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Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)

Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)
Autoren: Markus Heitz
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sich zu rühren. Wie gerne hätte er etwas Stimmungsvolles gesagt. Aber wozu? Es gab niemanden, der seine letzten Worte für die Nachwelt festhielte. Welch böser Scherz der Götter.
    Bevor er gänzlich in die Bewusstlosigkeit glitt, erhielt er einige feste Schläge gegen die Wangen.
    Das empfindliche, verbrannte Fleisch sandte erweckenden Schmerz. Gleich darauf bekam er eisigen Schnee ins Gesicht geworfen, sodass er die Augen aufriss.
    Zu seiner Verwunderung lag er auf dem Bett und fühlte einen Verband an seinem Hals. Er ließ mich am Leben?
    Carâhnios stand vor ihm und schwenkte die Flasche, in der einiges an Blut schwappte. »Zwei Einheiten. Das reicht für den Anfang«, befand er und verkorkte sie gewissenhaft. »Ruhe dich aus, iss tüchtig, und du kommst bald wieder auf die Beine, kleines Schwarzaugenfischlein.« Er gluckste. »Du dachtest, dass ich dich töte? Ah, das war herrlich, deine Furcht zu spüren.«
    Carmondai richtete sich vorsichtig auf, Tauwasser sickerte kühlend über seine Züge. Das Sprechen gelang ihm noch nicht. Schwindel breitete sich aus, sobald er sich zu schnell bewegte.
    »Sollte ich keine anderen Schwarzaugen mehr finden, besuche ich dich öfter, meine niemals versiegende Quelle. Ich weiß ja, wo ich dich finde: Immer da, wo die kleine Ido steckt.« Carâhnios setzte lachend den Dolch an seinen eigenen Hals und fügte sich einen Schnitt zu, aus dem schwarzes Blut rann. Sogleich presste er einen Lappen dagegen. Er schien ihn sich aus dem Kopfkissen geschnitten zu haben. »So. Damit ist auch die Maßgabe erfüllt, die auf deiner Stirn steht: Wer diesem Alb Schaden zufügt, dem wird Gleiches zustoßen. Die Königin kann mir gar nichts.«
    Ohne weiteren Gruß verließ er das Zimmer.
    Geschwächt stemmte sich Carmondai in die Höhe und besah die Unordnung, die das kurze Gefecht gegen den Zhadár hinterlassen hatte. Mühsam ging er zum offenen Fenster, um die frische Luft einzuatmen. Er wird seine Drohung wahr machen. Und ich kann nichts dagegen unternehmen, solange er über diese Kräfte verfügt.
    Er schaute hinaus, wo er den Unterirdischen auf seinem weißen Pony davonreiten sah. Er passierte dabei den Tross der Königin, die just Aichenburg erreichte, um nach ihrem wertvollen Sklaven zu sehen. Damit ist es noch einer mehr, der nach mir trachtet.
    Er blickte senkrecht nach unten, wo der Boden gute fünfzehn Schritt in der Tiefe lag.
    Er könnte sich einfach nach vorne lehnen und fallen lassen.
    Alles wäre vergessen, die Schmerzen, die Narben, die Erniedrigungen und die Sorgen.
    Doch ein einziges Gefühl hielt ihn davon ab.
    Samusin hat sicherlich etwas vor mit mir. Wer durch solche Niederungen schreitet, wird umso mehr von ihm erhöht. Carmondai hob den Blick wieder und betrachtete die Wälder, auf die sich Dunkelheit und Schnee senkten. Welch schöner Gegensatz.
    Er begab sich an den Tisch und räumte die Unordnung auf. Er nahm neue Tinte und begann die nächste Zeichnung, schrieb auf ein weiteres Blatt die Zeilen eines Gedichtes, das ihm in den Sinn kam.
    Auch Qual und Leid dienten einem Künstler zur Inspiration.
    Aus ihnen entstanden mitunter die besten Werke.

»Schlimmer als ein trauernder Mann ist ein verliebter Mann. Denn er erwartet Belohnungen für seine Taten.«
    Albische Weisheit,
gesammelt von Carmondai, Meister in Wort und Bild

Ishím Voróo, Graues Gebirge, 5452.   Teil der Unendlichkeit (6491/92.   Sonnenzyklus), Winter
    Zum ersten Mal hielt der Sturm inne und erlaubte den beiden unterschiedlich großen, müden Reisenden einen Blick auf das Gebirge um sie herum, als wollte er sie dafür belohnen, sich bis zu dieser Stelle vorangekämpft zu haben.
    Die Sonne erhob sich über den mächtigen Gipfeln und breiten Bergrücken, die dank Eis und Schnee strahlend glänzten.
    Die Helligkeit wurde unerträglich. Das unerbittliche Weiß verstärkte den Schein des Taggestirns und zwang die Lider der beiden Menschen herab, die keuchend im Nirgendwo des Grauen Gebirges angehalten hatten. Alle zehn Schritte taten sie das, um Luft in die scheinbar geschrumpfte Lunge zu ziehen.
    Und doch wollten sie die staunenden Augen nicht abwenden und die Schönheit erfassen, welche die Kargheit in sich barg.
    Der Stein ahmte scheinbar die Formen von Wesen nach, mal wirkte ein Gipfel wie ein Drachenkopf, mal schien ein Gnom aus der Bergwand herauszulugen. Der Wind verwehte den Schnee an den höher gelegenen Hängen und formte weiße Fahnen, die sich weit durch die Luft zogen, während sie zerstoben
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