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Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Titel: Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
Autoren: Katharina Höftmann
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sagte er mehr zu sich selbst als zu Anat neben ihm.
    Sie reagierte trotzdem. »Wir sind Patrioten. Zionisten sind nur die Neuankömmlinge. Die Olim. Diejenigen, die hier in der Schule hinter uns Hebräisch lernen und erste Erfahrungen in ihrem neuen Heimatland sammeln.«
    »Aber Olim sind ja nur die Juden. Kann man auch Zionist sein, ohne jüdisch zu sein?«
    »Nein. Dann hat man andere Gründe, warum man herkommt. Ein israelischer Mann, vielleicht ein besseres Leben. Wobei das Letztere nicht unbedingt mit dem Ersten zu tun haben muss.« Anat lächelte.
    Assaf schaute in ihre eisblauen Augen und war auf einmalunendlich erleichtert, dass sie ihm nicht mehr böse zu sein schien. Übermütig wagte er einen weiteren Versuch, ihr näherzukommen. »Kann ich dich mit einem Drink nach der Arbeit für das Chaos heute entschädigen?«
    Ihr Gesicht verzog sich wieder, und, die hohe Stirn in tiefe Falten gelegt, antwortete sie: »Assaf, don’t shit where you are eating.«
    Er schaute ihr noch verdutzt nach, als Anat schon längst mit dem Auto davongerast war. Yossi kam aus der Sprachschule und schlug vor, der Putzfrau einen Besuch abzustatten und herauszufinden, wo und mit wem sie Marina Koslovsky das letzte Mal gesehen hatte.
    »Wo wohnt die denn?«, fragte Assaf.
    »HaTikwa. Warst du da schon einmal?«
    »Nee. Das ist noch hinter dem Busbahnhof, richtig?«
    »Genau.«
    Schon seltsam, dachte Assaf auf dem Weg zum Auto. Eben noch hatte er an die Hoffnung gedacht, HaTikwa. Genauso hieß auch die israelische Hymne. Und nun fuhren sie in den Stadtteil namens Hoffnung. Wenn das kein Zeichen war.
    Yossi gab den Pin für die Wegfahrsperre ein und ließ den Motor einen Moment laufen, bevor er Gas gab und den Wagen langsam vom Bürgersteig herunterlenkte. Haim Moshe beschallte sie wieder mit seinen Träumen von Liebe und Leidenschaft. Assaf drehte die Musik etwas leiser. »Yossi, wohnst du schon lange in Tel Aviv?«
    »Schon lange? Mein ganzes Leben. Ich bin hier geboren. In der Bograshov.«
    »Ach, da wohne ich ganz in der Nähe.«
    »Ja, aber mittlerweile haben wir eine Wohnung in Givataim. Im Zentrum zu wohnen kann man sich mit drei Kindern nicht leisten. Meine Frau ist wieder schwanger.«
    »Oh. Glückwunsch! Und wisst ihr schon, was es wird?«
    »Ja. Ein Junge. Der zweite. Bei uns in der Gegend gibt es alles, was man zum Leben benötigt. Kindergärten, Schulen, Supermärkte. Ins Stadtzentrum braucht man knapp zwanzig Minuten. Wenn man nicht gerade zur Rushhour fährt. Und der Kanjon Givataim, die große Shopping Mall, liegt auch direkt vor der Tür. Das ist besonders für meine Älteste wichtig, fast jeden Tag geht sie dort mit ihren Freundinnen hin. Dabei kaufen die nicht einmal was ...«
    Assaf lachte. »Ach, das haben wir doch auch so gemacht. Ich weiß noch, als ich meinen Führerschein bekommen habe, ging es immer hin und her. Kanjon Haifa und zurück.«
    »Du kommst aus Haifa?«
    »Tirat Karmel, ganz in der Nähe.«
    »Aus Tirat? Mein Großcousin Udi wohnt da.«
    »Udi wie weiter?«
    »Hag, wie ich. Der hat dort einen Kiosk.«
    »Walla, was du nicht sagst. Das ist dein Großcousin. Kenn ich!«
    Yossi lachte.
    Sie fuhren am Levinsky-Park vorbei. Auch um diese Zeit, in der die meisten Leute arbeiteten – es war jetzt so gegen halb zwölf –, saßen dort einige Leute und sonnten sich auf dem Rasen. Die meisten waren Immigranten. Hier im Südosten hatte die Stadt ein finsteres Gesicht: dreckig, verkommen, und es gab kaum sanierte Häuser. Sie passierten den Busbahnhof. Vor dem Haupteingang lungerte das Wachpersonal an den Sicherheitsschleusen. Auf der gegenüberliegendenSeite stand ein Grüppchen Afrikaner. Wahrscheinlich machten sie irgendwelche krummen Geschäfte, denn als einer von ihnen den Polizeiwagen entdeckte, zerstreuten sie sich in Sekundenschnelle. Yossi fuhr auf die rechte Spur, und sie überquerten die große Brücke, die sie nach HaTikwa führte. An den Häuserwänden hing frisch gewaschene Wäsche und verdreckte direkt wieder vom Staub und Smog der Straße. Assaf hasste diesen Anblick. Er erinnerte ihn an Gaza. Es sah hier nicht aus wie in einem modernen westlichen Land, für das er Israel gerne hielt.
    Yossi schien sich daran nicht zu stören. »So. Mal schauen. Wir müssen hier in eine der kleinen Straßen.«
    »Ziemlich abgewracktes Viertel«, stellte Assaf fest.
    »Na, als Putzfrau verdient man bestimmt nicht besonders«, vermutete Yossi.
    »Mich wundert es sowieso, dass die in der Schule eine israelische
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