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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende
Autoren: Johanna Marthens
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ebenfalls niemand etwas wissen durfte. Was für eine Welt!
    Ich erhob mich, um zu gehen. »Dann wünsche ich Ihnen gute Besserung und nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    »Gern geschehen.«
    Bevor ich die Tür erreicht hatte, rief er mich zurück.
    »Moona. Ich bin kein Verbrecher, ich möchte nicht, dass du das denkst. Ich habe für meine Vergehen gebüßt. Es ist nur … nein, ich kann nicht. Noch nicht. Bitte hab Verständnis dafür.«
    Ich nickte. »Kein Problem. Wir haben alle unsere kleinen Geheimnisse.«
    Er versuchte ein Lächeln. »Ich hoffe, deines ist keine fünfzigtausend Euro wert.«
    »Nein«, log ich. »Das ist es sicherlich nicht.«
    Damit verabschiedete ich mich endgültig und überließ ihn seinen Schmerzen und den Gedanken an sein teures Geheimnis.
    ***
    Wieder in Mullendorf angekommen fuhr ich schleunigst zurück in die Tankstelle, um das Geschäft wenigstens noch für ein paar Stunden zu öffnen. Es wartete bereits ein Kunde auf mich, allerdings einer, den ich nicht so gerne sehen wollte: Pedro.
Sein Porsche brauchte Sprit, er ebenfalls, aber den für menschliche Kehlen gebrannten.
    »Hallo Moona, immer noch die gute Fee von der Tankstelle? Ich habe gehört, dein Chef hat sich als übler Grabflüchter entpuppt und dein neuer Freund ebenfalls. Was für ein Abstieg! Willst du nicht lieber zurück zu uns Warmblütern? Ich hätte noch eine Seite frei in meinem Bett.«
    »Ich schlafe auch gerne alleine«, antwortete ich kurz. Ich empfand überhaupt nichts mehr für ihn. Obwohl meine Trennung von ihm noch gar nicht lange zurücklag, kam es mir wie eine Ewigkeit vor, und der Gedanke an unsere Beziehung schien mir so absurd wie die Liebesaffäre mit einem Affen. Außerdem vergnügte er sich noch immer mit meiner Schwester. Damit war die Sache sowieso für mich erledigt.
    »Was willst du noch?«
    »Fünf Flaschen Whisky, Wodka und Rum. Außerdem Orangensaft, Cola und Salzstangen.«
    »Feierst du eine Party?«, wollte ich von ihm wissen. .
    »Wir haben Gäste bekommen. Ein total cooler Typ mit ein paar Leuten. Er ist ein Adliger.« Der Stolz in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    »Und wieso kommt er zu euch?«
    »Es gibt sonst nichts entsprechend Nobles in diesem Kaff, wohin sollte er sich sonst wenden?«
    Wie hatte ich das nur vergessen können? Pedros Familie besaß das reichste und größte Anwesen in Mullendorf und Umgebung. Klar, dass sie dort ein Nobelhotel einrichteten, sobald ein reicher Adliger daherkam.
    »Das war so ein Glück, dass er uns überhaupt gefunden hat«, fuhr mein Ex fort. »Zuerst hat so ein schmieriger Fremder mit seinem Begleiter bei uns angefragt, ob wir nicht wüssten, wo dein Freund Robert Bauer geblieben ist. Und kurz darauf kam der Fürst und klopfte bei uns an.«
    Mir wurde ein wenig übel. Mit dem schmierigen Fremden meinte er doch bestimmt einen von Roberts Feinden aus der Vergangenheit. Gehörte der Fürst etwa dazu?
    »Hat dein Adliger auch nach Robert gefragt?«
    »Nein. Der hat nur allgemein nach Grabflüchtern gefragt. Und danach, was Mullendorf so ausmacht. Er mag es hier. Er meint, er spüre die Kraft, die von der Ruhe und der Mullendorfer Erde ausgeht. Er will vielleicht hier bleiben und sich Land kaufen. – Endlich Leute vom richtigen Kaliber, mit denen wir umgehen können.«
    Ich hätte ihm am liebsten mit der Wodkaflasche, die ich gerade aus dem Regal holte, eine überzogen, wenn mir bei seinen Worten nicht noch übler geworden wäre. Das Wort »Kraft« im Zusammenhang mit der Mullendorfer Erde verursachte mir Bauchschmerzen. Das erinnerte mich an Matzes Prophezeiung und an die Legende, die mir Pfarrer Bernhard erzählt hatte. Was wollte der Fürst wirklich? Woher kam er und was hatte er vor? Denn mal ehrlich: Wieso sollte sich ein echter Fürst, der bei Verstand war, in Mullendorf niederlassen wollen? Das konnte nicht sein.
    Ich gab Pedro, was er verlangt hatte, nahm seine Kreditkarte und zog sie durch den Kartenleser, wobei ich krampfhaft versuchte, nicht auf sein Gesabbel zu hören. Erst als er mich auf eine große Party einlud, die morgen stattfinden sollte, wurde ich wieder hellhörig. Eigentlich hätte ich mich zwar lieber ebenfalls auf einen angespitzten Zaun geworfen, als noch einmal eine Einladung von Pedro anzunehmen, aber diesen ominösen Fürsten musste ich mir unbedingt ansehen. Und ich musste herausfinden, was hier wirklich gespielt wurde.
     

Feiern, bis der Tod kommt
     
    In dieser Nacht schlief ich endlich einmal tief und traumlos.
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