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Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Titel: Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat
Autoren: Kathryn Lasky
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Reinen, hatten mindestens fünf Freie Schmiede gefragt, ob sie Kludds Einäscherung durchführen würden. Alle hatten sich geweigert. Doch dann war Gwyndor nach seinem Besuch bei Nebel aus einem Traum erwacht und hatte sich spontan entschieden, den Auftrag anzunehmen. Wie jedes Mal wusste er nicht mehr, was er geträumt hatte, aber irgendwie hatte der Traum seine Entscheidung ausgelöst.
    Ob der kleine Schleiereulerich, der so angestrengt ins Feuer schaute, etwas damit zu tun hatte? Gwyndor hatte schon die ganze Zeit das Gefühl, dass ihn nicht nur seine Mitwirkung an der Abschiedszeremonie hierhergeführt hatte.
    Abermals betrachtete er Nyroc. Wie seine Mutter besaß auch der Sohn einen ungewöhnlich großen weißen Gesichtsschleier, der wie ein Mond im Halbdunkel der Höhle zu schweben schien. Ja, ich bin seinetwegen hier. Aber warum?
    „Kommt Zeit, kommt Rat“ , glaubte er eine Stimme raunen zu hören. „Warte einfach ab.“

Nyroc musste immerzu an die Flammen denken. Ihm war, als wollten sie ihm eine Geschichte erzählen oder zumindest einen Teil einer Geschichte. Wo lag das fremdartige Land? Was hatte es mit den sonderbaren Vierbeinern auf sich? Und war die unbekannte Farbe in der dreifarbigen Flamme tatsächlich Grün gewesen? Doch Nyroc hatte noch etwas anderes im Feuer erblickt – etwas, was ihm Angst machte. Hatte es mit seinem grausamen Onkel Soren zu tun?
    „Nyroc!“, schalt seine Mutter. „Wo bist du mit deinen Gedanken? Ich lasse dich auf der Jagd nach dem Streifenhörnchen voranfliegen und du bist überhaupt nicht bei der Sache. Und das nicht zum ersten Mal! Was ist eigentlich mit dir los? Wenn du noch nicht mal ein Streifenhörnchen verfolgen kannst, wie willst du dann Mäuse jagen, die viel kleiner sind? Benutz gefälligst deine dir von Glaux gegebenen Ohrschlitze!“ Nyra legte den Kopf schief, um zu zeigen, was sie meinte.
    „Entschuldige, Oberste Mutter. Ab jetzt passe ich besser auf“, erwiderte Nyroc in dem zerknirschten Ton, den Nyra von ihm erwartete, wenn sie ihn tadelte. „Zu meiner Entschuldigung kann ich nur vorbringen, dass ich immer noch tief bewegt von der Abschiedsfeier meines Vaters bin.“
    Er blinzelte dreimal und hörte seine Mutter wieder sagen: Du wirst in deines Vaters Kampfkrallen hineinwachsen. Sie sind das größte Heiligtum der Reinen. Wenn du groß bist, wirst du mit ihnen in die Schlacht fliegen. Sieh sie dir gut an.
    Nyroc freute sich schon darauf, die scharfen Klingen in den Bauch eines Gegners zu graben. Doch erst einmal musste er seine erste eigene Beute schlagen. Er drehte den Kopf lauschend hin und her, wie seine Mutter es ihm beigebracht hatte. Auf der Leeseite vernahm er das Getrippel kleiner Pfoten. Sein linkes Ohr empfing das Geräusch früher als sein rechtes. Nyroc änderte die Richtung und flog auf das Streifenhörnchen zu. Kurz darauf hörte er das Getrippel fast gleichzeitig mit beiden Ohrschlitzen.
    Nyroc ging kreisend in den Beuteanflug, wobei er das Streifenhörnchen keine Sekunde aus Augen und Ohren ließ. Der Boden raste ihm entgegen, doch Nyroc hielt den Blick fest auf die Rückenzeichnung des Nagers geheftet.
    Als Nyroc seinem Opfer die Krallen in die Flanken grub, quiekte das Streifenhörnchen eher verdutzt als angstvoll. Es war nicht besonders groß, verlor aber erstaunlich viel Blut. Über sich hörte Nyroc Beifallsrufe. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass außer seiner Mutter noch jemand seine Erste-Beute -Feier verfolgte. Als er den Kopf hob, sah er Uglamore, Wortmore, Schmuddel und den Schmied Gwyndor in einer Kreisformation über sich fliegen. Sie hießen den neuen Jäger mit lautem Jubel in ihrer Mitte willkommen.
    Nyra nahm ihrem Sohn das sterbende Streifenhörnchen ab und ließ die letzten Blutstropfen über Nyrocs Kopf rinnen. Als Mutter und Sohn in ihre Höhle zurückkehrten, war Nyrocs weißes Gesicht rot gestreift. Ihm wurde ein bisschen flau im Magen, als er spürte, wie das Blut auf seinem Gesichtsschleier verkrustete.
    Anschließend fand auf den Felsen am Uhutor ein großes Fest statt. Nyroc schielte kurz zu seiner Mutter hinüber. Sie war in eine Unterhaltung mit dem Schmied Gwyndor vertieft. Als Nyra ihrerseits den Kopf wandte, sah sie ihren Sohn in Gedanken versunken abseitssitzen. Sie flog zu ihm und stupste ihn aufmunternd an. Die anderen Jungeulen ließen sich in fröhlichem Spiel von den Aufwinden tragen, aber sie hatten Nyroc nicht gefragt, ob er mitmachen wolle. „Sei kein Spielverderber, mein Schatz. Es ist doch
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