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Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Titel: Die Lebenskünstlerin (German Edition)
Autoren: Ute R. Albrecht
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neues Modem einzurichten. Wireless LAN, kein Kabel mehr. Er verspricht, das dazu Notwendige mitzubringen, wenn er morgen Nachmittag zu mir kommt. Erschrocken möchte ich ihn ausbremsen.
    Wenn ich Ben in meine Wohnung lasse, werde ich ihn deutlich in die Schranken weisen müssen. Zumal ich noch nicht bereit bin für eventuelle Körperspielchen inklusive Säfteaustausch. Dazu kenne ich ihn noch zu wenig. Mutig spreche ich meine Befürchtungen aus.
     
    Er lacht herzerfrischend offen und ich bewundere zwei perfekte Zahnreihen in blendendem Weiß. Ultraweiß. Bestimmt gebleicht. Außerordentlich verständnisvoll geht er auf meine Bedenken ein, verspricht ganz artig zu sein und mich nur zu berühren, wenn ich es zuvor genehmige.
    Trotz dass Ben meinen Bedenken so erfrischend unverkrampft und mit gefühlvoller Heiterkeit begegnet, fühle ich mich dennoch ernst genommen. So bin ich mir recht sicher, ihm vertrauen zu können. Er wird mich schon nicht gleich zerstückeln und in die Gefriertruhe stopfen.
    Pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt steht er tatsächlich freudenstrahlend mit allerlei Technikzeugs vor meiner Wohnungstür. Schmunzelnd legt er unzählige Sachen auf meinem großen Schreibtisch ab.
    „Darf ich dich kurz zur Begrüßung umarmen, oder soll ich zuerst dein Internet in Ordnung bringen?“
    Ich umarmte ihn, wehre aber sicherheitshalber gleich wieder ab. Die Luft knistert. Ich spüre ein deutliches Ziehen im Unterleib, mein Körper hungert regelrecht nach Berührungen. Nein. Zuerst das Internet. Und beim zweiten Treffen gehe ich grundsätzlich nicht mit einem Mann ins Bett. Niemals. Nein.
     
    Ben plaudert von seinem Beruf, von seinem Sohn und von seiner Exfrau, die er angeblich kaum sieht, aber inzwischen in Frieden mit ihr ist, während er meinen PC auf Vordermann bringt.
    Verschiedene Programme werden gelöscht, einige aufgespielt, ein neues Virenprogramm installiert. Dann richtet er den Internetzugang neu ein, alles funktioniert einwandfrei.
Ich serviere artig Kaffee und Plätzchen und will ihn anschließend aus lauter Dankbarkeit zum Pizzaessen einladen.
    Lächelnd steht er vor mir, umarmt mich stumm, wiegt mich sanft mit seinen kräftigen, sonnengebräunten Armen hin und her. In mir steigen Tränen hoch, die ich aber entnervt wegdrücke. Ich schweige und genieße diese unerwartete Nähe.
    Irgendwann lässt Ben mich langsam los, hält mich mit seinen Armen etwas auf Abstand und sagt leise: „Es ist mir ein Vergnügen gewesen mit dir und deinem PC den Nachmittag zu verbringen, aber jetzt muss ich gehen, die Arbeit ruft.“
    Mit einem „Bis-bald-meine-Süße“ hüpft er fröhlich die Treppen hinunter.
    Ich bin völlig perplex. Meine Prinzipien wollte ich schützen, ihn abwehren und strikte Grenzen setzen. Statt dessen verschwindet er so einfach.
    Lachend berichte ich Elena am Telefon detailliert die Neuigkeiten. Erfreut stellt sie fest, dass die ewig gleiche Jammerschallplatte namens Konrad ausgespielt hat und endlich ein neuer Wind durch mein Leben fegt.
    Ben ist charmant, ja, bei mir kribbelt es auch deutlich, aber es hat nicht Klick gemacht. Verliebt bin ich, glaube ich, nicht. Vielleicht ist Verlieben nur sexuelle Sehnsucht oder profaner instinkthafter Trieb?
    Wahrscheinlich ist Liebe nur ein krankhaftes Abhängigkeitsgefühl, das uns vorschummelt, es handle sich um etwas Besonderes. Und einen Mann lieben, weil ich ihn brauche, nein danke, das ist die nackte Selbstvernichtung und pure krankhafte Abhängigkeit. Ich will zukünftig frei sein. Nehmen und geben, einen Austausch miteinander, aber ohne Erwartungshaltungen und Bedingungen.
    Einen Mann brauchen, weil ich ihn liebe, das wäre schon toll. Ist aber bestimmt utopisch.
    Ben meldet sich am folgenden Tag nicht, das macht mir allerdings wenig aus. Ich bin so unbeschreiblich glücklich über mein tadellos funktionierendes Internet, dass alles andere in den Hintergrund tritt.
    Bin ich etwa berechnend? Meine Güte. Und wenn, was soll so schlimm daran sein? Ich kann doch auch mal von einem Mann ein Geschenk annehmen, ohne dafür bezahlen zu müssen.

Brotlose Künstlerin sucht ihre Berufung
     
    Laufend beschäftigt mich das Thema Berufung. Mein Job in der Bäckereifiliale ist es jedenfalls nicht. Was könnte denn meine Berufung sein, wofür würde denn mein Herz höher schlagen?
    Ben imponiert mir, wenn er so überschäumend und mit regelrechter Begeisterung von seiner Arbeit schwärmt. Von seinem Traum, mit schönen Autos zu fahren, ohne dafür
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