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Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Schlacht
Autoren: James Barclay
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»Irgendjemand muss zu Aurelius und ihm erklären, was wirklich passiert ist.«
    »Was wirklich passiert ist?«, fragte Arducius.
    Hesther drehte sich kurz zu ihm um. Er beobachtete sie, während Ossacer sich abmühte, eine Hand auf Arducius’ Stirn gelegt und die andere auf Cygalius’ misshandelten Körper gepresst, um die heilende Energie zu übertragen.
    »Sie hat uns hereingelegt, Ardu. Sie steckt dahinter, sie brauchte ein Opfer, und sie wusste, wie sie es sich beschaffen konnte. Vermutlich hoffte sie, Ossacer würde dem Mann zu Hilfe kommen, aber sie war sicher nicht enttäuscht, als es Cygalius war.«
    »Glaubst du wirklich, sie würde so etwas tun? Trotz ihres Amtes?«
    »Ihr traue ich alles zu. Frage Orin D’Allinnius. Gott umfange mich, erinnere dich doch an die Ereignisse in Westfallen. Glaubst du denn, es könnte ein Zufall sein, dass so etwas gerade dann geschieht, wenn die Advokatin nicht da ist?«
    Arducius schüttelte den Kopf. »Nein, wohl nicht. Aber die Menschen sind gereizt, seit aus Atreska und Gestern die Berichte über die Invasion eingehen. Wenn die Wachfeuer entzündet und die Kriegsflaggen gehisst werden, bekommen die Menschen Angst.«
    »Ja, und Koroyan ist gerissen genug, um starke Gefühle zu ihren Zwecken zu missbrauchen. Die Furcht vor dem Zorn des Allwissenden ist viel stärker als die Angst, die Advokatin könnte an Einzelnen Vergeltung üben.«
    »Dennoch, es ist eine Invasion der Tsardonier, und wenn etwas über Gorian durchsickert, sollten die Menschen uns doch eher helfen, als uns zu jagen und zu verprügeln.«
    »Das sollte man meinen«, sagte Hesther, »aber du wärst naiv, wenn du das erwarten würdest. Ich frage mich, ob du jemals zugehört hast, wenn Herine über die Kanzlerin sprach. Oder mir. Sie folgt weder Vernunft noch Logik, sie vertritt die Religion. Sie hat Angst, ihre Macht an euch zu verlieren. Wach auf, Ardu. Dies ist erst der Anfang.«
    »Könntet ihr vielleicht leiser sprechen?«, schaltete sich Ossacer ein. »Es ist so schon schwer genug, auch ohne euer Geschwätz.«
    »Wie geht es ihm?«, fragte Hesther.
    »Ich denke, ich kann ihn retten, wenn wir genug Zeit haben.«
    Als Hesther wieder aus dem Fenster blickte, verflog ihre Erleichterung im Nu.
    »Beeile dich, Ossie. Wir bekommen Besuch.«
    »Sie ist es, nicht wahr?«, fragte er.
    »Wer sonst?« Hesther schüttelte den Kopf. »Wer sonst?«

 
3

    859. Zyklus Gottes,
    37. Tag des Genasauf
     
    D ie Gesänge gingen unvermindert weiter. Obwohl das Siegestor geschlossen war und Gardisten und Palastwächter das ganze Gelände innen und außen sicherten, sammelten sich immer mehr Menschen und ließen sich nicht vertreiben. Koroyan hatte, was sie wollte. Das Ohr des Senats und den Willen der Bürger.
    »Hört ihr, was sie rufen?«, fragte Arducius. »Wie konnte das nur herauskommen?«
    Ossacer starrte seine Füße an. Er war erschöpft, doch sein Herz raste in seiner Brust und fand keine Ruhe. Er hoffte, Cygalius gerettet zu haben, doch es war noch zu früh, und er konnte nicht sicher sein. Wenn der Junge starb, würde die Schuld daran allein ihn selbst treffen. Er, Arducius und Hesther saßen mit den vier erwachten Aufgestiegenen der zehnten Linie im Kanzleramt zusammen. Sie waren siebzehn Jahre alt und hatten große Angst. Das Blut war abgewaschen, Cygalius befand sich jetzt in der Obhut der Ärzte.
    Felice Koroyan und der Senatspräsident Aurelius führten in einem Raum gleich hinter der Haupttür der Akademie eine hitzige Debatte. Gottesritter des Ordens hatten sie begleitet, um für ihre Sicherheit zu sorgen. Sie standen draußen im Hof. Arducius hielt sie eher für Gefängniswärter als Leibwächter.
    »Ich habe es ihr gesagt«, flüsterte Ossacer. »Ich habe es ihr gesagt, weil du mir nicht zuhören wolltest, und weil ich dich davon abhalten musste, Gewalt zu predigen.«
    Er musste nicht erst die Energiebahnen ertasten, um zu wissen, dass sie ihn alle anstarrten. Ihren Zorn und ihre Überraschung spürte er so deutlich, als hätten sie ihm Ohrfeigen versetzt. Er rechnete nicht damit, dass sie ihn verstanden oder sein Handeln billigten, doch er fand, dass sie es erfahren mussten.
    »Du Idiot«, schnaufte Arducius schließlich. »Was ist nur in dich gefahren?«
    Ossacer schaute auf und erfasste Arducius’ Umriss im hellen Zimmer. Die anderen Anwesenden nahm er als verschwommene gelbe und rote Kleckse neben seinem Bruder wahr. Arducius jedoch strahlte wieder die dunkelgrüne, schreckliche Ruhe aus, die ihn
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