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Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Titel: Die Lebenskünstlerin (German Edition)
Autoren: Ute R. Albrecht
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und erklärt ausführlich, dass hier nur ordentliche Leute leben.
    Ha, wenn der wüsste, dass ich morgen praktisch obdachlos bin, denke ich mit einem kleinen Anflug von schwarzem Humor, während der geschwätzige Makler die Wohnungstür endlich aufschließt.
    Auf dem ersten Blick sehe ich einen bemerkenswert hässlichen Teppichboden. Aber beim Aufschauen einen umwerfenden Ausblick: Der unten noch dichte Nebel zeigt sich hier oben in prächtigen Pastelltönen mit helleren und dunkleren Schwaden und Schichten. Das ganze Schauspiel wirkt auf meine wunde Seele wie eine phantastische Märchenlandschaft. Der überdachte gemütliche Balkon gibt mir die nötige Courage zur spontanen Zusage.
    „Aber Frau Maler, sie haben doch noch gar nicht die ganze Wohnung gesehen“, verwundert sieht Herr Senker mich zum ersten Mal richtig an. So blass und verheult wie ich aussehe, scheine ich sein Mitgefühl zu erregen. Völlig widerstandslos ermäßigt er den Kaufpreis und stellt sogleich Kontakt zu preisgünstigen Handwerkern her.
     
    Nächste Woche werden beim Notar die Wohnungsschlüssel ausgehändigt. Vorher ist dies leider nicht möglich. Zu dem Appartement gehört eine geräumige Garage, diese kann ich schon am nächsten Morgen in Anspruch nehmen und den Schlüssel im Maklerbüro abholen.
    Es berührt mich unangenehm, im Fahrstuhl der hellen Beleuchtung ausgesetzt zu sein. Mein Geheule ist mir wohl noch deutlich anzusehen. Garantiert sehe ich schrecklich aus. Und das alles nur wegen dieser Niete von Mann.
    Jetzt stehe ich abermals vor dem Parkplatz, auf dem mein Auto abgestellt ist. Inzwischen ist der Nebel noch dichter geworden. Es ist ja schließlich mitten im Winter. Trotz des Nachmittags ist es nahezu dunkel.
    Morgen kann ich die meisten Umzugskisten in dieser Garage deponieren, beruhige ich mich und versuche einen klaren Gedanken zu fassen.
    Einige Minuten verstreichen, bevor ich mich durchgefroren in meinen Wagen setze. Wenn es nicht so wahnsinnig kalt wäre, würde ich jetzt gerne noch eine Zeitlang in Selbstmitleid baden. So atme ich tapfer tief durch und starte den Motor.
     
    Die Fahrt führt zu meinen zwei erwachsenen Söhnen. In Tims kleinem Appartement wohnen beide vorübergehend, da Jan in wenigen Wochen mit seiner Freundin zusammenziehen möchte. Das Wohnungsthema scheint familiär bedingt zu sein.
    Meinen Kindern gegenüber habe ich diverse Schuldgefühle. Die Beziehung zu ihrem alkoholkranken Vater ging in die Brüche. Durch dieses Schicksal entstand zwischen uns eine innige Verbundenheit, die viele Wunden heilte. Eine Einheit, die längst ihren Zweck erfüllt hatte. Bis dieser Mann aufgetaucht ist, mit dem ich unbedingt eine Beziehung wollte. Vielleicht nur um der Beziehung willen? Wer weiß.
    Mit der zunehmenden Eigenständigkeit meiner Söhne fühle ich mich äußerst verloren. Ich sehnte mich nach Zugehörigkeit und Geborgenheit, die ich von diesem Mann erhoffte. Meine Kinder sind verärgert über diese Beziehung, sie finden Konrad Deber abscheulich. Die bessere Menschenkenntnis besitzen zweifelsfrei sie. Trotzdem, ich habe beträchtliche Angst, alleine durchs Leben zu müssen. Was ich ja wohl künftig muss.
     
    Langsam lenke ich den Wagen in die schmale Einfahrt und parke dicht an der Hauswand vor der gepflegten Hecke. Zögerlich drücke ich auf den Klingelknopf neben den vielen Briefkästen. Prompt ertönt die fröhliche Stimme von Jan aus der Gegensprechanlage. Mir ist mulmig, als ich die Stufen zum Appartement aufsteige. Vorwürfe und Kritik aufgrund meiner Beziehung zu Konrad kann ich nun wirklich nicht gebrauchen.
    „Hast du endlich Schluss mit dem gemacht“, begrüßt mich mein jüngster Sohn mit erwartungsvollem Gesicht.
Habe ich denn Schluss gemacht? Wenn ich ehrlich bin, spüre ich immer noch eine irre Hoffnung auf ein glückliches Ende. Doch darüber will ich nicht mit den Beiden diskutieren.
    „Ich habe gerade eine Wohnung gekauft“, weiche ich aus, „in Rodenbach. Zwei Zimmer. Ohne Konrad. Der Vorvertrag ist schon unterschrieben.“
Die Jungs blicken mich überrascht an. Tim fasst sich zuerst: „Wirklich? Ja, dann lass uns sofort dorthin fahren.“
     
    Sie greifen nach ihren Jacken und kaum später sitzen wir alle drei aufgeregt im Auto.
    „Ihr könnt mich dann öfters besuchen, auch übernachten. Die Tür steht immer offen für euch. Nach all dem“, flüstere ich etwas kleinlaut.
    Ich erinnere mich schaudernd an die wütenden Auseinandersetzungen und Diskussionen zwischen Konrad und
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