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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze
Autoren: Jocelyn Kelley
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gemach«, befahl er. »Öffnet die Augen ganz langsam, damit Ihr nicht wieder in Ohnmacht fallt.«
    »Ich war nicht ohnmächtig«, gab die Frau zurück, doch zitterte ihre Stimme so heftig wie sie selbst.
    »Dann habt Ihr die vortreffliche Nachahmung einer Ohnmacht geliefert.«
    Ihre Augen öffneten sich, und sie sah ihn so finster an, dass er sich fragte, ob seine Worte der Wahrheit nähergekommen waren, als ihr lieb war. Warum täuschte eine aus Lebensgefahr Gerettete in den Armen ihres Retters einen Zusammenbruch vor?
    »Ihr Narr!«, stieß sie hervor.
    Dies war das Letzte, was er zu hören erwartete. Hatte er sie missverstanden? Stirnrunzelnd fragte er: »Was habt Ihr gesagt?«
    Sie stieß sich von seiner Brust ab und setzte sich aufrechter hin. Auch so befanden sich ihre Augen eine Handbreit unter seinen. Das war gut so, denn sie blitzten ihn gefährlich an.
    »Lasst mich los!«, forderte sie. »Ihr habt alles ruiniert. Ihr ahnt nicht, wie lange ich auf diese Gelegenheit warten musste. Fast hatte ich es geschafft, da musstet Ihr daherkommen. Nun, ist es für Euch eine Genugtuung, dass alles zunichte ist?« Wieder bewegte sie sich. »Lasst mich los!«
    »Erst, nachdem Ihr gesagt habt, wer …« Sein Atem entfuhr ihm mit einem Fluch, als sie ihm ihre Faust in den Leib rammte.
    Sie entkam seinem Griff und glitt vom Pferd hinunter. Die Hände in die Hüften gestemmt, wandte sie ihm den Rücken zu und blickte zu einem Punkt hoch oben an der Mauer empor. Er war für sie abgetan.
    Er war versucht, ihr zu sagen, dass Tarran ap Llyr einer war, den man auf eigene Gefahr ignorierte, doch wollte er keinen Streit mit dem Rotschopf. Rot! Noch ein Grund, die Farbe zu verwünschen. Er war versucht fortzureiten, doch hatte er ihr das Leben gerettet und musste dieses Leben nun beschützen. Und er wusste auch wie. Er würde den Mann finden, der sie so gemein behandelt hatte, und diesen Schuft lehren, was es hieß, an Fingerspitzen über spitzen Steinen zu hängen. Und nur sie konnte ihm den Namen des Mannes nennen.
    Er sprang vom Pferd und packte ihren Arm. »Ein Wort des Dankes wäre angebracht!«
    »Euch danken? Aber gewiss, danke.« Sie knickste kurz. »Auf mir ruht ein Segen, edler Ritter, dass Ihr just in diesem Moment des Weges gekommen seid.« Ihr sarkastisches Lächeln wurde zu einem Stirnrunzeln. »Freilich ein unglücklicher Segen. Würdet Ihr jetzt gehen und mich alleinlassen?«
    »Wer seid Ihr?«
    Sie verdrehte die Augen, als sie versuchte, sich das Haar aus dem Gesicht zu streichen, das ihr üppig über Schultern und Brüste fiel. Als sie nach dem obersten der drei auf dem Boden liegenden Stöcke griff, sagte sie: »Für Eure Fragen habe ich keine Zeit. Fort mit Euch.«
    Tarran drehte sie zu sich um. Der Stock, nach dem sie gegriffen hatte, entfiel ihr, und das kleine Querstück unter der Spitze traf ihn über dem Stiefel am Schienbein. Der Schmerz war so scharf, dass er schluckte.
    »Seid Ihr völlig verrückt geworden?« Er zog sie näher an sich. »Sagt endlich, warum Ihr an der Mauer gehangen habt.«
    »Loslassen!« Sie zog einen Fuß zurück, und er legte den Arm um ihre Mitte und drückte sie an seine Brust. Ihr Fuß holte aus, verfehlte aber sein Bein.
    Über ihren Kopf hinweg befahl er: »Kei, reite zum Tor und übermittle dem Burgherrn unsere Grüße mit der Bitte, zum frühest möglichen Zeitpunkt empfangen zu werden.«
    Der Mann, so hager wie Seth rund, nickte und wollte sich zum Tor begeben.
    »Lasst Euch durch mich nicht aufhalten, selbst ans Tor zu gehen«, sagte die Frau. »Sicher werdet Ihr in Lord de la Rochelle einen glänzenden Gastgeber finden. Er genießt bei Engländern und Walisern gleichermaßen Achtung. Ihr werdet daher in seinem Haus willkommen geheißen. Solltet Ihr …«
    Tarran hatte genug von ihrem Geplapper. »Wie heißt Ihr?«
    »Lasst Ihr mich los, wenn ich Euch meinen Namen nenne?«
    »Nennt ihn, dann sehen wir weiter.« Wieder fragte er sich, wer der Mann sein mochte, der sie aus der Burg geworfen hatte. Fast empfand er Mitgefühl mit ihm. Die Frau war ein Ärgernis … und verlockend. Während sie sich in seinen Armen drehte und wand, kostete er die Weichheit ihrer Kurven aus.
    Verdammt. Sie war irre, und ihre Verrücktheit hatte ihn angesteckt. Gefühle, die einen Mann verwundbar machten, konnte er jetzt nicht gebrauchen.
    »Wie heißt Ihr?«, fragte er abermals.
    Schon glaubte er, sie würde ihm eine scharfe Bemerkung an den Kopf werfen, doch nachdem sie einen Blick über die
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