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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche
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Flanken der Hügel empor.
    Helen verspürte eine tiefe, quälende Furcht, als sie das schützende Shuttle verließ, in offenes Gelände, die Unendlichkeit hinaustrat, zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben nicht im Innern eines Raumschiffs gefangen war. Dies war ganz anders als in den HeadSpace-Simulationen, dachte sie; letztendlich waren sie doch keine richtige Vorbereitung gewesen. Und trotzdem ging sie weiter, einen Fuß vor den anderen, die Rampe hinunter, hinter Wilson her. Sie war dazu entwickelt, sagte sie sich. Die Kinder waren noch klein; sie würden sich anpassen.
    Sie hielten inne, bevor sie ans Fußende der Rampe gelangten.
    »Ich glaube, ich sehe da drüben offenes Wasser«, sagte Jeb und zeigte hin. »Seht ihr, in dem Tal zwischen diesen Hügeln? Wie ein Fluss, der in den See mündet.«

    »Ich sehe nichts.« Es bereitete Helen Probleme, den Blick auf die mittlere Entfernung einzustellen. Aber schließlich hatte sie auch immer nur auf Dinge im Innern des Moduls oder in die Unendlichkeit schauen müssen, dazwischen hatte es nichts gegeben. Vielleicht würden ihre Augen sich daran gewöhnen.
    »Wir können jederzeit näher an den substellaren Punkt heran, wenn wir wollen«, erklärte Wilson. »Das Shuttle ist zerlegbar, so dass wir Wohnmodule und Schlitten bauen können. Vielleicht sollten wir versuchen, zum Meer zu gelangen. Es ist nicht weit, fünfzig Kilometer.«
    Helen, für die Planeten etwas Neues waren, wollte nicht töricht klingen. »Meint ihr, diese großen Dinger da drüben sind Bäume?«
    »Falls ja, sind ihre Blätter pechschwarz«, sagte Jeb. »Und dieses grasartige Zeug zu ihren Füßen auch.«
    »Ja, das ergibt Sinn«, meinte Helen. »Das Licht der M-Sonne unterscheidet sich von dem der Erde. Ihr Strahlungsmaximum liegt im Infrarotbereich. Die Photosynthese muss hier effizient sein, das heißt, sie muss einen möglichst großen Teil des Spektrums absorbieren. Darum sieht es schwarz aus.«
    »Du glaubst also, wir könnten hier wirklich Ackerbau betreiben? «, fragte Jeb, der Farmersohn. »Es ist alles so fremdartig.«
    »Ja, zum Teufel.« Wilson wedelte mit einer behandschuhten Hand. »Auf lange Sicht bietet eine Welt wie diese alle möglichen Vorteile. Diese Sonne wird sich nie von ihrem Platz am Himmel entfernen.«
    »Hier ist es immer Vormittag«, sagte Helen leise.
    »Immer Vormittag. Wir können Spiegel aufstellen, um das Licht zu bündeln. Später, wenn wir wieder in den Weltraum zurückkehren, können wir Ketten von Orbitalspiegeln errichten, um das Licht auf unsere Farmen zu lenken, oder sogar anfangen,
die andere Seite zu erhellen und diese verdammte Eiskappe zu schmelzen.«
    Helen lächelte hinter ihrer Maske. »Eins nach dem anderen, Wilson.«
    »Ich glaube, ich rieche Schwefel«, sagte Jeb.
    »Vulkanluft«, sagte Wilson.
    Helen machte einen weiteren Schritt zum Fuß der Rampe. Diese hatte eine nicht sehr tiefe Furche ins Eis gegraben. Es war körnig und mit kleinen Steinen und einer dünnen Ascheschicht bedeckt, vielleicht von einem Vulkanausbruch.
    Aus einem spontanen Impuls heraus kniete Jeb sich vorsichtig hin und setzte die kleine Sapphire auf der Rampe ab. Sapphire, die Jüngste der Crew – zu jung, um zu wissen, dass sie noch nicht laufen gelernt hatte –, versuchte aufzustehen und fiel auf den Rücken. Aber sie rollte sich einfach herum, stemmte sich auf Hände und Knie hoch und begann zu krabbeln, ein bisschen unsicher, aber zielstrebig.
    Und sie krabbelte einfach vom Rand der Rampe auf das Eis der Erde III. Sie kreischte auf, weil es so kalt war, und steckte den behandschuhten Finger dann in die von der Rampe geschlagene Furche. Helen verspürte eine tiefe, instinktive Traurigkeit, dass es ihren eigenen Kindern nicht vergönnt war, diese Rampe herunterzulaufen und sich zu ihr zu gesellen.
    »Schaut mal nach oben«, sagte Wilson.
    Helen richtete sich auf. Ein rubinroter Stern zog über den hohen roten Himmel und hielt stetig auf die M-Sonne zu. Es war Hawila, der einzige Mond der Erde III. Und während Helen noch angestrengt nach oben blickte, um ihn zu beobachten, kräuselte sich der Himmel, und die Arche war fort.

Nachwort
    In den letzten Jahrzehnten haben sich unsere Ansichten darüber, wie sich eine interstellare Reise bewerkstelligen ließe und wohin sie führen könnte, erheblich verändert – siehe beispielsweise Interstellar Travel and Multi-Generation Spaceships , herausgegeben von Yoji Kondo (Apogee Books, 2003), das auch eine neue Studie über die Größe
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