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Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall

Titel: Die Löwin aus Cinque Terre: Laura Gottbergs dritter Fall
Autoren: Felicitas Mayall
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schon für Ihre Hilfe und Aufmerksamkeit – und Izmir natürlich auch.»
    «Jaja, schon gut. Ist eine Schand, was da passiert ist. Ich … wollt mich auch amal umbringen. Ist schon lang her. Bin froh, dass ich’s nicht gemacht hab. Ist noch eine Menge gekommen, was schön war …»
    Laura nickte ihr zu, blieb noch einmal stehen.
    «Was bedeutet eigentlich das E. vor Ihrem Namen auf dem Türschild?»
    «Erich», antwortete Anna-Maria Burger. «Erich war mein Mann. Ist vor 27 Jahren gestorben. Herzinfarkt. Meine Tochter sagt immer, dass ich das Schild auswechseln soll. Aber ich mag nicht!»
    Laura lächelte, ging dann leise zur Tür. Izmir, der Hund, rührte sich nicht.

IZMIR, DACHTE Laura Gottberg, während sie die 89 Stufen zu ihrer eigenen Wohnung hinaufstieg. Sie hielt eine Papiertüte mit frischen Semmeln im Arm. Ihre Nachbarn im vierten Stock stammten aus Izmir. Familie Özmer.
    Der Handlauf des Treppengeländers fühlte sich an wie der, den sie eine Stunde zuvor gespürt hatte. Seidiges Lindenholz. Laura zog die Hand zurück und steckte ihre Nase in die Semmeltüte. Doch auch der warme köstliche Duft des Gebäcks konnte die Erschütterung nicht vertreiben, die seit dem Anblick der Toten in ihr nachklang. Unwillkürlich ging sie schneller, wollte sehen, dass ihre Tochter Sofia da war, dass sie wohlauf war.
    Als sie die Wohnungstür aufschloss, trat ihr türkischer Nachbar ins Treppenhaus, grüßte laut und so gespielt überrascht, dass Laura sich gereizt zu ihm umdrehte. Er machte das öfter, schien auf sie zu warten, als lausche er hinter der Tür auf ihre Schritte. Und er hatte immer ein Anliegen … die Aufenthaltsgenehmigung, die Steuererklärung, die illegal eingereiste Schwiegertochter, die defekte Ölheizung oder irgendwas, das er sich ausleihen wollte.
    Laura mochte die weiblichen Mitglieder seiner Familie, er hingegen ging ihr auf die Nerven. Anscheinend reihte er sie als Frau in das Dienstleistungspersonal ein, das offensichtlich seine Frau, die Töchter und die Schwiegertochter für ihn darstellten. Und obwohl sie immerhin Hauptkommissarin der Kripo war, nannte er sie beim Vornamen und duzte sie. Vermutlich lag das eher an seinen rudimentären Deutschkenntnissen und daran, dass er selbst auch stets geduzt wurde – ein Verhalten vieler Deutscher gegenüber Ausländern, das Laura verabscheute. Trotzdem hatte sie immer wieder das Gefühl, als entkleide er sie ebenfalls eines Teils ihrer Würde, wenn er wie jetzt mit diesem breiten Grinsen auf sie zukam und sagte: «Du Laura, kommen früh. Du Leiter?»
    Es war halb sieben Uhr morgens. Wie kam er auf die Idee, sie um halb sieben Uhr morgens nach einer Leiter zu fragen? So, als hätte er die ganze Nacht darauf gewartet.
    «Was?», entgegnete sie erstaunt.
    «Lampe kaputt oben!» Er lächelte breit, wies mit einer Hand zur Decke, rieb mit der andern seine Glatze, und Laura fiel wieder einmal auf, dass er sehr große Hände hatte. Sie starrte auf diese Hände, und ihr fiel plötzlich ein, was seine Frau Safira gesagt hatte, als Lauras Ehemann Ronald vor drei Jahren auszog. «Vielleicht besser. Dann Ruhe in der Nacht. Endlich schlafen!» Laura hatte erst nicht begriffen, was Safira meinte. War dann ganz verwirrt gewesen ob dieser Offenheit einer türkischen Frau gegenüber ihrer deutschen Nachbarin. Safira sagte schließlich etwas über ihr eigenes Leben, über ihre eigenen Nächte aus.
    «Du Leiter!» Es war mehr eine Aufforderung denn eine Frage, die sie aus ihren Gedanken riss.
    «Später!», antwortete Laura. «Ich stell die Leiter vor Ihre Tür!» Sie schlüpfte in ihre Wohnung, schloss die Tür genau vor seiner Nase. Wartete eine Minute, doch er wagte nicht zu klingeln. Laura hörte, wie er in seine eigene Wohnung zurückkehrte, die Tür leise ins Schloss fallen ließ, schreckte zusammen, als ihr Sohn Luca unerwartet hinter ihr stand und ihr ins Ohr flüsterte: «Laura Säge! Laura Zucker! Laura alles Scheiße!» Er brach in schallendes Gelächter aus. «Was wollte er denn diesmal, Mama?»
    Laura musste nun ebenfalls lachen. «Eine Leiter wollte er! Wieso bist du denn schon auf, Luca?»
    «Könnte ich dich auch fragen … Aber schön, dass du Semmeln mitgebracht hast!» Luca gähnte und reckte sich. Er trug nur ein T-Shirt und Boxershorts. «War’s schlimm?» Er knipste das Licht im Flur an und betrachtete seine Mutter forschend.
    «Ja», murmelte Laura. «War schlimm. Also, warum stehst du so früh auf?»
    «Muss noch ’n bisschen Physik
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