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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung
Autoren: Stephan M. Rother
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was sie wie eine Verlängerung der Formation aussehen ließ, in der die Schweizergardisten vor dem Außenhof der Sommerresidenz Wache hielten. Rebecca bremste den Wagen ab und kurbelte das Fenster herunter.
    In militärischem Schritt trat ein Offizier heran. »Sie können hier nicht weiterfahren.«
    Mit ihrem bezauberndsten Lächeln reichte sie ihm einen Umschlag, auf dem das Wappen des pontifice prangte.
    Der Mann hob die Augenbrauen und zog das Schreiben hervor, das De la Rosas Unterschrift trug. »Bitte parken Sie Ihren Wagen dort hinten links«, sagte er und wies die Straße entlang, die um den palazzo herumführte. »Willkommen auf Castel Gandolfo.«
    Ein vorgeschriebenes Zeremoniell für Besucher wie sie schien es nicht zu geben, doch als sie aus dem Wagen stiegen, kam Duarte bereits auf sie zu.
    »Ich freue mich sehr, dass Sie gekommen sind.« Er grinste zu Amadeo und Rebecca, vor Helmbrecht deutete er eine Verneigung an.
    »Nur keine Umstände«, wiegelte der Professor ab. »Doch, eine Sache. Ich hoffe, Sie haben Sitzgelegenheiten, die weicher sind als die Rückbank dieses Fuhrwerks.«
    »Die haben wir, ganz sicher«, erwiderte der dunkelhäutige Mann schmunzelnd.
    Die Villa von Castel Gandolfo war weitläufig, doch längst nicht so verwinkelt wie der Vatikan. Es war wohnlicher hier: gediegen, und dennoch behaglich. Der commandante führte sie eine lange Galerie entlang und machte vor einer holzverkleideten Tür halt.
    »Müssen wir irgendetwas...«, fragte Amadeo unruhig. »Gibt es irgendwelche Vorschriften, wie wir ihn...«
    Duarte hob die Augenbrauen, schüttelte den Kopf und klopfte.
    De la Rosa saß hinter einem mächtigen Schreibtisch. Zu seiner Linken wie zur Rechten waren Berge von Schriftstücken aufgetürmt, die den alten Mann beinahe überragten. Die Wand hinter ihm wurde komplett von Bücherregalen eingenommen. Der Papst trug eine schneeweiße Soutane, ähnlich derjenigen, in der Amadeo ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
    Duarte war eingetreten, ohne auf ein Zeichen zu warten. Anscheinend war das so üblich, und tatsächlich schien De la Rosa seine Besucher noch immer nicht bemerkt zu haben.
    Der commandante räusperte sich. »Sua Santità? Ihre Gäste.«
    De la Rosa sah auf. Auf seiner Nase saß eine randlose Brille, durch die er nun auf die Besucher blickte. Er blinzelte, kniff die Augen zusammen und nahm die Brille ab.
    »Ingolf!«, murmelte er und stand auf. »Ingolf Helmbrecht! «
    Seine Augen leuchteten, und ein breites Grinsen trat auf sein Gesicht. Es war auf eine merkwürdige Weise alterslos, konnte einem Greis oder einem Kind gehören. Im Augenblick sah De la Rosa aus wie ein Schuljunge, der endlich das Rennrad bekommen hat, das er sich schon ein halbes Leben wünscht. Ein Schuljunge in einer seltsamen weißen Kutte.
    Mit etwas unsicheren Schritten kam er auf den Professor zu und schloss ihn in die Arme. Amadeo bemerkte, dass die Augen des Papstes feucht glänzten. Gerührt erwiderte Helmbrecht die Umarmung. De la Rosa löste sich von seinem alten Studienfreund und lud die Gäste mit einer Handbewegung ein, ihm zu folgen. Einen Arm hielt er weiter um Helmbrechts Schultern, wohl ebenso aus alter Vertrautheit wie aus der Notwendigkeit, sich beim Gehen zu stützen.
    Er deutete zu seinem Schreibtisch hinüber. »Nehmen Sie das bitte mit?«, wandte er sich an Duarte.
    Der commandante nickte und griff nach einer ledernen Aktenmappe. Als Amadeo ihn fragend ansah, lächelte der dunkelhäutige Mann ernst. »Sie ist angekommen. Dem Kind und seiner Mutter geht es gut. Übrigens haben wir Stipendien für solche Fälle.«
    Der Papst führte sie hinaus auf eine große Terrasse, die dem Gebäude vorgelagert war, hoch über dem Lago di Albano, dessen schimmernde Wasserfläche eine freundliche Brise kräuselte. Auf der anderen Seite breitete sich jenseits einer marmornen Balustrade die weite Landschaft des Latiums vor ihnen aus. Rom war nicht mehr als ein trüber, dunstiger Schimmer in der Ferne.
    Die Terrasse war nicht leer.
    Nahe der Balustrade lag die Oktobersonne wärmend auf dem Marmor. Daneben war ein runder Tisch aufgebaut — Amadeo schnupperte den Duft nach frischem caffè bis zur Tür. Rings um den Tisch standen mehrere Stühle, einige von ihnen besetzt — mit hohen kirchlichen Würdenträgern, die sich gedämpft unterhielten. Die zucchetti leuchteten in hellem Rot, der Farbe der Kardinäle.
    »Sua Santità.« Einer der Männer hatte De la Rosa erspäht und erhob sich schwerfällig.
    Amadeo
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