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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung
Autoren: Anthony Mark
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zurückgelassen hatte, aber seine Hand zitterte, und die Decke bekam mehr Suppe ab als er. Es war einfacher, den Krug zu nehmen und zu trinken.
    Selbst die einfache Handlung des Essens war ermüdend. Travis stellte den Krug mit zitternden Armen ab und legte sich wieder hin. Er wollte über alles nachdenken, was ihm passiert war, aber bevor er dazu kam, übermannte ihn der kühle Schlaf.
    Als er erwachte, war das durch das Fenster einströmende Licht verblaßt. Das leise Gurren von Tauben war zu hören. Abend.
    Er blinzelte, erkannte, daß er sich nach der Ruhe und der Suppe erstaunlich besser fühlte, und setzte sich auf.
    »Soso, endlich wacht unser Runenmeister auf.«
    Es dauerte einen Augenblick lang, bis Travis seine Stimme wiederfand. »Bruder Larad. Ich … ich wußte nicht, daß Ihr hier seid.«
    »Wie solltet Ihr auch?« fragte der schwarzhaarige Runensprecher. »Ihr habt geschlafen, als ich kam.«
    Der harte Beiklang in Larads Worten ließ Travis zusammenzucken; er fragte sich, wie lange Larad dort gestanden und ihn beobachtet hatte.
    Der Runensprecher deutete auf das Fenster. »Die Sonne hat den Horizont passiert. Der Chor tritt jetzt zusammen.«
    »Wo ist Oragien?«
    »Reicht ein einfacher Bruder nicht, um Euch zu begleiten?«
    Travis biß die Zähne zusammen. Das habe ich damit nicht sagen wollen, dachte er. Aber er sprach es nicht laut aus, weil er wußte, daß es sinnlos war. Larads schwarze Augen blickten so hart wie Stein, und die Narben in seinem Gesicht schimmerten in dem schwachen Licht und verwandelten es in ein zerschmettertes Mosaik.
    »Eure Kleider sind dort.« Larad wies mit einem Nicken auf einen Stapel zusammengefalteter Kleidung, der auf dem Stuhl lag.
    Travis schlüpfte unter der Decke hervor, dann wurde er sich seiner Nacktheit bewußt. Aber Larad machte keinerlei Anstalten, zu gehen oder sich wenigstens abzuwenden. In Anwesenheit von Unbekleideten angezogen zu sein verlieh einem Macht – eine Tatsache, der sich Larad wohl bewußt zu sein schien. Travis biß die Zähne zusammen, schwang die Beine über die Bettkante und stellte die nackten Füße auf den kalten Steinboden.
    Als ihm sofort schwindelig wurde, wurde das Verlangen nach Sittsamkeit schlagartig von dem Bedürfnis ersetzt, bei Bewußtsein zu bleiben. Aber die Benommenheit verging, und mit Hilfe des Tisches – aber keiner von Bruder Larad – konnte Travis stehen. Allerdings nur gebeugt. Genau so mußte es sich anfühlen, wenn man alt war – die gleiche kraftlose Gebrechlichkeit.
    Travis bewegte sich weiter zum Stuhl. Dort lagen seine sämtlichen Besitztümer ordentlich zusammengelegt. Er nahm die graue Kutte und zog sie sich mit steifen, unbeholfenen Bewegungen über den Kopf. Sie war sauber und roch frisch, sämtliche Spuren von Erde und Blut waren verschwunden. Das gleiche galt für seine Wildlederstiefel. Er zog sie an, aber diese einfachen Handlungen hatten ihn so erschöpft, daß er das Stilett in den Nebelmantel eingehüllt liegen ließ. Verspätet fragte er sich, was aus seiner Brille geworden war, dann mußte er grinsen, als ihm klar wurde, daß sie auf seiner Nase saß. Zweifellos hatten die Runensprecher nicht gewußt, was sie damit anfangen sollten – das wußten auf dieser Welt nur wenige – und sie deshalb an Ort und Stelle gelassen.
    »Die Dunkelheit bricht herein, Bruder Wilder«, sagte Larad. »Der Chor wartet.«
    Offensichtlich nahmen die Runensprecher ihren Gesang sehr ernst. Travis nickte, atmete tief durch und bewegte sich auf die Tür zu. Larad griff nach der Klinke, um sie zu öffnen.
    »Es freut Euch nicht, daß ich hier bin, oder, Larad?« sagte Travis zu dem Runensprecher.
    Larad erstarrte, dann hob er eine Braue; eine dünne Narbe, die sie in der Mitte teilte, ließ sie wie einen Blitz aussehen. »Großmeister Oragien glaubt, Ihr habt die Macht, den Runensprechern in ihrer Zeit der Not zu helfen.«
    Travis bemühte sich, über die Absurdität dieser Idee nicht zu lachen. Er konnte kaum aufrecht gehen. »Aber Ihr seid da anderer Meinung.«
    Larad zuckte mit den Schultern, sein Blick war so undurchdringlich wie geschwärztes Glas. »Es ist nicht wichtig, was ich denke.«
    Aber das sollte es sein, faßte Travis die unausgesprochene Schlußfolgerung in Worte. Seine Nackenhärchen richteten sich auf. Jeder Instinkt sagte ihm, daß dieser Mann intelligent war. Und gefährlich.
    Travis befeuchtete sich die Lippen. »Das hier … ist nicht meine Welt, Larad.«
    Der Runensprecher musterte ihn und
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