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Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Connor
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klang müder, als er zugeben wollte. »Entspann dich. Ich bringe nur das Fenster in Ordnung. Und dann mache ich Abendessen.« Er zog das Fenster zu und nuschelte an den beiden galvanisierten Nägeln vorbei, die er zwischen den Zähnen hielt: »Du hast doch Hunger, nicht wahr?«
    »Ich kann keine Nägel essen«, murmelte sie.
    Sie schlang die nackten Arme um sich, was ihre Brüste anhob und nach vorn schob. Plötzlich hatte Mason keinen Appetit mehr auf Essen, besonders nicht auf Konservenkost. Jennas Körper – zugleich straff und üppig – wäre für jeden Mann ein Festmahl gewesen. Er hatte sich seit Monaten keinen Sex mehr gegönnt, und sie hatte ihm diese Tatsache nur allzu bewusst gemacht. Eine unwillkommene Ablenkung.
    Er hämmerte den Nagel mit zwei kräftigen Schlägen ins Holz und brachte die Teerpappe neu an. »Ich hatte da an Thunfisch gedacht«, sagte er am Ende. »Wir haben viel Thunfisch.«

3
    Also war er kein völlig übergeschnappter Verrückter. Gut zu wissen.
    In ihren Sessel gekauert sah Jenna zu, wie er einen primitiven Thunfischauflauf zusammenstoppelte. Er hatte nicht genug Wasser zur Pilzcremesuppe gegeben, also würde sie klebrig werden, aber er war wahrscheinlich kein besonderer Feinschmecker. Nicht, dass das eine Rolle gespielt hätte. Sie hatte nicht vor, zum Essen zu bleiben.
    Er hatte gesagt, dass sie Fragen stellen könnte. Es wurde Zeit, das auszuprobieren.
    »Wo sind wir?« Der Ort würde ihre Fluchtpläne bestimmen. Eine zu lange Wanderung würde ohne Survivalausrüstung unmöglich sein. Jenna rechnete nicht damit, dass er antworten würde. Das wäre ehrlich gesagt auch dumm gewesen, wenn er sie hierbehalten wollte.
    »Nördlich von Culver«, sagte er bereitwillig. »Ein paar Stunden, auf halbem Wege zur Staatsgrenze nach Washington.«
    Sie versuchte, eine Landkarte von Oregon vor ihr geistiges Auge zu rufen, aber entweder war sie nicht gut in Erdkunde, oder sie war zu erschüttert, um sich zu konzentrieren. »Was willst du von mir?«
    Mason schaute von der Auflaufform auf. »Ich persönlich? Nichts. Ich halte nur ein Versprechen, wie ich schon sagte.«
    Bei dieser zweiten Erwähnung ihres Vaters sackte Jenna das Herz in die Hose. Herrgottnochmal, Mitch … Was hast du getan?
    Jetzt wusste sie, auf welche Art er verrückt war: auf die gleiche wie ihr Vater. Bevor er gestorben war, hatte Mitch Barclay einen ganzen Keller voll alter Zeitungsausschnitte gesammelt – Prophezeiungen einer Katastrophe. Als Jenna neun gewesen war, hatte er sich irgendeiner Gruppe von Spinnern und Verschwörungstheoretikern angeschlossen. Sie hatten sich wie besessen mit Omen und Vorzeichen beschäftigt, magische Theorien diskutiert und versucht, mit Geistern zu reden. Aus offensichtlichen Gründen hatten sie die Wirren im Osten als Beweis für ihre Überzeugungen angesehen. Aber das war lange her. Da das Verhängnis noch nicht nach Westen vorgedrungen war, behauptete die Regierung der Neuen USA, es würde auch nicht weiter vordringen.
    Mitch hatte das Kommen eines trostlosen Zeitalters zerstörerischer Magie gepredigt. Wenn er in der Stadt gelebt hätte, nicht in einem Camp in den Wäldern, dann wäre er der verrückte Kerl an der Ecke gewesen, der ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift DAS ENDE NAHT hochgehalten hätte. Noch bis vor Kurzem waren seine Anhänger von Zeit zu Zeit in ihrem Haus aufgetaucht. Für gewöhnlich waren sie mit einer Schüssel Suppe zufrieden gewesen. Keiner hatte Jenna je in den Kofferraum gesperrt.
    »Hier«, sagte Mason und kramte in einer seiner Jackentaschen. »Das hier hat er für dich hinterlassen.«
    Jenna beäugte das dreifach gefaltete Papier. Ein Brief von Mitch, von jenseits des Grabes. Als ob sie noch mehr Gründe benötigt hätte, um die Fassung zu verlieren.
    Aber so seltsam es auch war, sie brauchte irgendetwas Vertrautes, und sei es auch nur eine Nachricht von Mitch. Sie schnappte sich den Brief und zog sich in eine Ecke am Kamin zurück.
    Liebe Jenna,
    wenn Du das hier liest, heißt das, dass ich nicht mehr da bin. Ich habe es immer bedauert, nicht häufiger bei Dir sein zu können. Ich weiß, dass Deine Mutter mein Verhalten entschuldigt hat, aber ich weiß auch, dass Du enttäuscht von der Art Vater warst, als die ich mich erwiesen habe. Es war nicht so, dass mir das alles nichts bedeutet hätte, das versichere ich dir. Ich hatte nur andere Arbeit, die erledigt werden musste.
    Ich kann mir Deinen Gesichtsausdruck lebhaft vorstellen. Du hast doch nie
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