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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung
Autoren: Stephan M. Rother
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baskischen Separatisten, sogar von militanten Tierschützern —, machte die Sache nicht leichter. Buchstäblich jeder war verdächtig. Auch der Gedanke an mögliche Auseinandersetzungen innerhalb des Vatikans war in der Berichterstattung der Medien hier und da durchgeklungen — doch im Chaos der widersprüchlichen Meldungen waren solch abstruse Theorien schnell wieder aus den Nachrichten verschwunden. Die meisten Kommentatoren tippten nach wie vor auf islamistische Täter.
    Seufzend blickte Amadeo auf seine Hand. Nächste Woche kam der Gips ab. Probabile , hatte der dottore gesagt, wahrscheinlich. Dann konnte er endlich wieder selbst ans Steuer des Fiat.
    Nachdem er ein paar hundert Kilometer mit Rebeccas Toyota zurückgelegt hatte, von den vatikanischen Luxuskarossen mal ganz zu schweigen, war ihm erst richtig klargeworden, wie sehr ihm der Fiat ans Herz gewachsen war. Wie froh er war, den Wagen zurückzuhaben, sich wieder frei in Rom bewegen zu können — oder besser: von Rebecca bewegen zu lassen. So richtig hatte er erst wieder aufatmen können, nachdem das Schreiben eingetroffen war, dass er sich nicht länger als Zeuge wegen des Todes seines Kollegen in der officina zur Verfügung halten musste.
    Nachvollziehbar, dachte er, während Rebecca endlich in die Straße einbog, an der Giorgio di Tomasis Wohnhaus lag. Nachvollziehbar: Wer sich laut mehreren beeideten Zeugenaussagen zum Zeitpunkt der Tat im Kloster St. Gallen aufgehalten hatte, konnte nicht gleichzeitig in Rom gewesen sein. Trotzdem fragte er sich, wie die Ermittlungen wohl ausgehen würden. Eine große Rolle spielte es nicht, die Wahrheit würde sowieso nicht ans Licht kommen. Die Hauptsache war, dass in keinem Bericht von einem Strichjungen die Rede gewesen war. Sag es nicht Carla . Niccolosi konnte in Frieden ruhen, seine Frau würde nichts erfahren. Wem das jetzt zu verdanken war, ob Bracciolinis Helfern bei der polizia oder einem Manöver Duartes — das sollte Amadeo gleichgültig sein.
    Helmbrecht stand an der Straße. Er hatte einen sehr distinguierten neuen Krückstock bekommen, mit dem er sie heranlotste. Rebecca hielt in zweiter Reihe, und der Professor winkte unwirsch ab, als Amadeo ihm in den Wagen helfen wollte.
    »Ich bin noch immer flotter als Sie im Moment«, schimpfte der alte Mann und ließ sich auf den Rücksitz fallen. »Wenn Sie was tun wollen, räumen Sie lieber mal den Wagen auf. Der Pizzakarton lag schon hier rum, als Sie mich von Fiumicino abgeholt haben.«
    »Er ist leer«, beruhigte ihn Amadeo. »Glaub ich jedenfalls.«
    Im Rückspiegel sah er, wie der Professor ihn aus schmalen Augenschlitzen musterte. »Sie erlauben sich einen Scherz«, sagte Helmbrecht schließlich.
    Amadeo grinste, doch dann wurde er ernst. »Wie geht es dem capo?«
    Helmbrecht seufzte. »Was erwarten Sie eigentlich, Amadeo? Dass ein Mann in seinem Alter nach ein paar Wochen darüber hinwegkommt, wenn er sein einziges Kind verliert? Selbst wenn er nicht ahnt, dass sie...« Er seufzte. »Nun ja, dass sie eine Terroristin war, die ihre Seele an den Teufel verkauft hatte. Auch wenn er den Kardinalstaatssekretär wohl kaum als das sehen würde, was er wirklich ist.« »Er ahnt nichts?«, fragte Amadeo. »Sicher?« »Ganz sicher«, sagte der Professor. »Er glaubt fest daran, dass alles ein unglücklicher Zufall war. Zur falschen Zeit am falschen Ort, als die... na ja, die Islamisten eben. Und Bracciolini kennt er nur aus der Zeitung.« Nachdenklich blickte er aus dem Fenster auf die Straßen Roms. Rebecca hatte den kürzesten Weg stadtauswärts eingeschlagen. »Seine größte Sorge ist die Zukunft der officina . Das möchte er gerne erledigt haben, bevor er demnächst ausstirbt. Und wer weiß... Sie haben sich bestimmt schon gewundert, was ich die ganze Zeit in Rom mache.« Helmbrecht rutschte in eine bequemere Position und stieß den leeren Pizzakarton von der Rückbank. »Denken Sie, der liebe Giorgio, so sehr ich ihn schätze, ist im Augenblick eine angenehme Gesellschaft? Einmal zu schweigen von dem Donnerwetter, das mich erwartet, wenn ich wieder zu Hause aufkreuze.« Er senkte die Stimme. »Meine Frau ist furchtbar eifersüchtig. Auf der anderen Seite kennt sie das natürlich, dass ich mal ein paar Wochen irgendwo in einem Archiv verschwinde.« »Was hat das mit dem aussterbenden di Tomasi zu tun?« »Nun denn.« Der alte Mann betrachtete seinen neuen Krückstock. »Irgendwann wird er einen Nachfolger brauchen, und er schätzt Sie sehr. Vielleicht
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