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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen
Autoren: Wolf Serno
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Welt, den er noch habe. Nun, ich sagte ihm, dass ich ihn dann einem Sheriff übergeben würde, denn es wäre mir egal, wo er für seine schauderhafte Tat büßen müsste, aber er wollte um jeden Preis nach Dursley in Gloucestershire, weil er dort geboren sei und dort sterben wolle. Deshalb habe ich ihn dahin gebracht und dem Sheriff übergeben. Hartford hat in meiner Anwesenheit ein Geständnis seiner Schandtat abgelegt und einen weiteren Mord zugegeben. Irgendeine Eifersuchtsgeschichte in seiner Jugend. Der Scharfrichter dürfte ihn mittlerweile einen Kopf kürzer gemacht haben.«
    »Ich danke Euch, Catfield. Ich kann es noch gar nicht fassen. Hartford ein hinterhältiger Mörder? Aber wenn Ihr es sagt, wird es so sein. Ich hätte mir den Spitzbuben gern selbst vorgenommen, aber so ist es auch gut.«
    »Sehr wohl, Mylord.« Catfield verneigte sich und verließ den Raum. Vitus und Nina waren wieder allein.
    Eine Weile verging, während Vitus die Hand seiner Frau weiter streichelte. Dann sagte er: »Eines ist mir noch nicht klar, wieso hat Nella Hartford nicht getraut?«
    »Sie sagte mir, sie habe eines Nachts etwas gehört. Aus dem Spanischen Zimmer seien so komische Laute gekommen.« Trotz des ernsten Hintergrunds musste Nina lächeln. »Es waren wohl Laute, die sie aus unserem Schlafzimmer kannte. Jedenfalls hatte sie das Gefühl, dass da etwas Unschickliches, etwas Verbotenes passierte. Sie nannte Hartford einen ›fiesen Schomser‹ und erzählte mir, ihr ›Altlatz‹ hätte nicht nur ihm, sondern ebenso wenig Isabella über den Weg getraut. Alles in allem war das der Grund, warum sie mir und Hartford hinterherritt – und mir letztlich das Leben rettete.«
    »Sie ist eine bemerkenswerte kleine Person. Ich bin froh, dass sie zur Familie gehört.«
    »Ich auch.« Nina entzog Vitus ihre Hand. »Was Isabella angeht, so weiß ich, dass sie eine Diebin ist.«
    »Eine Diebin?« Er heuchelte Erstaunen. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Sie hat mir den Wappenring der Collincourts gestohlen, den Ring, den schon deine Mutter trug. An dem Morgen, als du gingst, hielt ich mich im Ankleidezimmer auf, und der Ring lag auf der kleinen Schubladentruhe vor dem Spiegel. Ich bin ganz sicher, dass er dort lag, denn dort liegt er immer, wenn ich ihn nicht trage. Dann verließ ich das Zimmer für einen Augenblick, um hinüber in den Kleinen Salon zu gehen und nach Jean zu schauen. Sofort danach kehrte ich zurück und sah Isabella, wie sie das Ankleidezimmer verließ. Sie lachte und sagte, sie habe mich gesucht. Ich dachte mir nichts dabei, nur später, als ich bemerkte, dass der Ring fort war und Isabella auch, wusste ich, was sie wirklich gewollt hatte.«
    Vitus wurde der Mund trocken. Er musste an die Situation denken, als er nichtsahnend seine Kammer auf der
Camborne
betrat und Isabella dort schon auf ihn wartete – in der Rolle seiner Frau, ausgestattet mit ihrem Ring.
    »Danach war Isabella verschwunden. Sie war fort, als sei sie niemals Gast im Schloss gewesen. Sie hat mich grausam enttäuscht, nachdem ich anfangs so große Stücke auf sie hielt. So vertrauensselig werde ich nie wieder sein! Der Tag, an dem sie für immer verschwand, war übrigens derselbe, an dem du gingst. Das ist doch seltsam, findest du nicht auch?«
    »Gewiss, gewiss.«
    »Wahrscheinlich war es nur ein Zufall?«
    Er schwieg.
    »Sag, dass es nur ein Zufall war.«
    Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Er wollte über seinen Fehltritt sprechen, aber es war ihm unmöglich. Noch nicht. Nicht jetzt. Nina war krank und nicht stark genug, die Wahrheit zu ertragen. Es würde besser sein, zu warten. »Es gibt viele Zufälle im Leben«, murmelte er unbestimmt und schämte sich dafür. »Berichte weiter, Liebste.«
    »Da gibt es nicht mehr viel zu berichten, Hartfords tückischen Anschlag auf mich kennst du ja bereits. Allerdings habe ich mich immer wieder gefragt, warum die Diebin mit ihm schlief, denn dass sie das nicht aus Liebe tat, steht außer Zweifel. Sie könnte ihn angestiftet haben, mich zu ermorden, aber wozu? Was hätte sie davon gehabt? Ich weiß es nicht. Ich bin sicher, Hartford würde es wissen, aber er kann nicht mehr sprechen, nachdem er sein jämmerliches Leben ausgehaucht hat.«
    »Sicher, sicher«, krächzte er. »Es ist Zeit, dein krankes Auge zu versorgen und nach dem Arm zu sehen. Warte, ich hole die Arzneien aus der Kiepe.«
    Hastig stand er auf und spürte dabei Ninas Ring in seiner Tasche, und es war ihm, als sei er ein
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