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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Autoren: Markus Heitz
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verfolgte, wie das Knöchelchen verbrannte und der Zahn leise klickend zersprang. Dass die Flammen sich dabei für die Dauer weniger Herzschläge verfärbten, schob er auf das Material.
    »Setzt die Felder in Brand«, befahl er ruhig. »Es mag sein, dass Ríodh’ogîs wirklich seine Macht im Spiel hatte. Es wird nicht im Sinn der Unauslöschlichen sein, wenn das Korn, das ein Infamer gedeihen ließ, als Mehl nach Dsôn und in die Mägen der Unbefleckten gelangt.« Wer weiß, was es mit ihrem Verstand anrichtet.
    Drâcoràs ging zum stummen Säugling und wickelte ihn in die Decke, hob ihn auf und verließ die Scheune, um nach Ishînaia zu sehen.
    Noch bevor er zum Tor hinaustrat, roch er das Metallische, das bei ihrer Ankunft nicht in der Luft gehangen hatte. Dann sah er die vermisste Albin, die mit gezogenen Schwertern auf dem Hof stand, umringt von den Leichen zwei Dutzender Albae, die in den Händen Sensen, Dreschflegel und Sicheln hielten; hier und da brannten fallen gelassene Fackeln.
    Ishînaia reinigte ihre Klingen an der Kleidung eines Erstochenen und blickte zu ihrem Anführer. »Sie kamen schlagartig angerannt«, berichtete sie und öffnete die Kleidung des Toten bis zum Nabel. Eine eingeritzte Rune wurde in der Haut sichtbar. »Ich fand sie bei allen.«
    Drâcoràs nickte und dachte an den Rechtfertigungsversuch der Braunhaarigen. Es bedeutete keinen Unterschied, ob sie zu den Infamen gezwungen worden waren oder nicht. Sie wären so oder so in die Endlichkeit gegangen. »Bringt sie in die Scheune und zündet sie an.« Er sah auf den Säugling auf seinen Armen.
    »Was ist mit ihm?« Ishînaia erhob sich, die roten Spritzer auf ihrer Maske wurden nun erst erkennbar; im Licht der Nachtgestirne wirkten sie beinahe schwarz.
    »Ein Opfer für den Infamen. Das Kind ist unschuldig und darf leben.« Drâcoràs begab sich auf den Weg zu den Nachtmahren und hob im Vorbeigehen eine der Fackeln auf. »Ich suche eine Familie für den Knaben.«
    Während er durch die wiegenden Rispenhalme schritt, hielt er das brennende Ende mal nach rechts, mal nach links und schuf das erste der Feuer. Als sich die Inagsàri auf den Rappen vom Gehöft entfernten, schlugen die Lohen viele Schritte hoch in den Nachthimmel. Spreu flog auf, Funken stoben empor, und die Gebäude mit dem Leichen der Ungetreuen vergingen in dem Inferno.
    Am Horizont zogen sich dunkle Wolken zusammen, die der Westwind herantrieb. Die Luft roch bereits nach Regen. Aber es ging nicht darum, das vom Infamen verseuchte Getreide zu retten. Es war nicht die Macht von Ríodh’ogîs, welche das Unwetter heraufbeschwor.
    Samusin ist wachsam. Drâcoràs wusste, dass der Gott des Ausgleichs verhindern würde, dass aus den Flammen ein Flächenbrand in Shiimāl erwuchs. Wir sind seine Diener , dachte er und hielt den Jungen an sich gedrückt, der weder schrie noch andere Laute von sich gab, die auf Unwohlsein schließen ließen. Er spürt, dass er bei mir in Sicherheit ist.
    Die Nachtmahre donnerten schnaubend durch die Felder. Die Blitze um ihre Fesseln hinterließen vier feurige Linien in dem zundertrockenen Hafer, von denen aus sich der Brand verteilte und sein Vernichtungswerk vor dem tiefschwarzen Himmel fortsetzte.
    Polternd brachen die Häuser und Stallungen zusammen. Die Relikte vergingen zusammen mit denen, die an die Infamen geglaubt hatten.
    Drâcoràs wusste, dass es nicht das letzte Mal gewesen war, dass er sein Schwert ziehen musste. Doch selten war es für die Inagsàri so einfach gewesen.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albaereich Dsôn Faïmon, Strahlarm Ocizûr, 4370. Teil der Unendlichkeit (5189. Sonnenzyklus), Spätsommer
    »Eine milde Mehlsuppe vorweg, danach die langsam geschmorten Büffelbäckchen, dazu etwas dunkles Brot. Und den Rotwein mit einem Schuss süßem Gewürzsud und etwas gestoßenem Eis versehen.« Drâcoràs nickte der Bedienung zu, die sich kurz verneigte und rasch den Raum verließ, in dem der Alb alleine saß.
    Die Rüstung hatte er abgelegt, die Wurfdolche und -sterne lagen verborgen in Falten seines weiten Gewands. Nur auf ein offen erkennbares Schwert konnte und wollte er nicht verzichten. Die Handwerker durften ruhig wissen, dass er keiner von ihnen war.
    Er traf sich mit seinen drei Veteraninnen in der Nebenstube des Wirtshauses Schwarzstein zum Mahl, um ungestört von anderen Gästen zusammenzukommen und eine Unterredung zu führen.
    Die vier Inagsàri hatten sich während der letzten Momente der Unendlichkeit überall im
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