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Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Titel: Die Lebenskünstlerin (German Edition)
Autoren: Ute R. Albrecht
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Tagesfreizeit
     
    Wieder einmal beschließe ich felsenfest, ein neues Leben zu beginnen und das Thema Konrad Deber unwiderruflich zu beenden. Inzwischen nervt es mich selbst, schier endlos über mein dramatisches Leid zu jammern. Natürlich möchte ich darüber hinaus meine Freundinnen nicht mehr länger mit meinen Klagen terrorisieren.
    Der Unhold wird jetzt im übertragenen Sinne beerdigt. Eine kleine Holzkiste dient mir als symbolisches Beziehungsgrab. Ich überziehe ihre Innenseite behutsam und sorgfältig mit Alufolie und verklebe gewissenhaft die Ränder. Auf das Ganze verteile ich frische dunkle Blumenerde, die ich mir extra dafür besorgt habe.
    Aus flachen, länglichen Hölzern nagle ich ein Kreuz und befestige es am Kopfende des kleinen Beziehungsgrabes. Es thront regelrecht über diesem tragischen Arrangement mit der Aufschrift: Ruhe in Frieden. Sehr pathetisch.
    Hingebungsvoll umrahme ich mit schwarzem, breiten Edding als Trauerrand ein halbwegs ansehnliches Foto von Konrad. Dann wird es laminiert, damit es der Witterung auf meinem Balkon standhält und schlussendlich an der Vorderseite des Grabes angebracht.
    In die feuchte, dunkle Erde stecke ich die kleinen Geschenke, die ich als sentimentale Erinnerung an Konrad verwahre. Ein Herz aus Rosenquarz, eine Kette aus zarten Perlen und so einiges mehr. Darüber streue ich ein ganzes Päckchen Grassamen, den ich akkurat mit bloßen Händen andrücke.
    Zufrieden platziere ich sein symbolisches Grab entsprechend auf dem Balkon, damit ich es vom Wohnzimmersessel aus bequem sehen kann.
     
    Meine Gäste amüsieren sich über das makabere Dekorationsstück. Besonders durch die stimmungsvolle Beleuchtung wirkt es wie ein mystischer Altar. Inzwischen ist sogar ein wenig Gras zu sehen, die grünen Spitzen drücken sich kraftvoll durch die Oberfläche.
    Das Beziehungsgrab erfüllt seinen Zweck und gibt mir Kraft, der Versuchung zu widerstehen, vielleicht doch mal auf Konrads vielfältige Kontaktversuche zu reagieren. Rasch wird mir dann wieder das ganze Schmerzhafte in dieser destruktiven Beziehung bewusst. Dadurch schaffe ich es, von ihm Abstand zu halten. Wenn auch mit riesigen Anstrengungen, aber ich halte durch.
     
    Ricarda, eine nette Bekannte, besucht mich überraschend und zaubert aus ihrem abgehalfterten Rucksack zwei große Flaschen Alkohol in giftgrüner Farbe. Theatralisch begießen wir mit diesem auf meinem Balkon unsere gescheiterten Beziehungen. Denn auch mit Brian und Ricarda ist Schluss.
    Was das genau für ein Gebräu ist, weiß ich nicht, aber es schmeckt süßlich. Da ich selten Alkoholisches trinke, kann ich die Wirkung nicht richtig abschätzen.
    Ich proste salbungsvoll dem Grab und dem Himmel über meinem Balkon zu und heule in die Nacht hinein: „Schade um den regelmäßigen Sex.“
    Ricarda steigt sofort ein und ruft so was wie: „Schade um die vierundzwanzig Zentimeter. Der hatte so einen geilen Schwanz, so was kriege ich nie wieder.“
    So steigern wir uns eine Weile, bis sich von irgendwoher eine ärgerliche Stimme erhebt und uns nachdrücklich mahnt, damit aufzuhören. Wir kichern dämlich und dann bin ich wohl eingeschlafen.
    Am nächsten Morgen erinnere ich mich noch vage daran, dass wir zuerst über die bösen Typen schimpften, um sie dann im Laufe des Abends zu glorifizieren.
    Ricarda ist weg. Die Flaschen sind leer, die Aschenbecher übervoll und Chips und Schokolade überall verstreut.
    Es folgen noch ein paar Beziehungsabschiedsfeiern mit Ricarda, bis diese wieder einen Schwarzen trifft, mit immerhin beachtlichen dreiundzwanzigeinhalb Zentimetern. Ob sie dies mit einem Lineal im Bett nachmisst oder nur abschätzt, ist mir schleierhaft.
     
    Mit einem lauten Schrei wache ich zitternd auf. Detailgenau kann ich mich an das Geträumte erinnern:
    Krank und schwach liege ich im Bett, mein Vater sitzt an meinem rechten Bettrand und guckt vor sich hin.
    Ich öffne die Augen und mir ist klar: Er hat mich niemals geliebt. Er hat mich benutzt und missbraucht.
    Geh weg aus meinem Leben , schreie ich und schlafe wieder ein.
    Abermals öffne ich die Augen und Konrad sitzt an meinem linken Bettrand und guckt genauso vor sich hin.
    Auch ihn schreie ich an: Du hast mich nie geliebt. Du hast mich benutzt und mir unendlich weh getan. Geh weg aus meinem Leben.
    Ich schlafe wieder ein.
    Irgendwann erwache ich und bekomme panische Angst. Niemand ist mehr da. Ich bin ganz alleine.
    Was für ein vielsagender Traum. Die Liebe, die ich von Konrad
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