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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition)
Autoren: Ruth Dugdall
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gemacht.«

 
     
     
    Heute

5.
     
     
     
    »Amelia, bitte beeil dich. Wir kommen sonst zu spät.«
    Cate goss Milch über die Rice Krispies ihrer Tochter. Ihr eigenes Frühstück bestand aus einer angebrannten Scheibe Toast, die sie mit Butter bestrich. Von oben war kein Laut zu hören. Cate nahm die Treppe zwei Stufen auf einmal. Umgeben von Puppen und Teddybären, saß Amelia auf der Bettkante, noch immer in Unterhemd und Unterhose.
    »Warum bist du noch nicht angezogen?«
    »Ich bin müde.« Amelia ließ sich auf das Kissen zurückfallen. »Ich will heute zu Hause bleiben.«
    Cate hob das rosa Kleid, das sie herausgelegt hatte, vom Fußboden auf. »Arme hoch«, befahl sie und zerrte den Ausschnitt über das blonde Haar ihrer Tochter. Daran ist Tim schuld, dachte sie. Er hatte Amelia erst spätabends zurückgebracht, obwohl sie ihn gebeten hatte, es nicht mehr zu tun. Jedes Mal, wenn Amelia das Wochenende bei ihrem Vater verbracht hatte, war sie am nächsten Morgen müde und schlecht gelaunt.
    »Aua, Mummy. Du tust mir weh.«
    Cate ging darüber hinweg. Sie griff nach Amelias Sandalen, stülpte sie über die zappelnden Füße und schloss die Riemchen. »So. Und jetzt frühstücken. Los, marsch, marsch.«
    Widerwillig schlich Amelia hinter ihr die Treppe hinunter. In der Küche ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen, betrachtete die durchweichten Krispies und jammerte: »Ich will keine Krispies. Ich will Cheerios.«
    »Du isst das, was vor dir steht.«
    Gereizt schaute Cate auf die Uhr. Schon fast halb neun. Sie musste Amelia zu Julie bringen und anschließend über die Küstenstraße zum Gefängnis Bishop’s Hill fahren. Und sie würde definitiv zu spät kommen. Hastig steckte sie ein Sandwich, einen Apfel und eine Dose Cola in ihre Aktentasche. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass Amelias Schultern bebten. Verärgert und mitfühlend zugleich bat sie: »Amelia, jetzt wein doch nicht.«
    »Ich will aber Cheerios«, schluchzte das Mädchen. »Bei Daddy darf ich die auch immer essen.«
    Resigniert griff Cate nach einer sauberen Schale, füllte sie mit Cheerios und verschüttete in ihrer Hast etwas Milch auf dem Küchentresen. Sie stellte die Schale vor Amelia hin. »Hier. Aber jetzt ruckzuck.«
    Das Tamtam um die Cheerios hatte Cate ein paar weitere wertvolle Minuten gekostet. Kurze Zeit später hatte sie Amelia bei Julie abgeliefert, fuhr im Eiltempo zum Gefängnis und stürmte durch den Eingang.
    Dort ließ man sie erst mal warten. Cate rang nach Atem und übte sich in Geduld. Die Gefängniswärter hinter der kugelsicheren Glasscheibe plauderten miteinander und ignorierten sie. Schließlich klopfte sie an die Scheibe und schob ihren Ausweis unter der vergitterten Luke durch.
    »Mein Name ist Cate Austin, Bewährungshelferin. Ich soll mich hier melden. Heute ist mein erster Arbeitstag.«
     
    Ein Gefängniswärter namens Dave Callahan führte Cate herum. Er sah aus wie Anfang fünfzig, mit verdächtig schwarzem Haar und ehedem muskulösem Körper, der mittlerweile schwammig geworden war. Als junger Mann war er wahrscheinlich mal attraktiv gewesen, inzwischen jedoch nicht mehr, obwohl er das immer noch zu glauben schien. Während er mit Cate durch die einzelnen Abteilungen schritt, flirtete er mit ihr und hielt ihr übertrieben galant die vergitterten Türen auf, hatte jedoch nicht genügend Anstand, sie auch nur ein einziges Mal mit ihrem Namen anzureden. Als sie ihm erklärte, sie sei weder seine »Süße« noch sein »Schätzchen«, lachte er nur. Mit ihm würde es noch Probleme geben, das war Cate jetzt schon klar.
    »Wie kommt denn ein hübsches Ding wie Sie dazu, sich für einen Job im Gefängnis zu entscheiden?«
    »Ich leide an Höhenangst, sonst wäre ich Pilotin geworden«, entgegnete sie spitz.
    Callahans dröhnendes Gelächter hallte von den Wänden zurück. »Wir haben hier zwei Gefängnisse«, erklärte er ihr, »eins für Männer und eins für Frauen. Die Männer sind im offenen Vollzug, deshalb werden Sie die frei herumlaufen sehen. Wie die jungen Kerle damals sind sie bereit loszuziehen. Einige von ihnen haben viele Jahre gesessen, aber wenn sie hierherkommen, heißt das, dass wir ihnen vertrauen und sie in der Umgebung arbeiten lassen. Sie gehören zur Kategorie D, also niedriges Risiko.«
    »Ich bin nur für die Frauen zuständig.«
    »Die sind ein ganz anderes Kaliber, die bleiben hinter Schloss und Riegel. Kategorien gibt es für weibliche Gefangene nicht, aber wenn, dann wären sie Kategorie
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