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Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter

Titel: Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
Autoren: Anthony Mark
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dies an. Denn niemand, nicht einmal die engsten Günstlinge des Königs, kannten dessen Gedanken und Willen. Sein Herz bestand aus kaltem, verzaubertem Eisen, und so mancher behauptete, dass der Verstand unter der Krone aus Eis aus demselben Material geschmiedet war. Eines wusste Gauris mit Sicherheit: Krieg lag in der Luft. Und so wie ein Ritter die Klinge schärfte und die Rüstung nach Rissen überprüfte, musste sich der König vergewissern, dass seine Werkzeuge bereit waren. Und eines dieser Werkzeuge – eines der kostbarsten von ihnen allen – war Gauris’ Ziel.
    Er schoss auf den Wald zu und glitt dicht über die Wipfel der kahlen, silbrigen Bäume hinweg. Der Sindath hatte gerade erst begonnen, aber in diesem Teil von Falengarth hatte der Winter bereits Einzug gehalten, und wenn es nach dem Willen des Königs ging, würde er niemals wieder aufhören. Gauris erwartete diesen Tag mit großer Vorfreude. Sicherlich würde man in der Neuen Zeit schnelle Kuriere brauchen, Boten, die die Befehle des Königs durch sein riesiges Reich beförderten, das Falengarth von Küste zu Küste umspannen würde. Und keiner war schneller als die Raben des Königs, die man im Verlauf der Jahrhunderte mit dunklem Fleisch gefüttert hatte, um ihnen Schnelligkeit und Stärke zu verleihen.
    Sicher, der eine oder andere flüsterte, der König habe seinen eigenen Herrn, der in der Neuen Zeit zurückkehren würde, ein Herr, der von manchen der Herr der Nacht genannt wurde und der vor langer Zeit unrechtmäßig verbannt worden war. Falls das der Wahrheit entsprach, würde dann nicht der Herr der Nacht der Herrscher von allem sein, nachdem der Krieg gewonnen war? Doch bestimmt würde der Herr der Nacht sich für die Dienste des Königs dankbar erweisen, so wie der König dankbar für die Schnelligkeit seiner Raben sein würde. Bestimmt würden in der Neuen Zeit alle jene belohnt werden, die auf der siegreichen Seite gekämpft hatten.
    Der Wald blieb hinter Gauris zurück, und er schlug mit starken Schwingen, während die Sonne emporstieg. Verbrannte Felder huschten unten vorbei, die von vereinzelten Seen gesprenkelt wurden, die wie Münzen aufblitzten, bevor sie hinter ihm verschwanden. Eine weitere Bergkette kam in Sicht. Es handelte sich um ein verwittertes Felsgewirr, das bedeutend niedriger als der Wall aus abweisendem Stein war, der den Weg in die Domäne des Königs versperrte (und in den Zauber verwoben waren, die den Wahnsinn brachten, so dass er nur von seinen Raben und wenigen seiner anderen Diener passiert werden konnte). Gauris hielt auf die Linie der stummen Gipfel zu und folgte ihnen nach Süden.
    Ein paar Meilen später erspähte er in den Bergen ein Tal, das wie eine Schüssel geformt war. In dem Tal befand sich ein See, und in der Mitte des Sees erhob sich auf einem hervorragenden Felsvorsprung eine zur Hälfte zerstörte Festung. Aus den Türmen der Burg quoll Rauch wie aus zauberischen Maschinen empor, und aus dem Wasser des Sees brodelte Dampf in die Höhe. Auf dem höchsten Turm der Burg flatterte eine blutrote Flagge: Eine schwarze Krone auf blutigem Grund umschloss einen silbernen Turm. Außerhalb der Festungsmauern bewegten sich winzige Gestalten; Helme und Schwerter funkelten im Licht.
    Gauris wusste nicht genau, wo er die Empfängerin der königlichen Botschaft finden würde, aber er wusste, nach welchen Zeichen er Ausschau halten musste, nach Streit und Zerstörung, Rauch und Angst. Wo auch immer sie sich aufhielt, würden sich die Schatten zusammenziehen. Er faltete die Schwingen und schoss auf die Festung hinab.
    Gauris bewegte sich so schnell, dass die Männer im Haupthof der Burg nichts weiter als ein dunkles Flackern im Augenwinkel wahrnehmen würden, und raste pfeilschnell durch eine Lücke in der Seitenmauer eines verfallenden Wachturms. Er landete auf einem verfaulten Träger und achtete darauf, im Zwielicht der Ruine zu bleiben.
    Unten auf dem Hof marschierten ein Dutzend Ritter zum wilden Schlag einer Trommel. Ihre Harnische waren so schwarz wie Gauris’ Federn. Jeder hielt einen roten Schild mit der schwarzen Krone und dem silbernen Turm, es war das gleiche Symbol wie oben auf der Flagge über der Festung. Breitschwerter schlugen gegen ihre Oberschenkel.
    Als sich die düstere Marschreihe näherte, hasteten hagere Männer, in Lumpen gekleidete Frauen und Kinder mit von Krätze verkrusteten Beinen aus dem Weg und drückten mit furchterfüllten Augen Wassereimer oder Torfstücke an die Brust.
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