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Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)

Titel: Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
Autoren: Katharina Höftmann
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Lied, das momentan auch in den Radios auf und ab gespielt wurde.
    Assaf blickte sich in der Wohnung um. An den unverputzten Wänden hingen Farbfotos, die von der großen Familie und ihren zahlreichen Mitgliedern erzählten. Hochzeitsbilder, Jungs vor einer Klagemauer aus Pappmaché – wahrscheinlich Bilder zur Bar Mizwa, der Feier der religiösen Mündigkeit im Judentum. Über dem Fernseher hing ein gesticktes Bild, auf dem eine liegende Bauchtänzerin sowie allerlei orientalische Instrumente zu sehen waren. Assaf bemerkte, dass sie ihre Schuhe noch anhatten und diese nun auf dem sauberen weichen Teppich standen. In diesem Moment öffnete sich die Haustür, und eine kleine dicke Frau, bekleidet mit einem weiten Rock und einer bunten Bluse, schleppte sich in die Wohnung. An jeder Hand schnitten ungefähr zehn Plastiktüten in ihre Haut, die mit allerlei Einkäufen vom Markt gefüllt waren. Durch eine Tüte schimmerten Tomaten und Gurken.
    Mina Oved schaute die beiden fremden Männer auf ihrem Sofa überrascht an.
    »Ima, das sind zwei Polizisten. Sie wollen mit dir sprechen«, kam die Tochter Assaf zuvor.
    »Guten Tag, Geveret Oved. Mein Name ist Assaf Rosenthal. Das ist mein Kollege Yossi Hag. Wir leiten die Ermittlungen in einem Todesfall im Ulpan Yehuda.« Er sprach bewusst im Plural.
    »Ein Todesfall. Im Ulpan? O Gott! Das ist ja furchtbar! Was ist passiert?«, fragte Mina Oved schockiert.
    »Man hat eine Leiche gefunden. Die Sekretärin Ruth Silberman konnte die Tote bereits identifizieren. Es handelt sich um eine Schülerin. Marina Koslovsky. Sagt dir der Name etwas?«, fragte Assaf, während Mina Oved langsam auf den Sessel sank und die Tüten einfach auf den Boden gleiten ließ.
    »Marina Koslovsky? Das war doch die Schönheit? Die Russin?«
    »Ja, genauer gesagt ist sie Ukrainerin«, ergänzte Yossi.
    »Und die ist tot? Was für eine Sünde! Wo hat man sie denn gefunden?«
    Assaf hatte das Gefühl, die Frau war ehrlich bestürzt. »Sie lag auf dem Nachbargrundstück. Dort, wo die Ruine steht«, erklärte er. »Mina, Geveret Silberman sagte uns, dass du das Gebäude gestern abgeschlossen hast. Wann hast du Marina zum letzten Mal gesehen?«
    Mina Oved überlegte, und plötzlich sah sie aus, als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen. »Na rega. Warte mal. Die saß doch noch mit dem Kuschi vor der Tür.«
    Assaf spürte förmlich, wie Yossi neben ihm zusammenzuckte, als er das abfällige Wort für Afrikaner hörte.
    »Sie saß also mit einem Schwarzen zusammen, willst du uns das sagen, Mina?«, fragte Yossi gereizt.
    »Meinst du ihren Klassenkameraden Moses?«, mischte Assaf sich schnell ein, bevor eine Diskussion über die politisch korrekte Bezeichnung für Afrikaner entflammen konnte. Gut, dass alle Namen, die Ruth Silberman erwähnt hatte, in seinem Buch notiert waren. Wobei er den Namen Moses so ungewöhnlich für einen Afrikaner fand, dass er ihn sich ohnehin gemerkt hätte.
    »Ja, genau. Die beiden hingen den ganzen Abend zusammen. Sie und der ...« Sie zögerte, erneut das Schimpfwort zu benutzen. Yossi schnappte warnend nach Luft. »Afrikaner«, beendete sie ihren Satz. Dann fügte sie leise hinzu: »Bestimmt war der es. Bestimmt hat der sie umgebracht.«
    »Wundern würde es mich nicht«, mischte sich plötzlich ihre Tochter ein, die bisher ruhig in der Tür gestanden hatte. »Immerhin sind die auch daran schuld, dass es hier bei uns im Viertel so viel verdammte Kriminalität gibt. Die klauen alles. Und überfallen alte Leute«, wetterte sie, auf einmal sehr gesprächig geworden.
    Yossi machte eine wegwerfende Handbewegung. »Dass ich nicht lache. Das Einzige, was mehr geworden ist, sind die Angriffe auf dunkelhäutige Anwohner. Auf Schwarze. Von Israelis. Es gibt keine statistischen Hinweise, dass die Kriminalität durch die erhöhte Zuwanderung von afrikanischen Flüchtlingen gestiegen ist«, regte er sich auf. Dann stocherte er mit seinem Zeigefinger wild in der Luft herum. »Das ist doch alles Unsinn. HaTikwa war vorher schon verloren. Die Kriminalität in diesem Stadtteil war schon immer sehr hoch. Wenn überhaupt, ist sie in den letzten Jahren gesunken.«
    Mina Oved runzelte empört die Stirn und rief: »Ja, müsst ihr denn hier wohnen oder wir? Ich lebe seit über 15 Jahrenin HaTikwa, und noch nie war es so unsicher wie jetzt. Die Schwarzen saufen und prügeln sich, sie klauen und rauben. Und erst letzte Woche wurde eine junge Frau auf offener Straße erschlagen. Außerdem treiben die
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