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Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum

Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum

Titel: Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum
Autoren: R. A. Salvatore
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Kein schlimmerer Ort
    Lautlos wie eine Eule auf Beutejagd, die im Zwielicht durch einen Wald schwebt, schlich Entreri durch die Schatten von Calimhafen. Hier war seine Heimat. Es war der Ort, an dem er sich am besten auskannte, und für die Angehörigen der Unterwelt war es ein denkwürdiger Tag, dass sich Artemis Entreri wieder unter ihnen — oder hinter ihnen bewegte.
    Entreri konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, wann immer er das Getuschel hinter seinem Rücken hörte, mit dem die älteren Gauner den Neulingen berichteten, dass der König zurückgekehrt sei. Trotz seines legendären Rufes jedoch — gleichgültig, wie berechtigt er war —, legte Entreri niemals die ständige Achtsamkeit ab, die ihn die ganzen Jahre lang vor dem Tod bewahrt hatte. In den Straßen war ein Mann von seinem Ruf lediglich eine Zielscheibe für ehrgeizige Mittelmäßige, die nach diesem Ruf strebten.
    Abgesehen von seinen Pflichten Pascha Pook gegenüber bestand Entreris erste Maßnahme in der Stadt darin, das Netzwerk von Informanten und Mitarbeitern wieder aufzubauen, das seine Stellung festigte. Für einen hatte er bereits einen wichtigen Auftrag. In Anbetracht der Tatsache, dass Drizzt und seine Freunde in Kürze eintreffen würden, brauchte er einen Helfer, und er wusste auch schon, wen er damit betrauen sollte.
    »Ich habe schon gehört, dass du wieder da bist«, quietschte der zwergenwüchsige Bursche, als Entreri in seine Wohnung trat. Er sah aus wie ein menschlicher Junge, der noch nicht ins Jugendalter gekommen ist. »Vermutlich wissen es inzwischen die meisten.«
    Entreri nahm das Kompliment mit einem Nicken entgegen. »Was hat sich hier geändert, mein Halblingfreund?«
    »Wenig«, erwiderte Dondon, »und viel.« Er ging zu dem Tisch, der in der dunkelsten Ecke seiner kleinen Unterkunft stand. Es war ein Nebenraum, in dem billigen Gasthaus zur Gewundenen Schlange, der zur Straßenseite lag. »Die Spielregeln in den Straßen ändern sich kaum, aber die Spieler.« Dondon sah von der Lampe auf, die auf dem Tisch stand, um Entreris Blick aufzufangen.
    »Schließlich war Artemis Entreri verschwunden«, erklärte der Halbling, da er sicherstellen wollte, dass der Meuchelmörder seine Bemerkung richtig verstand. »Der Königsthron war nicht besetzt.«
    Entreri nickte zustimmend, worauf sich der Halbling entspannte und hörbar seufzte.
    »Pook kontrolliert weiterhin die Händler und die Docks«, sagte Entreri. »Aber wem gehören die Straßen?«
    »Auch immer noch Pook«, antwortete Dondon, »zumindest dem Namen nach. Aber er hat an deiner Statt einen anderen Agenten gefunden. Eine ganze Horde von Agenten.« Dondon hielt einen Augenblick inne, um nachzudenken. Wieder musste er sorgfältig jedes Wort abwägen, bevor er es aussprach. »Vielleicht wäre es korrekter, wenn ich sage, dass Pascha Pook die Straßen nicht mehr kontrolliert, sondern sie kontrollieren läßt.«
    Ohne weiterfragen zu müssen, wusste Entreri, worauf der Halbling anspielte. »Rassiter«, stellte er grimmig fest.
    »Über ihn und seine Männer gibt es einiges zu erzählen.« Dondon kicherte und versuchte erneut, die Lampe anzuzünden.
    »Pook läßt die Werratten an der langen Leine laufen, und die Grobiane auf der Straße achten darauf, der Gilde aus dem Weg zu gehen«, beschrieb Entreri seinen ersten Eindruck von seiner Heimatstadt.
    »Rassiter und seine Art spielen hart.«
    »Und sie werden tief fallen.«
    Bei Entreris eisigem Ton wandte Dondon die Augen von der Lampe ab und sah ihn an, und zum ersten Mal erkannte der Halbling den alten Artemis Entreri wieder, den Straßenkämpfer, der sein Schattenreich aufgebaut hatte, indem er eine Gasse nach der anderen eroberte. Unwillkürlich lief ihm ein Schauder den Rücken hinunter, und er trat nervös von einem Fuß auf den anderen.
    Entreri sah die Wirkung seiner Worte, und wechselte schnell das Thema. »Genug davon«, sagte er. »Das soll nicht deine Sorge sein, Kleiner. Ich habe einen Auftrag für dich, der besser zu deinen Begabungen paßt.«
    Dondon schaffte es endlich, den Docht der Lampe anzuzünden, und zog einen Stuhl herbei. Er war eifrig bemüht, seinen alten Meister zu erfreuen.
    Sie unterhielten sich länger als eine Stunde, bis der trübe Schein der Lampe der einzige Schutz vor der beharrlichen Schwärze der Nacht war. Schließlich verabschiedete sich Entreri und stieg durch das Fenster zur Gasse hinaus. Er glaubte zwar nicht, dass Rassiter so dumm war, ihn anzugreifen, bevor er den
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