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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition)
Autoren: Ruth Dugdall
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A. Böse und verdorben, zumindest einige von ihnen. Wie man sich als Frau benimmt, bringt denen keiner mehr bei.«
    Sie folgten einem abschüssigen Pfad, der zu einem separaten Gebäude mit Flachdach führte. Auf dem Schild neben dem Eingang stand »Krankenhausflügel«.
    Callahan schloss die beiden Außentüren auf und führte Cate in einen Flur, von dem zu beiden Seiten die Zellen abgingen. Cate hatte mit grauen Wänden gerechnet, doch sie waren weiß gestrichen. Dennoch handelte es sich eindeutig um ein Gefängnis und nicht um ein Krankenhaus. Hier und da hingen zwar Schilder, die die Besucher ermahnten, sich die Hände zu waschen, und an einer Wand war ein eingerissenes Plakat befestigt, auf dem das menschliche Skelett dargestellt war. Doch die Zimmer waren eindeutig Zellen, sämtlich abgeschlossen und mit eingelassenem Beobachtungsfenster von vielleicht dreißig mal zehn Zentimetern. Nicht einmal für die Kranken gab es so etwas wie Privatsphäre.
    Im Büro der Krankenstation saß eine Frau und las Zeitung. Statt weißer Bluse und schwarzer Krawatte wie das Gefängnispersonal trug sie einen gestärkten Schwesternkittel. Als die Frau ihre Schritte hörte, legte sie die Zeitung beiseite und kam auf sie zu. Eine zarte Person, die unter dem Kittel eine schwarze Hose und Stiefel mit Stahlkappen trug.
    Cate gab der Frau die Hand und stellte sich vor. »Cate Austin, die neue Bewährungshelferin.«
    »Kelley Todd, Leiterin der Krankenstation.«
    »Heute ist mein erster Tag hier.«
    Todd warf ihr einen Blick zu, wie um zu sagen, das habe sie schon bei Cates Eintreten erkannt.
    Callahan drängte sich an ihnen vorbei, griff nach dem Daily Star und blätterte die Seiten der Zeitung durch. »Wie geht’s denn dem armen Luder, das Sie in die Mangel genommen haben?«
    »Susan Thomas? Sie musste genäht werden, aber das wird schon wieder. Bislang hält sie noch die Klappe. Will offenbar nicht sagen, wer sie angegriffen hat.«
    »Vielleicht sollte ich ihrem Gedächtnis mal ein bisschen nachhelfen?«
    »Tu dir keinen Zwang an.«
    Callahan warf die Zeitung in den Papierkorb und führte Cate zu einer abgelegenen Zelle.
    Der Raum war recht groß und enthielt ein Krankenhausbett mit einem Fußhebel, um die Höhe zu verstellen. In dem Bett lag eine junge Frau von vielleicht achtzehn Jahren, die sich in eine graue Wolldecke eingewickelt hatte. Quer über ihre Stirn zog sich eine Wunde, die mit schwarzem Faden vernäht worden war. Ihr Unterkiefer war geschwollen. Am auffälligsten fand Cate jedoch die vor Angst weit aufgerissenen Augen.
    »Nimm Haltung an, Thomas, und sag der neuen Bewährungshelferin schön guten Tag.«
    Thomas’ Blick wurde wachsam. Cate lächelte freundlich und hoffte, die junge Frau würde sich daraufhin entspannen. Am liebsten wäre sie für einen Moment mit der Gefangenen allein gewesen, um sie zu beruhigen.
    »Willst du uns denn nicht sagen, wer dir das angetan hat?«
    »Nein, Sir.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch.
    Callahan legte eine Hand auf den Rand der Wolldecke und stützte sich mit seinem ganzen Gewicht auf das Bett. »Und du willst dich auch nicht dazu überreden lassen?«
    Thomas deutete ein Kopfschütteln an und zwinkerte die Tränen fort.
    »Na schön, wenn das dein letztes Wort ist, soll’s mir recht sein. Falls es dich freut, morgen wirst du verlegt.«
    Die junge Frau rang sich ein winziges Lächeln ab.
    Callahan gluckste und tippte Cate auf den Arm. »Kommen Sie, wir gehen.« Beim Verschließen der Zellentür sagte er: »Die dumme Kuh macht sich vor Angst in die Hosen.«
    »Aber Sie haben ihr doch nur gesagt, dass sie verlegt wird. Wohin denn?«
    »Egal. Hauptsache weg von hier. Wenn einer der Gefangenen derart übel zugerichtet wird, kommt er anschließend in ein anderes Gefängnis. Dann ist er aus dem Weg. So lautet jedenfalls die Vorschrift.«
    Sie verließen die Krankenstation und traten hinaus ins Freie. Über ihnen zogen kreischende Möwen ihre Kreise und hielten nach Nahrungsresten Ausschau. Cate und Callahan überquerten einen ungepflegten Rasen, auf dem leere Zigarettenpackungen und anderer Abfall lagen.
    »Wie Tiere«, sagte Callahan. »Werfen den Müll einfach aus den Zellenfenstern.« Er dirigierte Cate zu einem Bereich nahe dem Gefängniseingang. »Das hier ist die Aufnahme. Dort kann ich Ihnen Wimpy Wayne vorstellen.«
    Sie betraten einen Raum mit einem langen Tisch und Trennwänden, die nach Krankenhaus aussahen. Auf dem Tisch stand eine Reihe leerer Plastikschalen. In
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