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Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Titel: Die Legende der Wächter 8: Die Flucht
Autoren: Katharina Orgaß
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ähnliche Gedanken durch den Kopf. Der alte Rauschnabel musste sich zusammenreißen, um nicht vor Rührung eine Träne zu verdrücken. Aber er beherrschte sich. Er durfte sich nicht ablenken lassen. Er musste Nyra im Auge behalten. Ihre Bosheit schlug ihm trotz der Entfernung entgegen wie ein heißer Windhauch.
    Gleich schlägt sie zu! Gleich! Und niemand wird sie aufhalten, weil alle vor Freude wie besoffen sind. Doktor Schönschnabel schaute sich um. Er brauchte Unterstützung. Der Einzige, der dafür infrage kam, war Uglamore. Der Kundschafter gab dem Offizier ein Zeichen, dass er zu ihm herüberkommen werde. Uglamore nickte knapp.
    Als der Schnee-Eulerich neben dem zerrupften Schleiereulerich landete, raunte er ihm zu: „Nyra führt irgendwas im Schilde, aber nichts Gutes.“
    Uglamore nickte wieder.
    „Wir müssen sie aufhalten. Machst du mit?“
    Ein drittes Nicken war die Antwort, doch die stumpfen Augen des alten Offiziers leuchteten auf einmal so tatkräftig wie die eines jungen Eulerichs. Uglamore war wie verwandelt. „Alles klar!“, sagte er.
    Als Coryn mit der Glut von Hoole im Schnabel zu einer letzten Runde über den Vulkankreis ansetzte, machte sich Nyra abflugbereit. Unter Coryn sauste ein ganzer Schwarm Glutsammler durch die Luft. Sie fingen die Funken der Glut auf. Angeblich genügte ein einziger solcher Funke, damit ein Schmiedefeuer für immer rumste.
    Coryn selbst konnte das alles noch gar nicht glauben. Sein Magen schlug Purzelbäume vor Freude, aber er spürte auch noch etwas anderes, nämlich tiefe Dankbarkeit. Voller Zuneigung dachte er an seine Freunde, die so treu zu ihm gehalten hatten: an die schöne Wölfin Gyllban – er schaute nach unten, konnte sie aber nirgends entdecken – an Hamisch, Otulissa und an den wackeren Gwyndor, der vorhergesehen hatte, dass Coryn zu Großem bestimmt war. Vor allem aber hatte Gwyndor ihn daran erinnert, dass er einen freien Willen besaß. Und dieser freie Wille hatte ihn überhaupt erst in die Hinterlande geführt. Coryn vergaß auch Nebel nicht, die liebe alte Nebel! Aber wo steckten bloß Hamisch und Gyllban?
    „Haltet sie auf!“, hörte er jemanden rufen.
    Er wandte den Kopf. Was war da los?
    Nyra!
    „Komm zu Mama! Gib mir das, was du im Schnabel hast!“
    Sein Magen begehrte auf: Nein!
    Coryn ging in den Sinkflug. Dabei fiel sein Blick auf einen Wolf, der torkelnd am Rand des Lavaflusses entlangtappte. Speichel rann ihm aus den Lefzen und verdampfte zischend. Der Kranke! Coryn kam eine Eingebung. Er änderte die Richtung und flog auf den geiferkranken Wolf zu, der sich jetzt um sich selbst drehte und nach seinem eigenen Schwanz schnappte.
    „Großartig, der Kleine!“, sagte Doktor Schönschnabel anerkennend. „Er treibt die alte Hexe dem kranken Wolf direkt in die Fänge. Komm, wir helfen ihm!“ Der Kundschafter und Uglamore schwangen sich in die Lüfte.
    Sie waren nicht die Einzigen, die begriffen, was Coryn vorhatte. Hamisch und Gyllban tauchten plötzlich auf und scheuchten den kranken Wolf auf Nyra zu. Coryn flog absichtlich niedrig, denn er ging davon aus, dass Nyra ihm folgen würde. Alle arbeiteten zusammen, um der verhassten Eulentyrannin den Garaus zu machen. Sie waren wie im Rausch. So lange hatten sie auf den neuen Herrscher gewartet. Da konnten sie jetzt unmöglich dulden, dass jemand ihn bedrohte.
    Nyra verstand nicht recht, was vor sich ging. Sie hatte sich auf einen Luftkampf mit Coryn eingestellt, wurde aber nach unten in Richtung Boden abgedrängt. Im Bodenkampf war Nyra nicht gut. Was soll das? , dachte sie. Immer mehr Eulen und Wölfe kreisten sie ein. Wo ist Nyroc? Sie erkannte die hellbraune Wölfin aus dem MacHeath Clan wieder. Was macht die denn hier?
    „Ich bin auf deiner Seite!“, raunte sie Gyllban verschwörerisch zu.
    Die glühenden Augen der Wölfin warfen einen grünen Widerschein auf den Schnee. „Von wegen! Du bist auf niemandes Seite. Du denkst nur an dich selbst!“ Gyllban fletschte die Zähne.
    Plötzlich erblickte Nyra den kranken Wolf. Sie hörte seinen rasselnden Atem und sah, wie ihm der Speichel aus dem Maul tropfte. Da begriff sie, was die Wölfe und die anderen Eulen vorhatten. Nyra hatte von der Geiferseuche gehört. Sie wusste, dass die Erkrankten den Verstand verloren und einen qualvollen Tod starben. Sie schaute sich Hilfe suchend um.
    „Uglamore, du alter Trottel – was machst du denn hier?“, rief sie aus.
    „Ich sehe zu, wie du stirbst“, antwortete der ehemalige Offizier der
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