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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche
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Das ist Wilson Argent.«
    Wilson sah aus wie vor den Kopf geschlagen. Es gab lautstarke Proteste.
    Max ging erneut auf Holle los. »Dieser Kerl hat meine Schwester vergewaltigt und sterben lassen! Er hat das verdammte Shuttle genommen, um seine Haut zu retten, und dadurch diesen Schlamassel überhaupt erst angerichtet. Und jetzt gibst du ihm den Planeten, ihm und Jeb, diesem Schläger …«
    »Er ist der einzige Pilot, Max. Nur das zählt. Nichts an diesem Vorgang ist auch nur andeutungsweise fair.«
    Wilson schwebte in den Ruinen seines Palastes. »Es tut mir leid«, sagte er. Seine Stimme war kaum zu hören.
    »Und schließlich«, fuhr Holle fort, »habe ich eine Schiffsgeborene der mittleren Generation ausgewählt. Eine Frau, die den jungen Leuten nachfühlen kann, was sie durchmachen müssen, um sich an ein Leben außerhalb des Schiffes anzupassen, die aber zugleich alt genug ist, um ihnen eine Perspektive, eine Orientierung zu bieten. Eine Frau, deren Pilotenausbildung
ausreicht, um Wilson zu unterstützen. Sie bringt einen eigenen Gensatz mit, unterhält aber familiäre Beziehungen zu einem anderen Mitglied der Shuttle-Crew. Vielleicht hilft das, die Dinge in den ersten Tagen zu stabilisieren. Und sie ist eine Person, die ihr respektiert, das weiß ich.
    Ich schicke Helen Gray.«
    Alle drehten sich um und starrten Helen an. Für einen langen Herzschlag weigerte sich ihr Verstand, Holles Worte und deren Implikationen zu verarbeiten.
    Dann katapultierte sie sich durchs Modul, auf der Suche nach ihren Kindern.

96
    AUGUST 2081
     
    Helen und Jeb verbrachten einen letzten Abend mit den Kindern, ein normaler Abschluss eines letzten Tages voller Pflichten und Unterrichtsstunden. Es gab Abendessen, dann wurde abgewaschen und aufgeräumt, und anschließend spielte Mario mit seinem Vater ein kompliziertes Nullschwerkraft-Basketballspiel, während der kleine Hundred etwas aus dem Handheld seiner Mutter vorgelesen bekam.
    Helen glaubte, dass der siebenjährige Mario wusste, was passieren würde, aber wenn, so war er um seines kleines Bruders willen tapfer. Selbst Hundred war an diesem Abend nicht ganz er selbst, aber er spielte brav und gluckste, als er in seinen Schlafanzug gesteckt und dabei gekitzelt wurde. Dann zwängten sie sich alle in den großen Schlafsack der Eltern, der quer in ihrer an der Rutschstange befestigten Kabine hing, und Jeb und Helen hielten die Kinder im Arm, bis sie einschliefen.
    Als sie sich sanft voneinander lösten, bewegte sich Mario. Er öffnete die Augen und sah seinen Vater an, der gerade in T-Shirt und Shorts schlüpfte. »Bin ich jetzt der Chef, Dad?«, flüsterte er.
    »Du bist der Chef, mein Großer.«
    Mario lächelte nur. »Ich kümmere mich um Hundred.«
    Helen konnte es nicht mehr ertragen. Sie stieß sich aus der Kabine ins matte Licht des nächtlichen Moduls.
     
    Ihre Mutter wartete draußen. Grace sah hager und alt aus. Sie umarmte ihre Tochter. »Ich schlüpfe zu ihnen in den Schlafsack«,
flüsterte sie. »Damit jemand da ist, wenn sie aufwachen. «
    »Danke«, sagte Jeb mit rauer Stimme.
    »Es wird seltsam für dich sein, Mum«, sagte Helen.
    Grace zuckte die Achseln. »Ich war eine Geisel. Dann war ich eine Prinzessin. Dann ein Eye-Dee, ein Walker. Dann Seefahrerin und schließlich Astronautin und Ärztin. Jetzt werde ich Vollzeit-Großmutter sein. Ich gewöhne mich schon dran.« Sie ließ ihre Tochter los. »Wir haben alles gesagt, was es zu sagen gibt. Geht jetzt, es ist Zeit.« Sie zog sich in die Kabine hinein.
    Helen weinte nicht; sie schien sämtliche Tränen ihres Lebens in dem Monat vergossen zu haben, seit Holle die Trennung der Crew verkündet hatte. Aber sie bekam kein Wort heraus. Teilnahmslos ließ sie sich von Jeb am Arm packen und schwebte mit ihm durch das stille Modul.
    An der offenen Luke zum Shuttle B wurden die vierzig Passagiere in ihre Anzüge gesteckt. Bedrückt und mit großen Augen halfen die älteren Kinder schläfrigen Kleinkindern in ihre Anzüge. Die leichten Druck-Overalls, die sie während des Abstiegs tragen sollten, waren lediglich dünne Polyäthylen-Hüllen, boten aber genug Schutz, falls es in der Kabine einen Druckabfall gab. Sie waren vier Jahrzehnte lang in einem Spind verstaut gewesen, rochen jedoch neu – ungewöhnlich an Bord dieses ramponierten alten Hulks. Sie trugen sogar AxysCorp-Logos auf der Brust, die geborgene Erde. Einschließlich der Ersatzanzüge gab es genug Druck-Overalls für alle, aber man hatte sie gekürzt, damit
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