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Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat

Titel: Die Legende von Skriek 1 - Das Attentat
Autoren: K. A. Stone
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Trauer erfüllte meine Mutter. Langsam nahm sie den Blumenkranz von ihrem Kopf. Dunkle Tränen rannen über ihre Wangen und ihr Herz war voll Leid. Stunden vergingen. Schließlich erhob sie sich und machte sich auf den Weg. Nach kurzer Suche fand sie Soltanisonos Leichnam. Die Soldaten hatten ihn gehäutet und seine schuppige Lederhaut mit sich genommen, um sie an einen fahrenden Händler für goldene Taler zu verkaufen. Meine Mutter harrte bei ihrem Liebsten aus, bis der erste Tag des Vollmondes gekommen war. Dann nahm sie all ihr Silber aus ihren Gürteltaschen und legte es auf seine Brust, dort wo einst seine edle Seele gewohnt hatte. Sie übergoss ihn mit reichlich Fackelöl und zündete ihn an. Es dauerte lange, bis alle Flammen erloschen waren. Mit bebenden Fingern ergriff meine Mutter eines von den angerussten, verschmolzenen Silberstücken und verwahrte es als Andenken an ihren geliebten Soltanisono in einer ihrer Gürteltaschen. Sie nahm Stab und Knochenflöte an sich und ging los. Bahluna hatte ihre Seele berührt und ihr eine klare Botschaft geschenkt. Meine Mutter sollte Allunien verlassen und sich nach Euptonien, dem Kontinent der Menschen, begeben, um dort aus einem menschlichen Oberschenkel eine neue Knochenflöte zu Ehren Soltanisonos anzufertigen.
    Tagelang eilte sie dahin. Sie kannte weder Rast noch Ruh. Endlich erreichte sie die Meeresenge von Tassuan und die ersten Ausläufer von Kornium, dem östlichsten Teil Euptoniens. Und mit einem Mal fühlte sie einen Frieden in sich, den sie seit Soltanisonos Tod nicht mehr verspürt hatte. Das Ziel ihrer Reise war nahe. Sie blieb stehen und witterte. Ihre kleinen, runden Ohren zuckten. Plötzlich hörte sie die schmerzerfüllten Schreie eines Mannes. Vorsichtig schlich sie in jene Richtung, aus der die Rufe gekommen waren. Sie bewegte sich geschmeidig und leise von Baum zu Baum. Schließlich erreichte sie den Rand einer Lichtung. Zwei bärtige Männer, bekleidet mit einfachen Fellhosen und ärmellosen Jacken, standen über einem toten, telberischen Soldaten. Sie hatten ihn mit ihren Streitäxten niedergestreckt. Meine Mutter dankte Bahluna für ihre Weisheit und formte das heilige Zeichen des Mondes mit ihren Krallenhänden. Telberische Soldaten hatten Soltanisono getötet und nun würde sie aus dem Oberschenkelknochen eines Telberiers die Knochenflöte für ihren Liebsten anfertigen. Das schien ihr gut und richtig zu sein.
    Mit einiger Ungeduld wartete meine Mutter gut verborgen hinter einem Baum, bis die beiden bärtigen Männer dem telberischen Soldaten all seine Münzen und Waffen geraubt hatten und sich endlich von dannen machten.
    Schließlich hatte das Warten ein Ende und meine Mutter konnte sich zu dem toten Telberier begeben. Mit ihren scharfen Krallen legte sie den rechten Oberschenkel des Getöteten frei und holte seinen Oberschenkelknochen aus dem blutigen Fleisch. Meine Mutter säuberte den Knochen notdürftig und dankte Bahluna erneut für das großzügige Geschenk. Anschließend stand sie auf, um sich auf den Rückweg nach Euptonien zu machen, um dort mit der Bearbeitung des Knochens zu beginnen. Wenn die Flöte vollendet war, würde sie jedes Mal, wenn sie auf ihr spielte, mit ihrem geliebten Soltanisono verbunden sein.
    Meine Mutter hatte erst wenige Schritte getan, als die zwei bärtigen Männer von vorhin aus einem nahegelegenen Dickicht traten. Sie waren in Begleitung von sechs weiteren Kriegern zurückgekehrt, drei davon waren mit Steinschleudern bewaffnet. Einer von ihnen trug einen bronzenen Stirnreif und schien ihr Anführer zu sein. Sein Name, so erfuhr meine Mutter später, war Chandrion.
    Die Männer schwärmten aus. Meine Mutter versuchte zu fliehen, doch da flog ein Stein heran und traf ihre Schläfe. Sie wankte, aber sie war stark und flink. Ihre Krallen schossen nach vorne und schlugen blutige Furchen in das bärtige Gesicht eines Angreifers. Der Mann schrie heulend auf und stürzte zu Boden. Meine Mutter wirbelte geschmeidig zur Seite, hob ihren Stab und fauchte herausfordernd. Ihre große Seele spürte zum ersten Mal so etwas wie Hass. Sie erschauderte. Ein weiterer Stein, größer und schwerer als der erste, sauste heran und traf sie knapp über dem linken Ohr. Erneut taumelte sie. Und dann waren die bärtigen Männer über ihr. Ein Eisenschild wurde mit Wucht gegen ihren Kopf geschlagen und meine Mutter verlor das Bewusstsein.
    Viel später erwachte sie mit dröhnenden Kopfschmerzen und schlimmen Durst. Sie lag in einem
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