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Die letzten Tage

Die letzten Tage

Titel: Die letzten Tage
Autoren: Dana Kilborne
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trauen konnte? Vielleicht hatte er sie ja auch nur angerufen, um sie in eine Falle zu locken!
    Auf einmal legte sich von hinten eine Hand auf ihre Schulter. Panisch schrie sie auf und wirbelte herum, bereit, es mit jedem Angreifer aufzunehmen oder sich zumindest ihr Möglichstes zu versuchen – doch es war nur Silvio.
    Sie atmete auf. „Du hast mich fast zu Tode erschreckt!“, raunte sie ihm vorwurfsvoll zu. „Musst du dich so anschleichen?“
    Er zuckte mit den Achseln. „Ich kann es mir nicht erlauben, mit dir gesehen zu werden. Vielleicht ist es dir ja nicht klar, aber ich riskiere hier meinen Job für dich. Wenn Tozzi herausfindet, dass ich dir geholfen habe, lässt er mich garantiert vierteilen!“
    Zwar glaubte Grazia nicht, dass Silvio von der Seite des Commissarios irgendetwas zu befürchten hatte, doch das sagte sie ihm nicht. Tozzi hatte sich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt, um ihr zu helfen. Das Mindeste, was er dafür verdiente, war ihre Verschwiegenheit.
    „Tut mir leid“, lenkte sie ein. „Ich bin einfach ganz schön mit den Nerven am Ende, aber das sollte ich wirklich nicht an dir auslassen. Immerhin bist du so ziemlich der einzige Mensch, der im Moment noch zu mir hält.“
    Silvio grinste schief. „Schwamm drüber, ich kann dir ja sowieso nicht lange böse sein. Und jetzt komm, wir müssen los!“
    Grazia ging in Richtung der Aufzüge, doch Silvio hielt sie zurück.
    „Warte“, sagte er. „Bevor wir uns in die Höhle des Löwen wagen, sollten wir noch ein paar Vorkehrungen treffen.“ Mit einem knappen Kopfnicken deutete er zu einer roten Stahltür mit der Aufschrift Nur für Mitarbeiter . „Die führt zum Maschinenraum für die Aufzüge, da drin wird uns niemand stören. Ich hab nämlich ein paar Klamotten und eine Perücke für dich besorgt, damit wird dich garantiert niemand erkennen.“
    Erleichtert erkannte Grazia, dass er wirklich an alles gedacht hatte. Sie trat durch die Stahltür, die er für sie aufhielt, und marschierte einen kurzen Korridor hinunter, bis sie zu einer weiteren Tür gelangte. Dahinter lag ein kleiner, nur von einer einzelnen flackernden Neonröhre beleuchteter Raum, der vollgestopft war mit technischen Anlagen, Kabeln, Schläuchen und Rohren.
    Doch etwas störte sie. Wo waren die Sachen, von denen Silvio gesprochen hatte?
    Sie drehte sich um, um ihn danach zu fragen. Dabei sah sie, dass er die Tür von innen verriegelte.
    Argwöhnisch runzelte sie die Stirn. Irgendetwas stimmte hier nicht! Die feinen Härchen auf ihrem Arm richteten sich auf.
    „Was machst du denn da?“, verlangte sie zu wissen.
    Erhielt jedoch keine Antwort.
    Als Silvio sich zu ihr wandte, lächelte er. Grazia gefror das Blut in den Adern. Da war etwas mit seinen Augen – sie … veränderten sich!
    Eben noch strahlend blau, waren sie nun von einem seltsamen Gelbbraun. Und mit vor Entsetzen angehaltenem Atem schaute Grazia dabei zu, wie sich als Nächstes Silvios Gesicht zu verformen begann. Der Kiefer streckte sich und verwandelte Nase und Mund in eine längliche Schnauze mit Furcht erregenden Reißzähnen, die im Licht der Neonröhre schimmerten. Seine Schultern wurden breiter, massiger – und als der Stoff seines T-Shirts aufplatzte, quoll ein zotteliges, schwarzbraunes Fell darunter hervor.
    Nach nicht einmal einer Minute war die Verwandlung abgeschlossen. Vor der vor Schreck erstarrten Grazia stand nun nicht mehr Silvio, sondern ein Wesen, das direkt einem Horrorfilm zu entstammen schien.
    Mit einem erstickten Aufschrei wirbelte sie herum, rannte zur Tür und zerrte am Griff, obwohl sie wusste, dass es zwecklos war. Der Werwolf hinter ihr lachte heiser. Er wusste ebenso gut wie sie: Es gab kein Entkommen.
    Sie saß in der Falle.

11. KAPITEL
    Etwa zur gleichen Zeit trat Zack aus dem Krankenhausaufzug und ging mit raschen Schritten den Korridor hinunter. Er hatte vor, nach Patrizia Corellis Zimmernummer zu fragen, doch als er am Fernsehraum vorbeikam, blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen.
    Obwohl er Grazias Mitbewohnerin nur ein einziges Mal ganz kurz gesehen hatte, erkannte er sie sofort wieder. Das auffällige rote Haar, das herzförmige Gesicht mit den Sommersprossen … Es konnte kein Zweifel bestehen, dass die junge Frau, die gerade mit einer anderen Patientin über eine lustige Filmszene lachte, niemand anderes als Patrizia war.
    Keineswegs machte sie den Eindruck eines medizinischen Notfalls.
    Eilig kehrte Zack zu den Fahrstühlen zurück. Sein Gefühl hatte ihn also
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