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Die Leiche im rosa Nachthemd

Die Leiche im rosa Nachthemd

Titel: Die Leiche im rosa Nachthemd
Autoren: A. A. Fair
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Büro nach dir gefragt, Kleiner. Die Leute in
Santa Carlotta wollen tatsächlich deinen Kopf.«
    Ich gab ihr zu verstehen, daß
mir diese Mitteilung völlig schnuppe war.
    Nach einer Weile sagte sie
nachdenklich: »Klein, aber oho — das paßt wirklich genau auf dich!«
    »Wie meinst du das?«
    »Meine Detektei war ein
bescheidener kleiner Laden. Viele Kollegen lehnen Scheidungssachen und
politische Ermittlungen ab. Ich machte alles. Es war nicht immer allzu
appetitlich, aber ich schob eine nette, ruhige runde Kugel. Viel warf das
Geschäft nicht ab, aber es genügte für meine bescheidenen Ansprüche. Kaum
kommst du zu mir, habe ich einen Mord nach dem anderen am Hals. Ich bin nicht
mehr Detektivin, sondern Artistin — immer mit einem Fuß im Gefängnis. Das hätte
ich mir nie träumen lassen.«
    »Na und? Geschäft ist Geschäft
— oder?«
    Bertha Cool betrachtete ihre
breiten, festen Schenkel. »Hoffentlich nehme ich durch den vielen Ärger nicht
ab. Ich hab’ mich bis dahin sehr wohl in meiner Haut gefühlt. Ich bin nämlich
ein Gewohnheitsmensch. Ist dir klar, mein Kleiner, daß wir morgen vielleicht
schon im Gefängnis sitzen?«
    »Es gibt viele Möglichkeiten,
aus dem Gefängnis wieder herauszukommen«, sagte ich.
    »Das würde ich mal schriftlich
niederlegen und an die Zuchthausverwaltung von San Quentin schicken. Die
interessiert das sicher.«
    Eine Weile saßen wir schweigend
beisammen und sahen abwechselnd auf die Uhr. Dann starrte ich aus dem Fenster,
und Bertha zündete sich eine neue Zigarette an.
    Die Straße vor dem Hotel bot
die einzige Abwechslung. Ein Lieferwagen brachte Brot. Hausfrauen gingen
einkaufen. Ein ältliches Ehepaar, offensichtlich Touristen, die sich ein paar
Monate Urlaub in Südkalifornien leisteten, verließ gemächlich das Hotel, stieg
in einen Wagen mit New Yorker Zulassungsnummer und rollte davon. Der Himmel war
blau und wolkenlos. Die Sonne strahlte und warf tiefe schwarze Schatten, die
allmählich immer kürzer wurden.
    Ich ging zurück zum Bett,
stopfte mir einen Haufen Kissen in den Rücken und widmete mich den übrigen
Nachrichten in der Zeitung. Bertha Cool saß wie ein Buddha in ihrem Sessel, ein
Bild vollkommener Seelenruhe.
    Als ich zum zwanzigstenmal die
Zeitung weglegte, aufstand und zum Fenster ging, sagte sie: »Hör doch um
Himmels willen auf, so herumzuzappeln. Damit kommst du nicht weiter. Ruh dich
aus, solange du es noch kannst. In dem Fall kann noch mehr Nachtarbeit auf uns
zukommen. Nervosität zahlt sich nicht aus.«
    Ich ging zurück zum Bett,
schüttelte die Kissen auf und legte mich hin. »Ich werde mal versuchen, ein
bißchen zu schlafen«, verkündete ich. »Ob ich es schaffe, weiß ich nicht, aber
man muß die Gelegenheit nutzen.«
    »Gute Idee«, sagte Bertha
wohlwollend. »Gib mir mal die Wirtschaftsbeilage. Viel steht ja nicht drin,
aber immerhin...Wenn man so liest, was die Herren Wirtschaftsredakteure
verzapfen, denkt man, sie hätten die Weisheit gepachtet. Aber wenn man mal
hinter die Kulissen sieht, merkt man, daß alles nur Gewäsch ist. Hör dir das
an: >Falls die politische Lage in Europa stabil bleibt, wird allgemein mit
einer gesunden Entwicklung des Effektenmarktes gerechnet, und die Aktien
dürften langsam, aber stetig steigen. Die politische Situation hier im Lande
ist zwar noch lange nicht beruhigend, läßt aber eine Wendung zum Besseren
erhoffen. Zumindest ist der Trend nach links zum Stillstand gebracht worden.
Trotzdem sollte man bedenken, daß die Wirtschaft alles andere als optimistisch
in die Zukunft sieht, und der Versuch gewisser Kreise, politische Macht an sich
zu reißen oder die bereits gewonnene Position weiter zu verstärken, wird
zweifellos verzögernd auf eine eventuelle Erholung einwirken.<« Sie
schnaubte verächtlich und warf das Blatt zu Boden.
    Ich legte mich so bequem wie
möglich hin, aber ich wußte genau, daß Schlafen unmöglich war. Meine Gedanken
rasten im Kreis. Ich nahm mir eine Möglichkeit zur Lösung des Falles vor,
spielte sie bis zu Ende durch, verwarf sie, wandte mich einer neuen zu und
drehte mich unruhig hin und her. »Lieg doch still«, knurrte Bertha. »Wenn ich
mich ständig herumwälze, kann ich auch nicht schlafen!«
    Ich sah auf die Uhr. Es war
fast elf.
    »Vielleicht sollten wir doch
mal im Key West anrufen«, meinte Bertha Cool.
    »Nein, das halte ich nicht für
richtig. Der Empfangschef darf keinen Verdacht schöpfen. Er ist doch in Frieda
Tarbing verliebt und neigt somit zur Eifersucht.
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