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Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Titel: Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat
Autoren: Kathryn Lasky
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hatte einen wunderschönen sonoren Klang.“ Nyroc wusste nicht, was ein sonorer Klang war, fragte aber nicht nach.
    Jetzt stieß ihn seine Mutter mit dem Flügel an. „Komm“, sagte sie. „Wir wollen deinem Vater nun huldigen.“
    „Was bedeutet ,huldigen‘?“
    „Ihm die letzte Ehre erweisen.“
    „Heißt das, wir verabschieden uns von ihm?“
    „Ja, das heißt es“, erwiderte seine Mutter gereizt. „Und jetzt hör bitte endlich auf, mir Löcher in den Bauch zu fragen.“
    Huch , dachte Nyroc, ich halte wohl besser den Schnabel. Eine letzte Frage konnte er sich trotzdem nicht verkneifen. „Kann Schmuddel auch mitkommen?“
    „Aber natürlich, mein Schatz. Schmuddel kann immer mitkommen.“ Schmuddel blinzelte erstaunt. Es ist wirklich das reinste Wunder , dachte er.
    „Danke, Mama.“
    Hätte sich Nyroc getraut, noch eine Frage zu stellen, hätte sie gelautet: „Wovon verabschieden wir uns eigentlich?“
    Auf dem Boden der Höhle lagen nämlich gar keine weißen Äste, sondern Knochen – die Knochen seines Vaters. Daneben hatte sich ein struppiger Maskenschleiereulerich aufgebaut. Vor ihm stand ein eiserner Behälter. Von Schmuddel wusste Nyroc, dass die Freien Schmiede in solchen Behältern ihre glühenden Kohlen beförderten. Nyroc reckte den Hals und sah es in dem Behälter rötlich leuchten. Sein Magen erschauerte. Doch da spürte er einen Schnabelhieb im Nacken und Nyra schimpfte gedämpft: „Schau gefälligst nach vorn. Du stehst vor den sterblichen Überresten deines Vaters!“ Sie setzte hinzu: „Siehst du den Knochen dort in der Mitte, der in zwei Teile zerbrochen ist?“
    „Ja.“
    „Dein Onkel Soren hat den tödlichen Hieb geführt, der deinem Vater das Rückgrat gebrochen hat. Ich möchte, dass du das nie vergisst. Nie!“
    „Nein, Mama.“
    „Versprich es mir!“
    „Ich verspreche, dass ich es nie vergessen werde.“
    Schmuddel hatte gleich erkannt, dass es sich um Knochen handelte. Tod, Sterben und gefallene Krieger waren ihm vertraut. Doch viel mehr beschäftigte ihn weiterhin die Frage, weshalb er an dieser Abschiedsfeier teilnehmen durfte. Das ging weit über die anderen Bevorzugungen hinaus, die er erfuhr, seit ihn Nyra zu Nyrocs Betreuer ernannt hatte. Damals nach der Großen Brandschlacht hatte Nyra sämtliche Rußschleiereulen im Tytonenheer für die Niederlage verantwortlich gemacht. Dabei hatten die Rußeulen aufgrund ihres niedrigen Ranges den Verlauf der Schlacht gar nicht beeinflussen können. Nyra war offenbar so zornig gewesen, dass sie einfach irgendwelche Schuldigen gebraucht hatte. Nyra konnte furchtbar zornig werden.
    Als dann zwei Tage nach der Schlacht Nyroc geschlüpft war, hatte Nyra Schmuddel in ihr Felsennest rufen lassen. Schmuddel hatte das Küken sofort ins Herz geschlossen. Im Lauf der Zeit waren sie richtige Freunde geworden und Nyra hatte das stets unterstützt. Schmuddel hatte Nyroc sogar sein größtes Geheimnis anvertraut, nämlich dass er seinen Namen nicht ausstehen konnte. Er hatte Nyroc erzählt, dass er vor seinem Eintritt bei den Reinen einen richtigen, viel schöneren Namen gehabt hatte, Philipp oder Edgar, genau wusste er das nicht mehr. Nyroc hatte daraufhin wissen wollen, welcher der beiden Namen ihm besser gefiel. Noch nie hatte jemand Schmuddel so etwas Persönliches gefragt. Er hatte sich schließlich für „Philipp“ entschieden, und wenn sie unter sich waren, nannte Nyroc ihn so. Es war der einzige Punkt, in dem sich Nyroc nicht als vorbildlicher Reiner verhielt, und Schmuddel bewunderte ihn dafür umso mehr. Dass Nyroc ihn mit seinem früheren Namen anredete, bedeutete ihm mehr als alle Vergünstigungen, die ihm Nyra gewährte. Trotzdem hatte er seinen Schützling oft gewarnt, dass er sich damit in Gefahr brachte. Nyroc hatte nur die Schultern gezuckt und erwidert: „Ich will dich aber Philipp nennen! Zum Ausgleich bin ich in allem anderen besonders brav.“
    Schmuddel sah aus dem Augenwinkel, dass Nyroc immer noch zum Glutbehälter des Freien Schmieds hinüberschielte. Offenbar fand der junge Schleiereulerich die glühenden Kohlen weit spannender als die Überreste seines Vaters. Vielleicht war der Kleine ja doch nicht so ein Mustersohn, überlegte Schmuddel. Es war noch nie vorgekommen, dass Nyroc sich seiner Mutter so offen widersetzte. Zum Glück bekam Nyra nichts davon mit, weil sie den Blick auf die Gebeine ihres Gatten gerichtet hielt.
    „Lasst uns unserem verstorbenen Anführer die letzten militärischen Ehren
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