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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft
Autoren: Ephraim Kishon
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du nicht sagst.«
    »Sie war im Prinzip einverstanden und ließ mich zum ersten Mal in ihre Wohnung ein. Eine kultivierte Wohnung, voll von kultivierter Atmosphäre. Wir lasen Lyrik. Als sie zu Bett ging, durfte ich die Kerze halten. Das Wachs tropfte auf meine Finger und ich fühlte mich im Himmel. Dann kam der Jugoslawe. Er hatte die Türschlüssel. Sie schlossen mich in die Speisekammer ein. Ich begann zu trinken. Whisky, Rum, Sodawasser, Himbeersaft, alles, was ich dort fand. Aber es half nichts. Ich konnte nicht leben ohne sie, ohne ihre Stimme zu hören, ohne die vibrierende Ausstrahlung ihrer Persönlichkeit zu spüren. Ich bat sie, mich unter ihrem Bett schlafen zu lassen. Sie lehnte ab. Ich sprang aus dem Fenster.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Ich hatte sterben wollen, aber ich brach mir nur das Bein. Drei Monate lag ich im Gipsverband und lernte Serbokroatisch. Alle zehn Minuten rief ich sie an, bis sie den Stecker herauszog. Ich verfiel immer mehr. Aus dem Spiegel glotzte mir das Wrack meines Schattens entgegen. Eines Tages ertrug ich es nicht länger, schwindelte mich im Pyjama aus dem Krankenhaus und schleppte mich zu ihr. Sie öffnete die Tür – und seither habe ich jedes Interesse an ihr verloren. Der Jugoslawe kann sie haben.«
    »Was ist geschehen?«
    »Sie ist dick geworden.«

Brautkauf im Kibbuz
    Mein langweiliger Cousin Schimon konnte sich vor Freude über meine Ankunft nicht fassen, als ich ihn damals im Kibbuz besuchte. Er war gerade an diesem Tag in ein neues Zimmer übersiedelt, sein kleiner Junge lag mit Masern im Bett, seine Frau spielte Hebamme bei einer widerstrebenden Kuh und er selbst musste dringend in den Speisesaal, wo eine Vollversammlung über den Fall eines Kibbuzmitgliedes beraten sollte. Dieses Mitglied hörte auf den Namen »Ricki der Verrückte« und verlangte aus der Kibbuzkasse schon seit Wochen eine Summe von 4400 Pfund.
    »Wozu braucht ein Kibbuznik Geld?«, fragte ich meinen Cousin, während ich hinter ihm zum Speisesaal rannte. Schimon, der Schatzmeister des Kibbuz war, antwortete: »Er will eine Frau kaufen.«
    Vor einiger Zeit war nämlich Ricki der Verrückte mit der Funktion eines »Einkäufers« betraut worden, hatte in einer von Jemeniten bewohnten Nachbarsiedlung zu tun gehabt und sich dort Hals über Kopf in ein jemenitisches Mädchen namens Chefzibah verliebt. Dass Rickis Familienname Kraus war und Chefzibas Familienname Habifel, störte ihn nicht.
    Papa Habifel erteilte sofort seine Zustimmung. Mehr als das, wegen der Jugendlichkeit des Bräutigams verlangte er für seine Tochter nur 4400 Pfund in bar.
    Herrn Habifels Forderung verblüffte Ricki, aber der alte Mann erklärte ihm mit patriarchalischer Geduld, dass er als Vater Anspruch darauf hätte, die in seine Tochter investierten Spesen zurückzubekommen. Rikki der Verrückte musste einsehen, dass es sich hier um eine uralte, unabänderliche jüdische Sitte handle.
    Was tut ein normaler Stadtbewohner unter solchen Umständen? Er nimmt ein Darlehen bei einer Bank auf, verkauft den Familienschmuck seiner Großmutter, veruntreut Firmengelder oder macht Überstunden. Ein Kibbuznik hat aber keine Großmutter mit Familienschmuck, keine Bank und keine Firmenkasse. Er hat nichts zu verkaufen, außer seinem reinen Gewissen, und dafür bekäme er höchstens fünfzig bis sechzig Pfund. Er kann also nur von der Kibbuzverwaltung das Geld zum Kauf einer Gattin verlangen.
    Die Kibbuzverwaltung lehnte den Wunsch Rickis des Verrückten nach kurzer Debatte ab, und zwar aus drei Gründen: 1. Man kauft keine Frau für bares Geld. 2. Wir leben nicht mehr in der Steinzeit. 3. Hat man so etwas je gehört?
    Das Sekretariat bot jedoch an, mit dem alten Herrn Habifel zu verhandeln. Und so begaben sich der Kibbuzsekretär und die Vorsitzende des Sozialausschusses in die jemenitische Nachbarsiedlung. Nach zwei Tagen kamen sie zurück und berichteten der Vollversammlung, dass schließlich und endlich, bei nüchterner Betrachtung der jemenitischen Lebensformen, dass also, kurz und gut und im Grunde, gegen die Forderung von Herrn Habifel nichts einzuwenden sei. 4400 Pfund sei aber ein exorbitant hoher Preis, den man unmöglich zahlen könne. Für 400 Pfund bekäme man ja schon eine Kuh oder eine Dieselpumpe.
    Ricki der Verrückte schlug Krach, dass die Wände zitterten. Er verwahrte sich dagegen, dass man seine Chefzibah mit einer Kuh vergliche und verlangte auf der Stelle das Geld, sonst würde er sofort aus dem Kibbuz austreten.
    In
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