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Die Löwin

Die Löwin

Titel: Die Löwin
Autoren: Iny Lorentz
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kriechen muss.«
    Trefflich hieb erneut mit der Faust auf den Tisch. In ihm kochte die Wut über die adeligen und geistlichen Herren in der Nachbarschaft, die mehr Mäuse in ihren Speisekammern hatten als Gulden in ihren Kisten. Wenn ihnen das Wasser bis zum Halse stand und sie dringend Geld brauchten, kamen sie zu ihm, nannten ihn schmeichlerisch Herrn Hartmann auf Rechlingen und jammerten schlimmer als das Bettelgesindel auf den Stufen von Sankt Stephan zu Mindelheim. Aber wenn er seine Geldtruhe geöffnet hatte und seine sauer verdienten Münzen in ihre Taschen gewandert waren, hießen sie ihn wieder einen elenden Pfeffersack und luden ihn weder zu ihren Festen noch zu ihren Beratungen ein. Eine Heirat seines Sohnes mit Caterina, die dem ältesten Adelsgeschlecht der Gegend entstammte, würde ihm Zugang zu ihren Kreisen verschaffen. Deshalb musste er diese Verbindung zustande bringen, ganz gleich, wie störrisch das junge Ding sich zeigen mochte. Im Gegensatz zu dem, was er eben behauptet hatte, benötigte er allerdings ihre laute und deutliche Zustimmung zur Heirat – und das wusste diese hochnäsige Jungfer ebenso gut wie er.
    Zu Trefflichs Leidwesen drängte die Zeit, denn der alte Eldenberg und sein Sohn weilten als Söldnerführer in Italien und konnten jederzeit im Kampf fallen oder an einer der zahlreichen Krankheiten sterben, die die Heere heimsuchten. Trefflich kannte die Verwandtschaftsverhältnisse der Eldenbergs nicht gut genug, um zu wissen, wer der Vormund des jungen Mädchens sein würde. Und der arme Teufel könnte ihm wohl auch nicht helfen, denn es gab höchstwahrscheinlich niemanden, der Caterina zu bändigen vermochte. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie jeden Mann zur Seite schieben und weiterhin nach eigenem Gutdünken leben würde, obwohl sich das für ein weibliches Wesen wirklich nicht ziemte. Wenn er ihr jetzt Zeit ließ, würde sie sich höchstwahrscheinlich mit einem der adeligen Schnösel in der Nachbarschaft verloben, um ihm, Trefflich auf Rechlingen, eine lange Nase zu drehen. Dann würde er keinen weiteren Heller von dem Geld sehen, welches er nicht ohne Hintergedanken ihrem Vater geliehen hatte, damit dieser Söldner anwerben und ausrüsten konnte. Heiratete sie aus Trotz einen der Junker aus der Umgebung, würde dieser die halbzerfallene Burg, in der Caterina jetzt lebte, die paar Hufen Land und das dazugehörende Meierdorf zu seinem Eigentum erklären und notfalls mit der Waffe gegen ihn verteidigen. Dabei wog das Gerümpel nicht einmal ein Viertel der Summe auf, mit der der alte Eldenberg bei ihm noch in der Kreide stand. Das einzig Wertvolle, das Caterina mit in die Ehe bringen konnte, war ihr altehrwürdiger Name.
    Trefflichs Blick streifte die beiden Beutel auf dem Tisch, die Caterina ihm überbracht hatte, und korrigierte sich. Nun betrug der Wert der eldenbergischen Liegenschaften noch etwa die Hälfte der Schulden. Doch er war nicht bereit, auf die andere Hälfte zu verzichten. Bisher hatte er noch nie ein Geschäft mit Verlust abgeschlossen, und dazu würde er es auch jetzt nicht kommen lassen.
    Da der Hausherr in seinen Gedanken versunken schien, kehrte Caterina ihm den Rücken zu und funkelte Botho an. »Gib den Weg frei!«
    Der junge Mann zog unwillkürlich den Kopf ein, blieb aber vor der Tür stehen. »Vater will nicht, dass du gehst.«
    »Botho, du wirst doch selbst sehen, dass dein Vater mit dieser Werbung über die Schnur haut. Noch nie haben die Eldenbergs unter ihrem Stand geheiratet, und dies wird, solange Gottes Sonne diese Welt bescheint, auch nicht geschehen.«
    »Das sehe ich anders!« Hartmann Trefflich wirkte mit einem Mal wie ein alter Kater, der noch ein wenig mit der Maus spielen will, die er eben gefangen hat. »Jungfer Caterina, die Zeiten sind nicht mehr so wie unter der Herrschaft des seligen Kaisers Otto. Heutzutage ist nicht mehr der Schwertarm des Ritters das Maß aller Dinge, sondern gemünztes Gold. Ohne Geld kann kein Edelmann Rüstung und Ross kaufen, kein Kaiser den purpurnen Mantel und die Krone, die ihn zieren. Die fetten Äbte würden in ihren Abteien schmal und mager werden, griffen ihnen nicht Männer wie ich mit frommen Spenden unter die Arme. Es wird an der Zeit, dass wir Kaufleute von Euresgleichen als ebenbürtig anerkannt werden – und wenn dies durch eine Ehe erfolgen muss.«
    »Mein lieber Rechlingen, ich kann nicht die Söhne aller Kaufleute heiraten, die wie Ihr von einer Rangerhöhung träumen.« Caterina
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