wenn es sein muss, dann lass uns gehen!«
    Bianca seufzte erleichtert auf und führte sie wie eine Dienerin mit einem Kerzenleuchter in der Hand zu den Privatgemächern des Herzogs. Dieser saß auf seinem Lieblingsstuhl, in der Hand einen Pokal mit Wein, und unterhielt sich mit Olivaldi, der auf einem ähnlichen Stuhl Platz genommen und sein Trinkgefäß auf die breite Lehne gestellt hatte. Als Caterina eintrat, führte Leonello da Polenta den Pokal zum Mund und musterte seine Enkelin über den Rand des Gefäßes hinweg.
    »Du siehst deiner Mutter nicht besonders ähnlich!«, entfuhr es ihm anstelle einer Begrüßung. Es klang erleichtert.
    Biancas Rippenstoß erinnerte Caterina daran, dass die Höflichkeit einen Knicks vor ihrem Großvater forderte. Dieser fiel sehr knapp aus, und sie funkelte den alten Herrn herausfordernd an. Olivaldi hatte diesen Blick bei seiner Tochter fürchten gelernt, er war für gewöhnlich der Auftakt zu einer unangenehmen Szene gewesen. Diesmal aber, so nahm er sich vor, würde er keinen Fingerbreit nachgeben, sondern alles in seinem Sinn gestalten – und zwar noch an diesem Abend. Auf seinen Wink hin trat Rodolfo näher, der bisher am Fenster gestanden und in die Nacht hinausgestarrt hatte. Biancas Blick wanderte zwischen Caterina und ihrem Großvater hin und her, dann lief sie aus dem Zimmer wie eine verjagte Magd. Caterina sah ihr verunsichert nach und straffte die Schultern, denn sie rechnete mit einer harten Auseinandersetzung.
    »Nachdem die Gefahr durch Mailand fürs Erste gebannt scheint, müssen wir an die Zukunft denken und die entsprechenden Allianzen schmieden«, begann der Marchese und nahm einen Schluck Wein, als müsse er sich stärken. Dann blickte er Caterina an. »Aus diesem Grund haben Seine Gnaden der Herzog von Molterossa und ich beschlossen, unsere Häuser durch eine Heirat zwischen dir und seinem Erben zu vereinigen.«
    »Seinem Erben? Aber Amadeo ist doch tot!«, antwortete Caterina verunsichert. Dann begriff sie, worauf der alte Herr hinauswollte, schnellte herum und zeigte Rodolfo die gefletschten Zähne. »Das ist gewiss Eure Idee! Ihr wollt auf billige Weise die Eiserne Kompanie erwerben, um das Zaunkönigtum zu schützen, das Ihr nun erben werdet. Doch da habt Ihr Euch
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