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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung
Autoren: Kathryn Lasky
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wieder stimmten die Höhlenkäuze schwungvolle Lieder an, die bei der Arbeit den Takt vorgaben, oder sie erzählten sich ihre alten Legenden. Eine davon handelte zum Beispiel von der sagenhaften Höhlenkäuzin Terra, die sich in einer einzigen Nacht unter einem großen Berg durchgegraben hatte.
    Sylvana hätte auch ein gutes Vorbild für eine Legende abgegeben, fand Soren. Die Höhlenkäuzin sah umwerfend aus und Soren staunte selbst, dass er ihre eigentlich hässlichen, federlosen Beine so anziehend fand. Sylvanas weiße, magere, aber unglaublich kräftigen Beine leuchteten beim flinken Graben in dem dämmrigen Tunnel wie Blitze am Sommerhimmel. Sie pflegte ein Lied zu singen, das Soren besonders gut gefiel. Kukukuruu lautete der typische Ruf der Höhlenkäuze, und wenn sie alle zusammen sangen, klang es lieblich wie Taubengurren. Verglichen damit hörte sich Sorens Stimme schrill und heiser an, wenn er in den Refrain einfiel, aber Sylvana machte nicht ein einziges Mal eine Bemerkung darüber. Nörgeln war nicht ihre Ar t – sie hob an jedem die guten Seiten hervor.
    Kukukuruu,
Kukukuruu!
Der Boden ist hart,
Grabt und scharrt,
Buddelt und bohrt
Immerfort!
Durch Kies und Ton,
Durch Sand und Morast
Schaufelt und wühlt
Ohne Ruh und Rast.
Schachtet und schürft
Ohne Rast und Ru h –
Kukukuruu,
Kukukuruu!
    Wenn die Freunde nach ihrer Schicht in ihre Baumhöhle zurückkehrten, schliefen sie vor Erschöpfung sofort ein. Doch die Arbeit machte gute Fortschritte. Ezylryb hatte Oktavia gebeten, den Tunnelgräbern ab und zu einen Extrahappen zuzustecken. Die Schlange durfte es damit natürlich nicht übertreiben, sonst hätten die anderen Eulen im Baum Verdacht geschöpft.
    Der unterirdische Gang sollte an einer alten, im Wintersturm umgeknickten Tanne enden. Der Stamm der Tanne war morsch, der Stumpf innen ziemlich ausgehöhlt. Die Stelle lag ein gutes Stück hinter der Belagerungslinie der Feinde. Durch diesen Ausgang sollten nicht nur Strix Strumas Kauzkämpfer ins Freie gelangen, sondern auch die anderen Truppeneinheiten. Man wollte den Feind erst einkreisen und dann in die Zange nehmen. Aus Belagerern sollten Belagerte werden.
    Zwei Wochen schufteten sie nun schon und der Tunnel war fast fertig. Sylvana schätzte, dass es noch vier, höchstens fünf Tage dauern würde.
    „Ihr könnt stolz auf euch sein“, sagte sie anerkennend, als die Schicht der Freunde wieder einmal um war. „Vor allem ihr drei: Soren, Morgengrau und Gylfie. Ihr seid keine geborenen Tunnelgräber wie unsereins, aber inzwischen könnt ihr mit jedem Höhlenkauz mithalten.“
    Oktavia kam angekrochen. „Entschuldige die Störung, Sylvana, aber es gibt ein Problem.“
    „Was denn für eins?“
    „Wamme.“
    „Wamme?“
    Soren wurde flau im Magen. Er wechselte einen Blick mit Digger.
    „Ich weiß auch nicht, was los ist, aber ihr sollt sofort alle in Ezylrybs Höhle kommen.“
    „Sind schon unterwegs.“
    „Ein Sonderauftrag? Das klingt spannend. Ich beschwere mich bekanntlich nie, Ezylryb, aber es kommt mir vor, als würde ich irgendwie ausgeschlossen. Als Ryb habe ich mehr Wertschätzung verdient.“
    Der alte Kreischeulerich seufzte. Das wird nicht einfach, dachte er. Und wenn sie doch nichts mit den Sicherheitslücken zu tun hat? Unter Spionageverdacht zu stehen, ist kein Spaß. Aber es geht nicht ander s – wir müssen auf Nummer sicher gehen.
    Selbst wenn Wamme tatsächlich eine Agentin des Feindes wa r … war das ihre eigene Idee gewesen? Oder hatten die Reinen ihre Sorge um das Wohl des Baums ausgenutzt? Wamme war geradezu davon besessen. Sie wäre imstande gewesen, seine Bewohner zu opfern, wenn dem Großen Baum nur ja kein Blättchen gekrümmt wurde
    „Ich wollte dich schonen, meine Liebe, so wie Strix Struma, Elvan und die anderen Rybs. Wir sind schon alt und verkraften die Härten der Belagerung nicht mehr so gut wie die Jungen. Aber diesen Auftrag kann ich niemand anderem anvertrauen als dir.“
    Ezylryb hatte sich die Sache leichter vorgestellt, aber die Idee zu dem „Sonderauftrag“ war ihm gerade eben gekommen und er hatte gleich nach Sylvana geschickt. Hoffentlich begriff die kluge Höhlenkäuzin auf Anhieb, was er vorhatte, denn erklären konnte er ihr jetzt nichts mehr.
    „Da bist du ja, Sylvana! Es geht hier um Folgendes: Wamme hat keine Lust, untätig herumzusitzen, und mir ist eine wunderbare Aufgabe für sie eingefallen. Mit Glaux’ Hilfe könnte sie sogar diesen unerträglichen Belagerungszustand
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