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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft
Autoren: Ephraim Kishon
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der folgenden Vollversammlung herrschte gespannte Stimmung. In den ersten Reihen saßen die Funktionäre, dahinter die übrigen männlichen Kibbuzmitglieder. Die weiblichen saßen an den Wänden und strickten warme Pullover. Die Kinder standen an den Fenstern und gingen trotz wiederholter Strafandrohungen nicht schlafen.
    »Genossen«, begann der Kibbuzsekretär. »Wir stehen vor einem völlig neuen Problem. Wir alle kennen und lieben unseren Ricki. Er ist ein alter Kibbuznik und ein guter Arbeiter. Deshalb schlage ich vor, dass wir die Hälfte des Brautpreises bezahlen und ihm für die andere Hälfte einen in zwanzig Jahren rückzahlbaren Kredit geben.«
    »Ich brauche keine Gefälligkeiten von euch«, schrie Ricki der Verrückte aufgebracht. »Heiraten ist eine biologische Notwendigkeit. Ihr könnt mich also, wenn ihr wollt, krank schreiben lassen und die 4400 Pfund für meine Heilung bewilligen.«
    Der Vorsitzende wollte wissen, von welchem Budget man eigentlich die 200 Pfund nehmen wollte?
    »Von unserem Erziehungsbudget«, schlug ein friedfertiger Kibbuznik vor, aber der Protest war einhellig.
    »Was fällt dir überhaupt ein? Sollen unsere Kinder darunter leiden, dass Ricki verrückt ist?«
    »Und was ist mit meinen Kindern?«, brüllte Ricki. »Haben sie kein Recht, geboren zu werden?!«
    »Wir müssen eine Lösung finden.« Der Sekretär bat um Ruhe. »Missversteh mich nicht, Ricki, vielleicht könnten wir das Geld aus dem Viehbestandsbudget freimachen. Wir haben nämlich, unterbrich mich nicht, Ricki, wir wollten nämlich gerade eine Kuh kaufen.«
    »Mörder!«, klang es im Chor der entfesselten Mütter. »Du spielst mit dem Leben unserer Kinder! Milch für unsere Kleinen! Milch! Milch! Milch!«
    Die Diskussion eskalierte. Ricki der Verrückte bat ums Schlusswort. Bis morgen Mittag, so sagte er mit zitternder Stimme, hätte das Geld zur Stelle zu sein, auch wenn man zu diesem Zweck einige Kibbuzmädchen verkaufen müsste. Wenn nicht, würde es dem ganzen Kibbuz noch sehr, sehr leid tun.
    In die Stille meldete sich abermals Schimon, mein langweiliger Cousin. Wie wäre es mit einem »Heiratsfonds«, in den künftig jeder Junggeselle zwischen fünf und zwanzig und fünfzig Pfund pro Braut einzuzahlen hätte, je nach Gewicht und anderen besonderen Merkmalen? Erlöst schloss der Vorsitzende die Versammlung. »Genossen«, sagte er, »das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag. Ich möchte nur noch unseren Junggesellen raten, ihre Bräute möglichst unter den Kibbuzmädchen zu wählen. Oder wenn es schon unbedingt eine Braut von auswärts sein muss, dann wenigstens keine überbezahlte Schlampe.«

Herkules und die sieben Kätzchen
    Wenn Tante Ilka mit einem Korb in der Hand auf der Schwelle unseres Hauses erscheint, muss man sich auf etwas gefasst machen. Und da hatte sie uns auch schon an ihren Busen gedrückt.
    »Ihr meine lieben, lieben Kinder!«, sagte sie mit vor Rührung halb erstickter Stimme. »Wie lieb von euch, an meinen Geburtstag zu denken! So einen süßen Brief habt ihr mir geschrieben! Ihr seid schrecklich lieb zu eurer alten Tante!«
    Wir wussten nicht, was wir sagen sollten. Ich meinerseits war ganz sicher, in der letzten Zeit keinen Brief geschrieben zu haben, geschweige denn einen süßen, und die ratlosen Blicke der besten Ehefrau von allen gaben mir zu verstehen, dass es sich bei ihr nicht anders verhielt.
    »Schon gut, Tante«, murmelten wir einigermaßen verlegen. »Es ist nicht der Rede wert.«
    Aber Tante Ilka blieb weich. »Nein, nein, nein. Ihr habt mich so glücklich gemacht, dass ich mich unbedingt erkenntlich zeigen muss.«
    »Keine Ursache, Tante. Wirklich keine Ursache.«
    »Natürlich kann sich eine alte, alleinstehende Frau wie ich keine kostbaren Geschenke leisten. Aber das hier wird euch sicherlich freuen.«
    Und Tante Ilka zog aus ihrem Korb ein kleines, flaumiges Etwas hervor.
    Eine junge Katze.
    Wir standen da wie Lots Weib im Augenblick ihrer Salzwerdung. Eine Tafel Schokolade in Geschenkpackung – schön. Auch ein Erinnerungsalbum »Sadat in Jerusalem« hätten wir hingenommen. Aber eine Katze? Wer braucht Katzen? Wir hatten nicht die Absicht, einen Zoo einzurichten, und kein Bedürfnis nach einem noch so herzigen Kätzchen.
    »Nein, Tante Ilka«, sagte ich mit aller mir zu Gebote stehenden Entschiedenheit. »Wir können dieses Geschenk nicht annehmen. Es ist zu wertvoll.«
    Nichts half. Tante Ilka bestand auf ihrem Opfer. Sie hatte sich vorgenommen, uns eine Freude zu machen
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