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Die letzten Tage

Die letzten Tage

Titel: Die letzten Tage
Autoren: Dana Kilborne
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geschafft, Grazia. Ich glaube, wir sind am Ziel!“
    Hand in Hand gingen sie zu der Truhe. Grazia wusste nicht warum, aber mit jedem Schritt klopfte ihr Herz heftiger. Was immer es auch genau sein mochte, das in dieser Höhle aufbewahrt wurde, es war sehr alt und sehr mächtig. Sie konnte die Energie, die von diesem Etwas ausging, deutlich spüren.
    Beinahe zärtlich strich Zack über den Deckel der Truhe, dann machte er sich daran, sie zu öffnen.
    In diesem Moment trat eine Person aus den Schatten jenseits des Flammenscheins.
    „Alle Achtung, Bassani“, sagte der Mann und klatschte in die Hände. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass Sie tatsächlich so weit kommen würden.“
    Er trat in den hell erleuchteten Ring aus Feuer, sodass man jetzt deutlich sein Gesicht erkennen konnte.
    „Nein“, stieß Grazia erschüttert aus. „Nein, das kann nicht sein!“
    „Vielen Dank, dass ihr mich hergeführt habt.“ Das Lächeln von Commissario Tozzi hätte falscher kaum wirken können. Aber vielleicht, so überlegte Grazia, rührte dieser Eindruck auch nur daher, dass sich das Gesicht ihres Vorgesetzten bereits zur Hälfte in die abstoßende Fratze eines Werwolfs verwandelt hatte.
    Angewidert starrte sie ihn an. „Was wollen Sie?“
    „Wusste ich es doch, dass es eine hervorragende Idee von mir war, den guten alten Silvio im Auge zu behalten. Überhaupt muss ich mich loben: Mein Plan ist bis ins Detail aufgegangen, aber dass ich dir das dritte Mordopfer praktisch vor die Füße gelegt habe, betrachte ich als meinen Meistercoup, oder wie siehst du das, Bassani? Es hat dich nur noch mehr angespornt, dem Geheimnis auf den Grund zu gehen, oder? Und dass ich dir geholfen habe, als du plötzlich ins Visier der Ermittlungen geraten bist, war doch Ehrensache. Wie hättest du mir schließlich weiter von Nutzen sein sollen, wenn du in Untersuchungshaft sitzt?“ In einer Geste, die Versöhnlichkeit demonstrieren sollte, breitete er die Arme aus. Doch angesichts seiner riesigen Pranken und messerscharfen Klauen wirkte sie wenig vertrauenerweckend.
    „Bitte, euch muss nichts passieren, Kinder“, sagte er, und Grazia fand, dass er klang wie einer dieser Prediger aus dem Fernsehen, die einem alles versprachen, solange man nur dafür bezahlte. „Du und dein Freund, der verstoßene Angelus, habt von mir nichts zu befürchten, Bassani. Alles, was ich will, ist diese Truhe dort hinten. Händigt sie mir aus, und ihr könnt beide gehen.“
    „Du weißt also, wer ich bin“, stellte Zack nüchtern fest. „Nun, wenn das so ist, dann dürfte dir auch klar sein, dass ich auf deine Bedingung auf keinen Fall eingehen werde!“
    Tozzi lachte, doch es klang überhaupt nicht menschlich. „Warum solche Skrupel, mein Freund?“, fragte er. „Haben die Angeli dir gegenüber auch nur eine Spur von Erbarmen gezeigt, als sie dich aus dem Elysium verstießen? Und die Menschen? Ja, du siehst, ich verfüge über wirklich gute Quellen. Ich weiß von dir und dem menschlichen Mädchen.“ Er kniff die Augen zusammen. „Warum also willst du dein Leben für diese Leute riskieren? Glaub mir, sie sind heute nicht anders als vor vierhundert Jahren!“
    Zack murmelte ein paar unverständliche Worte, und wie aus dem Nichts materialisierte sich sein Schwert. Es leuchtete hell, so als sei es in Mondlicht getaucht.
    „Da du mich ja so gut zu kennen scheinst“, erwiderte er gefährlich leise, „wirst du wohl auch wissen, dass diese Klinge mit reinem Silber überzogen ist.“
    Fast schon ein wenig betrübt schüttelte der Dämon den Kopf. „Du solltest dich nicht gegen mich stellen, mein Freund. Wir sind uns sehr viel ähnlicher, als du denkst! Auch ich habe einst eine menschliche Frau geliebt.“ Sein Seufzen klang wie ein kehliges Knurren. „Ihr Name war Carmelita, sie lebte in einem kleinen Bergdorf in den Dolomiten. Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen habe, und ich war ihr vom ersten Augenblick an verfallen. Doch die Leute aus ihrem Dorf kamen dahinter, was ich war, und stellten uns nach. Ich kam mit knapper Not davon, aber Carmelita starb.“ Seine Wolfsfratze hatte sich in eine Maske des Hasses verwandelt. „Deshalb habe ich meine Seele endgültig den Mächten der Finsternis verkauft. Ich wollte es ihnen heimzahlen, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und als mir schließlich die Gelegenheit geboten wurde, brauchte ich nicht lange zu überlegen. Aber leider gestaltete sich die ganze Angelegenheit etwas komplizierter als erwartet.
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