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Die lebenden Puppen des Gerald Pole

Die lebenden Puppen des Gerald Pole

Titel: Die lebenden Puppen des Gerald Pole
Autoren: Jason Dark (Helmut Rellergert)
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Puppen!
    Nur das zählte im Moment. Und als er wieder hinschaute, da sah er, dass die Puppen allesamt eine Veränderung durchgemacht hatten. Es waren keine hektischen Bewegungen, die sie vollführten. Sie sahen normal aus und blieben es auch fast.
    Ich muss mich daran gewöhnen!, dachte Gerald Pole. Ich muss mich daran gewöhnen, dass unter Umständen andere Zeiten auf mich zukommen. Es hat sich etwas verändert. Ich habe das andere nicht festhalten können, und nun stehe ich da und habe das Gefühl, verlassen zu sein.
    Er war der Mann, der mit den Puppen gespielt hatte, nun kam es ihm vor, als würden sie mit ihm spielen.
    Er schaute hin.
    Wohin er auch blickte, er sah die Puppen, und er sah vor allen Dingen die Augen der Puppen, die bei keiner geschlossen waren. Ihre Blicke waren auf ihn gerichtet. Sie hatten ihn gesucht, ihn auch gefunden, und sie ließen ihn nicht mehr los.
    Das konnte Pole nicht gefallen. Er hatte sie als seine Kinder, als seine Freunde eingestuft, nun schien das nicht mehr zu stimmen. Sie waren nicht seine Freunde, denn von jeder Puppe ging etwas Bösartiges aus, das ihm nicht gefallen konnte.
    Er konzentrierte sich erneut. Dabei drehte er sich auch halb herum, sodass sein Blick auf den Schreibtisch fiel.
    Dort hatten auch zwei Puppen gelegen. Zwei Vampirpuppen, wenn er sich recht erinnerte. Auch jetzt waren sie noch da – aber sie hatten sich verändert und ihre Starre verloren.
    In ihnen war ebenfalls Leben.
    Als der Puppenspieler dies sah, da saugte er tief die Luft ein. In seinen Augen lag plötzlich ein Funkeln. Seine Hände bildeten Fäuste und Pole hatte seine Ruhe verloren.
    Er blieb zwar auf der Stelle stehen, aber er drehte sich um seine Achse, denn er wollte alles sehen. Er fühlte sich als Mittelpunkt, aber er fühlte sich nicht als einer, der diese Szene beherrschte.
    Er war da, okay. Aber die anderen hatten hier die Kontrolle übernommen. Er hörte die geheimnisvoll klingenden Geräusche, wenn sich die Figuren bewegten. Da war mal ein Knarren zu hören, dann wieder ein leises Schaben oder Rascheln, wenn Stoffe aneinander rieben. Es war verrückt.
    Es war eine völlig neue Lage, die den Puppenspieler überforderte. Er wusste nicht, was er unternehmen sollte. Vielleicht wäre eine Flucht besser gewesen, doch das traute er sich nicht. Pole befürchtete, etwas falsch zu machen.
    Es war zwar nicht still im Zimmer, aber auch nicht laut. Die Puppen hatten jetzt das Kommando übernommen, sie waren zu sehen und auch zu hören, wenn sie es auf ihren Plätzen nicht mehr aushielten und von den Regalbrettern sprangen.
    Ob ein Kasper, ein Dämon oder ein Teufel. Selbst die weiblichen Puppen machten mit. Sie wollten nicht dort bleiben, wo er sie hingelegt hatte.
    Sie ließen sich fallen und landeten auf dem Boden. Und wenn Pole den Kopf senkte, um sie anzuschauen, dann sah er, dass sie ihre Köpfe in den Nacken gelegt hatten, weil sie ihn – den Größeren – anschauen wollten.
    Er war das Ziel, er war der Mittelpunkt. So sehr er seine Puppen auch mochte, als ihren Mittelpunkt sah er sich nicht unbedingt an. Sie waren ihm suspekt, wenn nicht schon unheimlich geworden. Er konnte sich jetzt vorstellen, dass für ihn und die Puppen eine andere Zeit begann, die er den unheimlichen Besuchern zu verdanken hatte.
    Das hier war nicht von dieser Welt. Hier lauerte ein anderer im Hintergrund, der auch Regie führte.
    Hinter sich hörte er ein Geräusch. Es war harmlos, doch in diesem Fall erschreckte ihn alles, und so fuhr er auf dem Absatz herum und sah, was passiert war.
    Die beiden Vampirpuppen hatten ihren Platz verlassen, nachdem sie ebenfalls mit Leben erfüllt worden waren. Es war ihnen nicht anderes übrig geblieben, als zu Boden zu springen, und dort lauerten sie jetzt. Sie starrten zu ihm hoch, und Gerald Pole schaute in die flachen Gesichter mit den beiden Blutzähnen, die aus dem geschlossenen Maul ragten.
    Was hatten sie vor?
    Die Erklärung war einfach. Sie hatten sich ihn als Ziel ausgesucht und kamen auf ihn zu. Sie gingen nebeneinander her und glichen dabei Figuren, die auch aus dem Wunderland der Alice hätten stammen können.
    Der Puppenspieler war so überrascht, dass er nichts tun konnte. Er stand einfach nur da, schaute zu, fing an zu lachen – es war mehr ein verlegenes Kichern –, und dann verstummte auch dieses Geräusch, denn die beiden Vampirpuppen hatten ihren Meister erreicht.
    Dicht vor seinen Füßen blieben sie stehen.
    Sie schauten zu ihm hoch.
    Er sah auf sie
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